Als Jurist bei der Stadtverwaltung

"Wir sind die Anwälte der Stadt"

von Dr. Franziska KringLesedauer: 4 Minuten

Großkanzleianwalt, Staatsanwältin, Richter – an diese Jobs denken wohl die meisten Absolventen zuerst. Die Arbeit bei der Stadt halten viele für trocken. Das ist aber nur ein Vorurteil, sagen zwei Juristen, die für Kommunen arbeiten. 

"Nah am Bürger und nah an der Politik". So beschreibt Dr. Gerhard Budde seinen Job als Leiter des Rechtsamtes der Stadt Frankfurt am Main. Zunächst war er sechs Jahre lang als Beamter im mittleren Justizdienst tätig, hat dann aber sein Abitur auf dem Abendgymnasium nachgeholt und im Anschluss Jura studiert und das Referendariat absolviert. "Ich habe gemerkt, dass mich die Tätigkeit als Beamter der Geschäftsstelle bis zur Pensionierung nicht zufrieden stellt. Deshalb habe ich die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis beantragt", so Budde. 

Nach verschiedenen Stationen, u.a. beim Regierungspräsidium Darmstadt und als Leiter des Anti-Korruptionsreferats der Stadt Frankfurt, wechselte er im Jahr 2008 ins Rechtsamt. Zu Beginn der Corona-Pandemie übernahm er die kommissarische Leitung, seit dem 1. August 2022 ist der 57-jährige auch offiziell Leiter des Rechtsamtes. Budde hat sich also ganz klassisch hochgearbeitet und sich bewusst für die Karriere im öffentlichen Dienst entschieden. 

Das Rechtsamt hat die gleichen Aufgaben wie die Rechtsabteilung eines Unternehmens, erklärt Budde: "Wir sind die Anwälte der Stadt". Rechtsämter übernehmen die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung der Stadt. Zudem führen sie Widerspruchsverfahren nach § 68 VwGO durch, prüfen Rechtsprobleme der Fachämter sowie Entscheidungsvorlagen an den Magistrat, die einzelne Dezernate einbringen. 

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"Das Gegenteil der Arbeit bei einem Start-Up"

Für die Belange der mehr als 43.000 Beschäftigten der Stadt ist Stephan Westermaier als stellvertretender Leiter des Münchner Personal- und Organisationsreferats zuständig. Dazu zählen nicht nur Jurist:innen, sondern Menschen aus allen Berufsgruppen: etwa Künstler:innen, Philharmoniker:innen, Verwaltungsangestellte und Techniker:innen. Diese Zusammenarbeit mit Menschen aus ganz verschiedenen Fachrichtungen schätzt Westermaier sehr.

Ein Nachteil seien dagegen die teilweise langen Abläufe. "Große Verwaltungen haben hohe Abstimmungsaufwände", so Westermaier, "deshalb dauert es mitunter sehr lange, bis Neuerungen eingeführt werden können". "Das ist das Gegenteil der Arbeit bei einem Start-Up, bei dem Projekte direkt umgesetzt werden", sagt er.

Die rund 20 Jurist:innen im Personalreferat beschäftigen sich mit arbeits- und dienstrechtlichen Fragestellungen der städtischen Mitarbeitenden, etwa Pflichtverletzungen eines Lehrers. Das Personalreferat übernimmt die Dienstaufsicht von der Abmahnung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Auch für die Beantwortung vertraglicher Fragen der Stadt ist das Referat zuständig, wenn es zum Beispiel um die Einstellung der Intendant:innen des Orchesters geht.

"Die Digitalisierung wird im ganzen Land noch stiefmütterlich behandelt"

Als stellvertretender Leiter des Personalreferats übernimmt Westermaier keine Aufgaben im Bereich der juristischen Sachbearbeitung, sondern beschäftigt sich mit organisatorischen und strategischen Fragen. 

Ein großes Thema derzeit sei es, die Digitalisierung im öffentlichen Dienst voranzutreiben. "Das wird ja im ganzen Land noch stiefmütterlich behandelt", so Westermaier. Eine große Rolle dabei spiele der Datenschutz: "Wie können wir die Prozesse verschlanken und modernisieren und dies konform mit datenschutzrechtlichen Regelungen gestalten?"

