Frauenquote an Gerichten

In der Justiz läuft es - ganz ohne Zwang

von Tanja PodolskiLesedauer: 4 Minuten
Das BVerfG wird vorerst keine Frauenquote bekommen. Der Rechtsausschuss hat einen entsprechenden Antrag der Grünen-Fraktion kürzlich abgelehnt. Doch auch ohne gesetzlichen Zwang ist die Anzahl von Frauen in der Justiz erfreulich hoch.

In Hinblick auf das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ist das vielleicht gar nicht so schlimm. Immerhin sind schon jetzt 31,25 Prozent der Richter Frauen. Also mehr als die 30 Prozent, die für börsennotierte und voll mitbestimmungspflichtige Unternehmen bezüglich Aufsichtsratspositionen gesetzlich verankert sind - und dennoch in weiter Ferne liegen. Gewünscht hatten sich die Grünen laut ihren Antrag für das BVerfG "mindestens drei Frauen" pro Senat – das macht dann mindestens sechs weibliche Richter bei zwei Senaten. Derzeit sind es fünf. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) übertrifft diese Quote sogar: Fast 40 Prozent der Richter in Erfurt sind Frauen – und damit ist die Arbeitsgerichtsbarkeit der einzige Zweig der Gerichtsbarkeit, in dem die Quote weiblicher Richter in der ersten und in der letzten Instanz fast identisch ist. Noch höher als bei den Arbeitsgerichten ist der Frauenanteil nur noch bei den Amtsgerichten, die mit 46,48 Prozent die Liste anführen.

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Bundesgerichte zu 27 bis 40 Prozent weiblich

Zu Beginn der beruflichen Laufbahn und bei dem eher weichen Thema Arbeitsrecht sind Frauen also stark vertreten. Doch auch die komplexe, abstrakte und stark zahlenlastige Arbeit des Bundesfinanzhofs wir zu immerhin 23,73 Prozent von Richterinnen erledigt. Diese Prozentsätze von Juristinnen an der Spitze der Justiz sind im Vergleich zur durchschnittlichen Wirtschaftskanzlei erfreulich hoch. Das in der Arbeitswelt häufig beklagte Phänomen, dass zwar viele Frauen auf Einstiegspositionen arbeiten, ihre Zahl aber in höheren Hierarchieebenen deutlich abnimmt und schließlich fast ganz verschwindet, findet sich an den Gerichten nicht wieder. Zwar ist auch dort die Quote weiblicher Beschäftigter in den ersten Instanzen meist höher, doch selbst bei den Bundesgerichten liegt sie noch zwischen 27 und 40 Prozent. Bleibt vielleicht der Makel, dass der Frauenanteil an der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter bei etwa 50 Prozent liegt; doch es sei den  Frauen zugestanden, dass sich einige gegen die Karriere und für die Familie entscheiden.

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2/2: Das Erreichte absichern

Der Grünen-Bundestagsfraktion war, auch das steht in der Antragsbegründung, bewusst, dass die aktuellen Zahlen beim Bundesverfassungsgericht gar nicht so schlecht sind. Sie wollten das Erreichte jedoch abgesichert wissen, und deshalb das Wahlverfahren für die Bundesverfassungsrichter ändern. Ein Vorstoß, für den sich ein Vertreter der SPD-Fraktion offen zeigte. Er begründete die Ablehnung seiner Fraktion damit, dass dies eine "sehr grundsätzliche Frage" sei, die nicht per Änderungsantrag nach der ersten Lesung geklärt werden könne. Zudem sei fraglich, warum sich der Vorschlag nur auf das Bundesverfassungsgericht beschränke. Eine berechtigte Frage. Allerdings zählt das Bundesverfassungsgericht zu den obersten Bundesbehörden – und damit unter die erklärte Absicht der aktuellen Bundesregierung, in den Behörden die Gleichstellung von Männern und Frauen zu erreichen. Das ist das Ziel des Bundesgleichstellungsgesetztes. Mehr Einfluss können die Bundestagsabgeordneten künftig über die Wahl der Bundesrichter nehmen: Einstimmig angenommen wurde der ursprüngliche Gesetzentwurf aller Fraktionen. Demnach soll künftig der gesamte Bundestag über die Wahl von Bundesverfassungsrichtern entscheiden. Der Bundestag wählt nach Artikel 94 des Grundgesetzes eine Hälfte der Verfassungsrichter, der Bundesrat die andere. Bisher war ein zwölfköpfiger Wahlausschuss des Bundestages mit der Wahl befasst. Mit der Neuregelung soll der Wahlausschuss künftig Vorschläge für die Wahl ausarbeiten. Die Abstimmung erfolgt dann ohne Aussprache in geheimer Wahl im Plenum. Der Anteil der Frauen im Bundestag liegt übrigens bei 36,1 Prozent.

Richter und Richterinnen: Eine Übersicht

Gericht
Anteil Frauen in Prozent
Gesamtzahl Richter*
Bundesverfassungsgericht**
31,25 %

16

(Stand 28.5.2015)

Bundesgerichtshof**
27,13%

129

(Stand 31.12.2013)

Bundesverwaltungsgericht**
29,62 %

54

(Stand 1.5.2015)

Oberverwaltungsgerichte
27,27 %

378,48

(Stand 31.12.2013)

Verwaltungsgerichte
37,9 %

1381,91

(Stand 31.12.2013)

Bundesfinanzhof**
23,73 %

60

(Stand 31.12.2014)

Bundessozialgericht**
27,96 %

43

(Stand 31.12.2014)

Bundesarbeitsgericht**
39,47 %

35

(Stand 1.1.2015)

Landesarbeitsgerichte
28,07 %

188,17

(Stand 31.12.2014)

Arbeitsgerichte
41,04 %

752,48

(Stand 31.12.2013)

Oberlandesgerichte
32,91 %

1.861,17

(Stand 31.12.2013)

Landgerichte
38,83 %

4.905,92

(Stand 31.12.2013)

Amtsgerichte
46,48%

7.939,33

(Stand 31.12.2013)

Quelle: www.bundesjustizamt.de/DE/Themen/Buergerdienste/Justizstatistik/Personal/Personal_node.html

* Die Zahlen entsprechen der Anzahl an Vollzeitstellen. Die Zahl von Richtern kann höher sein.

** Die Anzahl der bei den Bundesgerichten beschäftigten Frauen wurde von deren Pressestellen mitgeteilt.

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