Rentenversicherung von Syndikusanwälten

Kein Moratorium für Arbeitgeber bei der Ummeldung

von Martin W. HuffLesedauer: 5 Minuten
Die "Vertrauensschutzregelung", mit der die DRV die BSG-Urteile umsetzen will, ließ für Syndikusanwälte viele Fragen offen. Noch mehr wurden es, als das BMJV seine Eckpunkte vorlegte. Aus Sicht der Rentenversicherung ändern die aber nichts: Bei der Ummeldefrist soll es bleiben, Alt-Bescheide sollen nicht mehr gelten. Nur Fortgeltungsanträge hält die Behörde für möglich, berichtet Martin W. Huff.

Kurz vor Weihnachten, am 12. Dezember 2014, hatte die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) eine Regelung veröffentlicht, mit welcher sie über ihren Umgang mit den Urteilen des Bundessozialgerichts (BSG) informiert. Das BSG hatte im April 2014 entschieden, dass Unternehmensjuristen bei nicht-anwaltlichen Arbeitgebern nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit werden können. Diese Veröffentlichung enthielt eine vor allem für Arbeitgeber sehr positive Regelung. Beiträge, welche Syndikusanwälte, die keinen aktuellen Befreiungsbescheid für ihren Arbeitgeber haben, in der Vergangenheit in die Versorgungswerke eingezahlten haben, will die Rentenversicherung weder von ihnen noch vom Arbeitgeber zurückfordern, wenn der Arbeitgeber die Mitarbeiter für die Zukunft ab 1. Januar 2015 zur DRV anmeldet. Die Ummeldung muss nach der Veröffentlichung bis zum 12. Februar 2015 erfolgen. Diese Frist ist für Arbeitgeber, die erst noch Prüfungen bei ihren Syndikusanwälten vornehmen müssen, schwer einzuhalten. Auf dem Unternehmenjuristenkongress des Bundesverbands der Unternehmensjuristen (BUJ) in der vergangenen Woche in Berlin ließ der Leiter der Grundsatzabteilung, Christoph Skipka, sich zwar entlocken, dass man Ummeldungen, die im Februar erfolgen, wohl noch akzeptieren werde. Auch Mitarbeiter der DRV vor Ort haben einzelnen Arbeitgebern bereits zugebilligt, die Meldungen bis Ende Februar nachzuholen. In einer schriftlichen Antwort auf Nachfragen ist die Behörde jedoch nicht so großzügig, sondern beharrt auf der Frist bis zum 15. des Monats. Aus Sicherheitsgründen sollten die Arbeitgeber daher versuchen, die von der DRV gesetzte Frist einzuhalten. Notfalls müsse, so ist aus Unternehmen zu hören, die Ummeldung "händisch" außerhalb der Gehaltsabrechnungen vorgenommen werden, was jedoch mit zusätzlichem Aufwand verbunden ist.

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Kein Moratorium: Verfassungsbeschwerden und Eckpunkte reichen der DRV nicht

Deutlich abgelehnt hat Skipka es, die Umsetzung der Verfügung bis auf weiteres zu stoppen. Weder das von Heiko Maas zwischenzeitlich vorgelegte Eckpunktepapier zur Neuregelung des Rechts der Syndici noch die mittlerweile zur Stellungnahme an diverse Verbände, Behörden und Gerichte zugestellten Verfassungsbeschwerden gegen die Urteile des BSG böten Anlass, die Umsetzung der Verfügung vom 12. Dezember zu stoppen. Es seien Verfassungsbeschwerden bekannt, die auch nach der Zustellung nicht zur Entscheidung angenommen worden seien. Und das Eckpunktepapier sei auch noch kein Zeichen für eine kommende Entscheidung des Gesetzgebers. Erst, so konnte man Skipka in Berlin verstehen, wenn es einen Kabinettsbeschluss gäbe, könnte man dies anders sehen Vorher sei ein konkreter Wille des Gesetzgebers nicht erkennbar - auch wenn der das offenbar anders sieht und nach Angaben des stellvertretenden Vorsitzendes des Rechtsausschusses, Dr. Jan-Marco Luczak, die Neuregelung bis zum Sommer verabschieden will. Die DRV verweist bei ihrer Weigerung auch auf die Haltung der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK), die einer berufsrechtlichen Änderung, wie sie das auch Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) in den Eckpunkten vorgeschlagen hat, bisher sehr kritisch gegenüber steht.

Auch Verwaltungs- und Gerichtsverfahren gehen weiter

Auch wenn die DRV, so war in Berlin zu hören, von Anträgen von Syndikusanwälten überflutet wird, sieht die Behörde also keinen Anlass, laufende Verfahren ruhen zu lassen. "Raum für eine analoge Anwendung des § 114 Abs. 2 S. 2 SGG sehen wir insoweit nicht", heißt es dazu in einem Schreiben der Behörde. Die Vorschrift aus dem Sozialgerichtsgesetz ermöglicht es einem Gericht, die Verhandlung auszusetzen, wenn ein anderes Gericht über denselben Streitgegenstand entscheidet. Damit will die DRV wohl weiterhin Urteile provozieren und auch Verwaltungsentscheidungen erlassen. Deren Anfechtung verursacht owohl für die Betroffenen als auch für die Behörde Arbeit und Kosten. Diese starre Haltung der Rentenversicherung stieß nicht nur auf dem Kongress in Berlin bei  Arbeitgebern und Syndikusanwälten auf Unverständnis.

