Sprechen aus dem Stegreif

Spontan den roten Faden finden

Viola C. DidierLesedauer: 3 Minuten
Ein Meeting wurde vorverlegt, der eigentliche Redner ist krank oder es wird eine Krisensitzung überraschend einberufen: Spontane Stegreifreden können jeden treffen. Doch wie hält man auf die Schnelle einen überzeugenden Vortrag? Keine Panik. Frei zu sprechen verlangt kein besonderes Talent, sondern nur ein wenig Übung und die Kenntnis einiger rhetorischer Kniffe.

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Wurden kurzfristig Sitzungen einberufen, auf denen man seinen Standpunkt vorstellen und vertreten muss, ist es jetzt eher kontraproduktiv, sich noch in letzter Minute auf Akten zu stürzen und mit Recherchen anzufangen. Das Grundgerüst eines überzeugenden Vortrags ist zwar stets eine gründliche Vorbereitung, doch unter großem Zeitdruck muss man sich auf wesentliche Punkte konzentrieren.

In den letzten Minuten kann man sich deshalb am besten mit drei zentralen Fragen eine Struktur für den geplanten Vortrag verschaffen: Welche Meinung vertrete ich? Welche Argumente sprechen dafür? Wie wird das Gesagte umgesetzt? Visualisieren Sie vor Ihrem inneren Auge das Gerüst der bevorstehenden Rede in Form einer Pyramide. An der Spitze stehen das Problem und Ihr Standpunkt, dann folgen die wesentlichen Argumente, das Fundament bildet schließlich ein Fazit.

"Bei großer Aufregung im Vorfeld oder gar Angst empfiehlt es sich außerdem, diese durch eine Selbstsuggestion wie beispielsweise den Satz "Ich kann das" in Mut umzuwandeln", rät Professor Gerhard Lange, der Angewandte Rhetorik an der Universität zu Köln lehrt und Mitherausgeber der Zeitschrift "Bonner Rede und Kommunikation" ist.

Der Gegenseite zuvor kommen

Wenn man vor einem Vortrag schon weiß, dass es mindestens einen in der Runde gibt, der anderer Meinung sein wird, gilt es, ihm von Anfang an den Wind aus den Segeln zu nehmen. Hier findet ein einfacher rhetorischer Trick Anwendung. Nachdem man seine Meinung  vorgetragen und ein Argument dafür geliefert hat, bringt man selbst gleich darauf ein Gegenargument vor. Nach einer kurzen Zusammenfassung des Für und Wider gelangt man zum Ergebnis. Der "Gegner" hat nun einen schweren Standpunkt, denn er muss sich nach der erfolgten Argumentation etwas ganz Neues einfallen lassen.

Die Fähigkeit, gleichzeitig zu denken und zu sprechen, hilft bei spontanen Vorträgen enorm. Gerade wenn die Zeit zur umfangreichen Vorbereitung fehlt, können passende Argumente noch während des bereits laufenden Vortrags entwickelt werden. Beispielsweise geht es um einen Fall, der aus vielen einzelnen juristischen Problemen zusammengesetzt ist. Wie sollte man nun zum gesamten Fall Stellung beziehen, wenn man noch über die Einzelheiten grübelt?

Gleichzeitiges Denken und Sprechen lässt sich zum Glück gut trainieren. Betrachten Sie jeden Tag ein beliebiges Bild, zum Beispiel aus der Zeitung, und reden Sie dazu eine Minute lang frei. Es kommt dabei nicht so sehr auf Inhalt und Struktur Ihrer Worte an. Denn das Gehirn wird ähnlich wie beim Vorlesen trainiert, trotz gleichzeitigen Sprechens Gedanken weiterzuentwickeln. Wichtig ist nur, dass Sie Ihren Redefluss nicht zum Denken unterbrechen. Sprechdenken können Sie notfalls auch mental überall üben.

Rhetorische Notfalltricks

Im worst case bekommt der Redner mitten in der Rede keinen Ton mehr heraus. Ein Blackout. Oft hilft es aber schon, den letzten Gedanken noch einmal zu wiederholen oder die bisherigen Argumente kurz zusammenzufassen. Haben Sie den roten Faden noch immer nicht gefunden, können Sie die Zuhörer einbinden und sie fragen, ob jemand eine Frage zum Gesagten stellen möchte. Um die Konzentration wiederzufinden, hilft es außerdem, nur eine einzige – am besten bekannte – Person im Zuhörerkreis zu fixieren und dann auch nur diese anzusprechen. Die anderen werden schlicht ausgeblendet und man wird automatisch ruhiger.

Ansonsten gilt: "Simple Schlagfertigkeit durch Ehrlichkeit wie "Jetzt habe ich den Faden verloren" ist sehr sympathisch und schafft Verbundenheit. Lächeln Sie und fragen Sie einfach das Publikum, wie es weitergeht", rät Lange.

Die Autorin Viola C. Didier ist Journalistin, PR-Manager und Juristin.

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Thema:

Rhetorik

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