Vor der Kammerversammlung in Düsseldorf: Im Wahl­kampf gegen die Groß­kanz­lei­an­wälte

von Pia Lorenz

21.03.2017

Seitdem eine Gruppe von Anwälten lautstark neue Strukturen bei der Düsseldorfer Anwaltskammer fordert, rüsten die Etablierten auf: Sie zeichnen das Bild einer Einheit, die für die Zukunft gerüstet ist. Und ein klares Feindbild.

Rund einen Monat vor der Kammerversammlung geht es in Düsseldorf und Umland hoch her. Neben der Einladung und Tagesordnung hat das Präsidium um den langjährigen Präsidenten Herbert Schons mehrere Berichte und Bekanntmachungen, eine Kurzfassung von Schons Jahresbericht sowie einen Aufsatz der Schatzmeisterin auf der Webseite veröffentlicht.

Alle Dokumente werben für die Arbeit der Rechtsanwaltskammer (RAK) Düsseldorf, deren eigenen Anspruch Schons so definiert: "Ein verlässlicher und nahbarer Dienstleister für ihre Mitglieder zu sein und mit den ihr zur Verfügung gestellten Kammerbeiträgen gewissenhaft und sparsam umzugehen."

Die Transparenzoffensive dürfte auch auf den Vorstoß einer Gruppe von Anwälten um  den PWC-Legal-Partner Dr. Sven-Joachim Otto und den Hengeler-Mueller-Partner Dr. Dirk Uwer zurückzuführen sein. Beide sind seit der von besonders vielen Syndizi und Wirtschaftsanwälten besuchten Kammerversammlung 2015 im Vorstand der Düsseldorf RAK. Nun wollen sie mit ihren Anträgen, die sich auf der Tagesordnung der Versammlung am 26. April ab Nr. 14 finden, Entschädigungen und Sitzungsgelder offen gelegt sehen, Führungsstrukturen grundlegend verändern und ein Compliance-Konzept durchsetzen. Und sie wollen den Steuerstrafrechtler Dr. Karl-Heinz Göpfert als neuen Präsidenten vorschlagen.

Der Amtsinhaber: bodenständig, streitbar, gut vernetzt

Der amtierende Präsident Herbert Schons will sich sein Amt nicht streitig machen lassen.

Der streitbare, nicht immer als diplomatisch bekannte Rechtsanwalt und Notar mit Schwerpunkten im Gesellschaftsrecht und anwaltlichen Gebührenrecht kennt das Geschäft; und das will er für sich nutzen.

Dem Vorstand der Düsseldorfer RAK gehört er seit 1989 an, seit 2012 ist er ihr Präsident. Schons ist aber auch Vizepräsident des Deutschen Anwaltvereins (DAV) und in der Doppelrolle im Kammerwesen und beim DAV gut vernetzt. Die Zusammenfassung seines Jahresberichts beginnt er mit einem Hinweis darauf, dass er bei der Reform des Prozesskosten- und Beratungshilferechts den "letztendlich zum Erfolg führenden Schulterschluss zwischen BRAK und DAV durch Gespräche mit den damaligen Präsidenten RA Axel Filges und RA Prof. Dr. Ewer fördern" habe können.

Auch für den 1. Vorsitzenden der Landgerichtsanwälte Duisburg (der dortige Anwaltverein) ist der Fachanwalt für Verkehrsrecht Schons die ideale Besetzung. Man kennt sich, Rechtsanwalt Florian F.P. Hesse nennt Schons, seinen Vorgänger auf dem Posten des Vorstandsvorsitzenden, "einen Vertreter einer bodenständigen Kanzlei aus Duisburg-Neumühl und gleichzeitig ein Mitglied des Präsidiums des Deutschen Anwaltsvereins, der aufgrund seiner Tätigkeit bei vielen Kolleginnen und Kollegen im gesamten Bundesgebiet großes Ansehen genießt."

Im Wahlkampf gegen "die Großkanzleianwälte"

Hesse hat ein klares Feindbild. Er befürchtet, dass Anwälte aus einigen Düsseldorfer Großkanzleien die nun zu wählende Hälfte des Vorstands "mit ihresgleichen besetzen". Und den Großkanzleien gehe es nicht um die ehrenamtlichen Tätigkeiten im Kammervorstand, sondern "schlichtweg darum, in den Kammern die Interessen der jeweiligen Dienstherren zu vertreten". So heißt es in einem Rundschreiben, mit dem Hesse die Mitglieder in dem Bezirk aufruft, die Kandidaten ihres Landgerichtsbezirks bei den Wahlen zu unterstützen, wenn nötig auch mit Hilfe eines zu charternden Busses.

Großkanzleianwälte hätten "keinerlei Kenntnis von der Praxis vor Ort, der forensischen Arbeit oder gar von Abrechnung nach dem RVG", so Hesse weiter. Dabei sei die Anfertigung von Gebührengutachten ein maßgeblicher Teil der Tätigkeit, die ein Vorstandsmitglied machen müsse. Der Duisburger Anwalt, selbst in der Zweier-Sozietät Moseler Hesse tätig, wünscht sich eine paritätische Besetzung des Vorstands der Anwaltskammer - "auch nicht so wie früher, wo er nur aus den Vertretern kleiner Kanzleien und Einzelkämpfern bestand. Aber so, dass der Vorstand die gesamte Anwaltschaft im Bezirk widerspiegelt, also auch nicht nur die Großen und die Syndizi".

Von den derzeit 14 Kandidaten, für deren Unterstützung die Gruppe um Otto und Uwer wirbt, kommen allerdings nur zwei aus Großkanzleien, ein weiterer ist Justiziar bei einem Regionalversorger. Aber auch die Aufstellung von Dr. Karl-Heinz Göpfert, der als Fachanwalt für Steuerrecht und Strafrecht in einer Zweier-Sozietät in Düsseldorf tätig ist, als Präsident, ist für Hesse  "wenn überhaupt nur ein Schachzug".

Sven-Joachim Otto, seit 2015 im Vorstand und Initiator der Anträge, die den hitzig geführten Wahlkampf lostraten, wehrt sich gegen eine solche Lagerbildung. Es ist "nicht hilfreich, wenn versucht wird, 'Kleinanwälte' und Großkanzleien, 'niedergelassene' Rechtsanwälte und Syndikusrechtsanwälte auseinander zu dividieren." Ein freier Beruf lebe von Vielfalt, erklärte der PWC-Partner gegenüber LTO. Erst die Unterschiede in Größe und Ausrichtung ermöglichten es jedem, seinen Platz und seine Nische zu finden. Es sei vielmehr an der Zeit, dass die Kammer aufhöre, "Nabelschau zu betreiben und sich in hausgemachten Problemen wie dem kostenintensiven Zerwürfnis mit der Hauptgeschäftsführerin zu verlieren".

Zitiervorschlag

Pia Lorenz, Vor der Kammerversammlung in Düsseldorf: Im Wahlkampf gegen die Großkanzleianwälte . In: Legal Tribune Online, 21.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22439/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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