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2/2: Fortgeltungsanträge können gestellt werden

Bisher offen war die Frage, wie Syndikusanwälte reagieren sollen, wenn ihre Arbeitgeber sie rückwirkend zum 1. Januar 2015 bei der DRV anmelden. Skipka stellte in Berlin klar, dass die Behörde Feststellungsanträge auf Fortgeltung der den Unternehmensjuristen in der Vergangenheit erteilten Befreiungen (sogenannte Fortgeltungsanträge) als zulässig ansehe und über diese auch entschieden werde. Bei diesen Anträgen können Syndikusanwälte sich insbesondere auf einen Vertrauensschutz im konkreten Fall berufen. So etwa, weil sie, wie bis zum Jahr 2005 häufig geschehen, bei einem Arbeitgeberwechsel die  - häufig telefonische - Auskunft der Behörde erhalten hätten, es sei nichts zu veranlassen. Der 12. Senat des BSG hatte in einem seiner Urteile vom 31. Oktober 2012 (B 12 R 3/11 R) entschieden, dass Betroffene in solchen Fällen auf die Auskunft vertrauen durften, wenn diese nachweisbar sei. Zwar sei dafür allein eine eidesstattliche Versicherung des Betroffenen nicht ausreichend, so Skipka. Anders aber könne es aussehen, wenn etwa Zeugen solche Auskünfte bestätigten.

Auch Alt-Bescheide vor 1996: bei Arbeitgeberwechsel keine Befreiung

In mindestens einem Schreiben stellte die Behörde jetzt aber auch klar, wie sie die personenbezogenen Befreiungen beurteilt, welche die DRV vor dem 1. Januar aussprach. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Bezug zur konkreten Tätigkeit des Syndici in die Vorschrift des § 6 Sozialgesetzbuch VI aufgenommen. Der 5. Senat des BSG hatte in seinen Urteilen vom 3. April 2014 ausdrücklich offen gelassen, ob auch diese Syndikusanwälte grundsätzlich nicht befreiungsfähig seien. Nach Ansicht der DRV haben die alten Bescheide aber aufgrund der BSG-Entscheidungen vom 31. Oktober 2012 ihre Wirkung verloren, wenn der Arbeitgeber gewechselt worden sei. Ob diese Auffassung in der Pauschalität haltbar ist, werden wohl, wenn nicht rasch die Neuregelung der BRAO kommt, die Sozialgerichte entscheiden müssen. Die Behörde werde, so Abteilungsleiter Skipka, in den nächsten Wochen einen umfangreichen Frage-Antwort-Katalog im Internet veröffentlichen. Das nach der Veröffentlichung vom 12. Dezember 2014 eingerichtete Servicetelefon hat sich – so die Meinung vieler Anrufer – nicht bewährt. Die Mitarbeiter seien mit den oft schwierigen Fragen überfordert.

Notfalls auch ohne die BRAK? Kammerpräsidenten beraten

Am 27. Februar 2015 kommen die Präsidenten der 28 Rechtsanwaltskammern zusammen, um ihre Haltung zu dem Eckpunktepapier zu diskutieren und einen entsprechenden Beschluss zu fassen. Die Auffassung der Kammern ist hier weiterhin unterschiedlich. So haben etwa die Vorstände großer Kammern wie München (ca. 22.000 Mitglieder) und Köln (ca. 13.000 Mitglieder) sich eindeutig dafür ausgesprochen, anhand des Vorschlags aus dem Justizministerium weiter zu diskutieren. Sie befürworten eine berufsrechtliche Änderung. Einige insbesondere kleinere Kammern wollen hingegen überhaupt keine Änderungen bei den Syndikusanwälten. Von Politkern aller Parteien aus Berlin ist aber zu hören, dass man auch ohne die Rechtsanwaltskammern an der berufsrechtlichen Änderung festhalten werde. Eines wurde bei allen Diskussionen in Berlin klar: Ein Ende der Auseinandersetzungen rund um die Syndikusanwälte wird es nur geben, wenn es rasch zu einer Gesetzesänderung kommt – einschließlich einer vernünftigen Übergangsregelung, die auch laufende Verwaltungs- und Gerichtsverfahren erfasst. Der Autor Martin W. Huff ist Rechtsanwalt in der Kanzlei LegerlotzLaschet Rechtsanwälte in Köln und Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln. Er befasst sich seit Jahren intensiv mit den Befreiungsfragen und ist u.a. Verfahrensbevollmächtigter in einem der Verfassungsbeschwerdeverfahren gegen die Urteile des BSG aus April 2014.

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