Anwälte bei Groupon

Billige Beratung kann teuer werden - nicht nur für Mandanten

von Martin W. HuffLesedauer: 3 Minuten
"19,90 statt 226,10 Euro – 60-minütige juristische Erstberatung zum Beispiel im Verkehrs-, Miet- oder Arbeitsrecht", so warb kürzlich eine Kölner Kanzlei im Online-Gutscheindienst Groupon. Was gebührenrechtlich zulässig ist, benachteiligt im Wettbewerb andere Anwälte. Mögliche Folgen: Abmahnungen für die werbenden Anwälte, weit höhere Gebühren für die Verbraucher.

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Seit dem Inkrafttreten des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG), das 2004 die Bundesrechtsanwaltsvergütungsordnung (BRAGO) abgelöst hat, orientieren sich die Honorare der Rechtsanwälte für die außergerichtliche Beratung und Vertretung nach § 34 RVG nicht mehr an einer festen Gebührenordnung, sondern sind zwischen Anwalt und Mandant frei vereinbar. Fehlt eine solche Vereinbarung, sieht das Gesetz bestimmte Obergrenzen vor. Infolge des neuen Gebührenrechts hat die Werbung von Rechtsanwälten mit festgelegten Entgelten für eine erste Beratung oder aber für eine bestimmte Beratungsdauer deutlich zugenommen – mit Rückendeckung des Bundesverfassungsgerichts, das auch bei einem anwaltlichen Beratungsangebot im Internet mit einem Startpreis von einem Euro keine Bedenken hatte (Beschl. v. 19.02.2008, Az. 1 BvR 1886/06). Das Angebot der Kölner Kanzlei beim Online-Gutscheindienst Groupon fällt genau in diesen Trend. Verbraucher können sich dort von verschiedensten Dienstleistern vom Friseur bis zum Restaurant  per Mail Rabatte anbieten lassen. Für eine einstündige Erstberatung sollen hier 19,90 Euro brutto einschließlich Mehrwertsteuer gezahlt werden. Aus gebührenrechtlicher Sicht ist das nicht zu beanstanden, unterbreitet die Kanzlei doch dem (potentiellen) Mandanten ein konkretes Angebot im Sinne des § 34 RVG, das dieser dann mit dem Erwerb des Gutscheins bei Groupon annimmt.

Niedrigere Kosten sind in jedem Fall erlaubt

Was viel problematischer ist: Das Angebot erweckt den Eindruck, dass statt der angebotenen Beratung für 19,90 Euro die gleiche Beratung immer 226,10 Euro brutto kostet. Dies sei aber falsch, so der Euskirchener Rechtsanwalt Ulrich Sefrin, der auch die Gebührenabteilung im Vorstand der Kölner Anwaltskammer leitet: "Hier wird augenscheinlich abgestellt auf die Gebühr des § 34 Abs. 1 Satz 3 RVG, die für eine Erstberatung des Verbrauchers eine Kappungsgrenze bei 190 Euro netto, also 226,10 Euro brutto vorsieht". Diesen Vergleich hält Sefrin für sehr bedenklich. Weil es sich bei den 190 Euro eben um eine Kappungsgrenze für die Erstberatung handele, dürfe ein Rechtsanwalt von einem Verbraucher auf keinen Fall mehr verlangen, wenn es keine andere Absprache gibt. Für eine Erstberatung von einer Stunde könne indes selbstverständlich eine niedrigere Gebühr als 190 Euro vereinbart werden, betont Sefrin. Gerade in vielen Alltagsfragen sei diese auch die Regel. Nach Ansicht des Gebührenrechts-Experten bewegt sich die Kölner Kanzlei mit ihrem Angebot wettbewerbsrechtlich auf dünnem Eis. Er sieht daher gute Chancen, wenn ein Mitbewerber eine entsprechende Werbung abmahnen sollte.

Reicht die Erstberatung nicht aus, kann es teuer werden

Sefrin kritisiert auch, dass die Kanzlei mit ihrer Werbung einen falschen Eindruck über die regelmäßigen Gebühren der Anwälte erwecke. Bei niedrigen Streitwerten und einer kurzen Beratung komme es im anwaltlichen Alltag lange längst nicht immer zu einer Rechnung von 226,10 Euro. Tatsächlich bestätigt sich dies durch einen Blick in die Vergütungsverordnung des RVG: Die Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Vertretung in Höhe von 1,3, die bei einer durchschnittlichen Bedeutung in der Regel angesetzt wird, beträgt etwa bei einem Gegenstandswert von 1.500 Euro nur 136,50 Euro. Zusammen mit der Auslagenpauschale und der Mehrwertsteuer sind dies im Ergebnis dann lediglich 186,25 Euro. Die Verbände der Rechtsanwälte wie auch der Verbraucher raten daher dazu, Angebote wie in Groupon genau zu prüfen. Nur wenn sich potentielle Mandaten sicher sind, dass eine Erstberatung von einer Stunde ausreichend ist, könne ein solches Angebot sinnvoll sein. Wenn es aber später weitergeht, müsse man auch mit zusätzlichen Gebühren rechnen. In jedem Fall sollte daher zu Beginn eines Gesprächs mit dem Anwalt deutlich nach den zu erwartenden Kosten gefragt werden. Dies ist das gute Recht des Mandanten und der Anwalt ist hier auch zu einer vollständigen Aufklärung verpflichtet. Der Autor ist Rechtsanwalt und Journalist in Leverkusen. Er ist auch Sprecher des Ausschusses Syndikusanwälte im Kölner AnwaltVerein, dem größten örtlichen Anwaltsverein in Deutschland.

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