Auch im öffentlichen Dienst sei der Fachkräftemangel spürbar. Deshalb zählt es auch zu seinen Aufgaben, attraktive Arbeitsbedingungen zu schaffen. Homeoffice, mobiles Arbeiten und zeitweises Arbeiten aus dem Ausland seien jetzt möglich. "Natürlich ist es nicht üblich, dass man ein halbes Jahr aus Rom für die Stadt München arbeitet", so Westermaier, aber die Stadt bemühe sich, im Rahmen des rechtlich Möglichen Flexibilität zu gewährleisten.

"Kommunalpolitisch bedeutsame Vorgänge mitentscheiden"

An seinem Beruf schätzt er vor allem auch, dass er für die Stadt arbeiten kann, in der er gerne lebt, und dass die konkreten Ergebnisse sichtbar sind: "Teilweise lese ich die Ergebnisse am nächsten Tag in der Zeitung. Oder ich gehe durch die Stadt und sehe ein neues Planungsgebiet, für das ich mit den Architekten gesprochen habe", so Westermaier.

Für Budde ist die Arbeit bei der Stadt attraktiver als beispielsweise die Richtertätigkeit: "Richter befinden meistens über abgeschlossene Sachverhalte, aber wir können kommunalpolitisch bedeutsame Vorgänge mitentscheiden", sagt er. Hierfür müsse man entscheidungsfreudig und pragmatisch sein, so Budde: "Man wird ja eingeschaltet, um Lösungen zu finden".

Auch auf die Noten legen die Städte Wert, jedoch kommt es immer auf die jeweilige Ausschreibung an. Überdurchschnittliche Examina werden gerne gesehen, sind aber nicht zwingend erforderlich.

Gute Gehaltschancen

Bei der Karriere in der kommunalen Verwaltung steigt man – im Falle der Verbeamtung – mit der Besoldungsgruppe A 13 ein. Die Besoldung richtet sich nach dem jeweiligen Landesbesoldungsgesetz. Ohne Berufserfahrung beträgt das Einstiegsgehalt demnach, je nach Bundesland und Steuerklasse, zwischen gut 4.275 Euro im Saarland und rund 4.770 Euro in Bayern. Netto sind das, gerundet, knapp 3.350 Euro bzw. 3.560,00 Euro.

In die nächste Gruppe, A 14, werden alle Beamte nach wenigen Jahren eingruppiert. Dort schwankt die Besoldung auf der jeweils untersten Stufe zwischen 4.400 Euro (3.400 Euro netto) und rund 5.120 Euro (3.756 Euro netto).

Je nach der konkreten Aufgabe kann es danach gehaltstechnisch noch weiter nach oben gehen. 

Die Gehälter ab der Stufe A 15, d.h. ein Nettogehalt in Höhe von mindestens 4.000 Euro auf der untersten Stufe, stehen in der Regel nur denjenigen mit Personalverantwortung zu, d.h. Weisungsbefugnis gegenüber mindestens einer Person, in Bayern gegenüber mindestens zwei Personen. 

"Alles andere als trocken"

In verschiedenen Städten gibt es aber die Möglichkeit, die Stufe der A-15-Besoldung auch mit einer Fachkarriere ohne Personalverantwortung zu ermöglichen, so etwa in München. Dort gilt das für Jurist:innen, die ein wichtiges Spezialthema betreuen.

Als Jurist:in kann man in München auch bis A 16 und weiter bis B 4 (9.186 Euro brutto) aufsteigen, und im Falle einer Wahl zum Referenten bis B 7 (10.847 Euro brutto).

Westermaier und Budde würden sich immer wieder für den Job bei der Stadt entscheiden. Sicherer Job, ordentliches Gehalt, vielfältige Aufgaben – die beiden Juristen finden ihren Job alles andere als trocken. Letztendlich kommt es auch immer darauf an, was man aus seiner Aufgabe macht.

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