Kleine Kanzleien mit Profil

Durch Spezialisierung und Networking zum Erfolg

Christian OberwetterLesedauer: 3 Minuten
Die Anzahl zugelassener und praktizierender Anwälte steigt, der persönliche Jahresumsatz ist in den vergangenen Jahren gesunken. Gerade in Großstädten scheint für kleine Kanzleien neben hoch spezialisierten Law Firms nur wenig Raum zu bleiben. Aber auch kleinere Kanzleien können im Wettbewerb bestehen - wenn sie ein klares Tätigkeits- und Kanzleiprofil entwickeln und vor allem erhalten.

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Nach einer Untersuchung des Instituts der Freien Berufe ist der persönliche Jahreshonorarumsatz der Anwälte in den vergangenen Jahren gesunken. Der Kuchen wird nicht unbedingt kleiner, aber immer mehr Kollegen müssen davon leben. In Hamburg beispielsweise sind derzeit 9.000 Anwälte zugelassen. Die Wirtschaftsleistung der Stadt ist zwar so hoch, dass es durchaus etwas zu tun gibt - aber: Die Großkanzleien schöpfen regelmäßig die renditeträchtigsten Mandate ab. Dann bedienen sich die größeren regionalen Sozietäten. Bleibt da noch etwas für die kleinen Kanzleien und die Einzelanwälte? Ja, wenn eine Kanzlei ein klares Tätigkeitsprofil entwickelt und daran festhält. Zwar tritt heute in Städten kaum noch ein Anwalt als Generalist auf, der bereit und willens ist, jedes Mandat zu bearbeiten, gleichgültig ob es sich um eine Unterhaltssache oder um einen Softwarevertrag handelt. Der entscheidende Fehler aber wird im zweiten Schritt gemacht: Ein Anwalt präsentiert sich als Spezialist, die Fälle in diesem Bereich sind aber nicht so zahlreich. Also nimmt er Mandate an, die seiner Spezialisierung nicht entsprechen. Häufig sind diese Fälle nicht einmal lukrativ und werden von der Hoffnung gespeist, dass derselbe Mandant in Zukunft mal eine große interessante Sache haben könnte. Die Folge: Der Anwalt wird zu einem Generalisten, ihm fehlt die Zeit, seine Spezialisierung durch Fortbildung und Akquise neuer Mandate voranzutreiben.

Kollegen statt Konkurrenten

Zugegeben: Einzelanwälte und kleinere Kanzleien haben ein Problem. Während größere Einheiten innerhalb der Sozietät Mandate weitergeben können, muss der Einzelanwalt, will er seiner Spezialisierung treu bleiben, das Mandat ablehnen. Das ist konsequent, aber auch unangenehm. Der Mandant wird nun einen anderen Anwalt aufsuchen, und dieser wird ihn eventuell binden. Die gleiche Problematik stellt sich bei einem Bestandsmandanten, der rechtliche Beratung außerhalb der Spezialisierung benötigt. Eine Lösung dieser Crux: Kollegen ins Boot holen. Jeder Anwalt verfügt schon aus Studien- und Referendarzeiten über ein Netzwerk von Anwälten, denen es nicht anders geht. Es spricht also nichts dagegen, im Bereich der verschiedenen Spezialisierungen zu kooperieren und das Konzept der größeren Sozietäten zu kopieren - ohne allerdings gesellschaftsrechtliche Bindungen einzugehen. Die Folge: Der Mandant freut sich über die Empfehlung, der Anwalt weiß den Fall in guten Händen und muss nicht fürchten, dass sein Mandant abgeworben wird; schließlich müssen die Mandatsempfehlungen keine Einbahnstraße sein. Anwälte sollten also aufhören, sich lediglich als Konkurrenten zu betrachten, sondern sich zur Abwechslung auch untereinander bewerben. Das kostet nichts, und ein Erfahrungsaustausch hat noch niemandem geschadet. Der Autor Christian Oberwetter ist u.a. Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg und Verfasser zahlreicher Fachpublikation im Arbeitsrecht.

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