Erfolgreicher Umgang mit Kritik im Anwaltsbusiness

Nur zuhören, nicht inter­p­re­tieren

Gastbeitrag von Anja SchäferLesedauer: 4 Minuten

Ganz gleich wie gut Sie als Anwalt sind: Es gibt immer Personen, die an Ihnen etwas auszusetzen haben. Der erfolgreiche Umgang mit Kritik im Anwaltsumfeld will gelernt sein. Anja Schäfer zeigt, wie das geht.

Wie gut vertragen Sie Kritik? Mitunter kommt es vor, dass auch Anwälte eine kritische Äußerung ihres Gegenübers – häufig Vorgesetzte, aber auch Mandanten, Kollegen oder Geschäftspartner – nicht richtig einordnen können und darin einen persönlichen Angriff vermuten. Dies führt dazu, dass sie im Einzelfall unsachlich oder gar bewusst angriffslustig reagieren oder glauben, sich – auch vorauseilend – rechtfertigen zu müssen. Eine solche Reaktion führt nicht nur dazu, dass das jeweilige Gespräch einen ungewollten Verlauf nimmt, und das Arbeitsklima belastet ist. Zudem ist sie regelmäßig für die betreffende Person alles andere als (Karriere-)förderlich.

Kritikfähigkeit ist für Sie als Anwalt absolut notwendig, wenn Sie Probleme im Arbeitsalltag konstruktiv lösen sowie außerdem in Ihrem Beruf vorankommen wollen. Darüber hinaus wirkt sich ein angemessener Umgang mit Kritik natürlich auch positiv auf die eigene Arbeitszufriedenheit und die Gesundheit aus, ein Grund mehr, das Thema "Kritikschwäche" für sich anzugehen.

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Unterscheiden Sie: Ist es ein Vorwurf oder eine Aussage?

Hören Sie nur das, was gesagt wurde, und interpretieren Sie die Aussage Ihres Kritikers nicht. Grundsätzlich gilt: Ein Vorwurf ist nur ein Vorwurf, wenn er explizit als solcher formuliert wurde. "Hinten herum", angedeutet oder indirekt zählt nicht als Vorwurf. Im Zweifelsfall sorgen Sie für Klarheit und fragen Sie nach.

Hinterfragen Sie pauschale Kritik

Es gibt viele Methoden, dem Gegenüber "dumm" zu kommen. Eine der wirksamsten ist Pauschalkritik, da die kritisierte Person damit in der Regel nichts anfangen kann. Dennoch müssen Sie als Anwalt bzw. Anwältin mit unkonkreten Aussagen Ihrer Vorgesetzten, Mandanten oder Geschäftspartner irgendwie zurechtkommen. Dies gelingt Ihnen, indem sie jede geäußerte pauschale Kritik sofort konkretisieren und gezielt hinterfragen. Ihre beste Konkretisierungsfrage lautet – möglichst unter Wiederholung der Worte Ihres Kritikers – daher: "Was genau meinen Sie mit …?".

Nur wenn Ihr Gesprächspartner die Kritik konkretisiert, lohnt sich für Sie die Auseinandersetzung in der Sache. Denn jetzt wissen Sie, wo das Problem liegt bzw. was die andere Person tatsächlich gemeint hat. Jetzt können Sie es angehen. Das ist regelmäßig meist viel weniger bedrohlich als die Pauschalkritik selbst. Sofern jedoch kein konkreter Anlass dahintersteckt, zeigt eine pauschal formulierte Kritik oft nur eine schlechte Kinderstube. Bleiben Sie in solchen Situationen souverän und gelassen, was auch Ihr Kritiker bemerken wird. Gehen Sie einfach zur Tagesordnung über.

Nehmen Sie Ihren Kritikern den Wind aus den Segeln

Beugen Sie ungerechtfertigter Kritik rechtzeitig vor, indem sie diese nicht provozieren. Hinterfragen Sie daher regelmäßig Ihre Wirkung auf andere. Nehmen Sie Ihr Gegenüber als Spiegel für Ihre Kommunikation und Ihr Verhalten. Beobachten Sie dies vor allem in Situationen, in denen Sie kritisiert werden. Blicken Sie zurück, und klären Sie für sich, wann und womit Sie diese Kritik provoziert oder zumindest gefördert haben. Und wenn es Ihnen möglich und dienlich ist, stellen Sie die entsprechenden Provokationen ab. Denn jede Kritik, die Sie proaktiv verhindern, belastet Sie nicht (mehr).

Trainieren Sie Ihre Kritikfähigkeit

Lassen Sie sich als Anwalt von Kritik rasch frustrieren, verletzen, betroffen oder verlegen machen? Kritik ist zwar manchmal übel, aber dennoch stets das kleinere Übel. Nicht kritisiert zu werden, ist weitaus schlimmer. Daher lohnt es sich, mit den folgenden fünf Tipps die eigene Kritikfähigkeit zu trainieren, um so zumindest mittelfristig von jeder Rückmeldung zu profitieren.

  1. Trennen Sie bei Kritik ganz bewusst die Sach- von der Beziehungsebene. Fokussieren Sie sich auf das konkret geäußerte Sachproblem, welches dahintersteckt. Sobald Sie diesbezüglich Klarheit haben, gehen Sie dieses an.
  2. Seien Sie bei Kritik nicht dramatischer als der Kritiker selbst. Reagieren Sie nicht mit Rechtfertigungen oder Selbstvorwürfen, da dies auf Ihr Gegenüber befremdlich wirkt. Pflegen Sie vielmehr eine gesunde Einstellung: Fehler passieren. Jeder Mensch muss sie wegstecken und darüberstehen können.
  3. Nehmen Sie nach Kritik keine Schuld auf sich. Ein Schuldeingeständnis bringt keinem etwas und löst auch nicht das Problem. Bleiben Sie sachlich und suchen Sie das "Körnchen Wahrheit", was Sie voranbringt.
  4. Akzeptieren Sie sich mit Ihren Schwächen und heißen die Rückmeldungen anderer willkommen. Lernen Sie auf diese Weise etwas über sich und über den Kritiker. Ändern Sie Ihr Verhalten und Ihre Kommunikation usw., wenn es Ihnen dient und Sie weiterbringt.
  5. Wenn Ihr Kritiker perfektionistisch veranlagt ist, fragen Sie ihn nach dem Guten, dass er verschweigt? Die Schlüsselfrage lautet: "Und wie sind Sie mit dem Rest zufrieden?"

Rechtsanwältin Dr. Anja Schäfer unterstützt und berät als Business Coach und Mentorin vorrangig Frauen dabei, in Führung zu gehen, insbesondere bei Fragen zur strategischen Ausrichtung, zur beruflichen und persönlichen Neuorientierung bzw. Weiterentwicklung und zur Kommunikation im Businessumfeld. Zu Themen wie "Erfolgreicher Umgang mit Kritik im Business" bietet sie regelmäßig kostenfreie Live-Webinare an.

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