Fortbildungszertifikat der BRAK

Die Advokaten mit dem Q

von Jens KahrmannLesedauer: 4 Minuten
Ein orangefarbenes Q ziert Internetseiten, Briefköpfe und Visitenkarten von Rechtsanwälten  - jedenfalls von manchen. Es steht ausweislich der Unterschrift für "Qualität durch Fortbildung". Doch wer kann das Siegel bekommen, was muss man dafür tun und wie kommt es in der Praxis an?

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Ein wenig versteckt findet im Berufsrecht der Anwälte sich eine Bestimmung, die eigentlich  Selbstverständliches regelt. In § 43a Abs. 6 der Bundesrechtsanwaltsordnung heißt es: "Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, sich fortzubilden." Klar - wie  kann er sinnvoll seine Mandanten beraten, wenn er die rechtlichen Entwicklungen nicht verfolgt? Im Jahre 2007 hat die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) das Zertifikat "Qualität durch Fortbildung" eingeführt. Dies sei auch vor dem Hintergrund geschehen, einen Anreiz für Rechtsanwälte zu schaffen, sich verstärkt fortzubilden, sagt der in der BRAK für Qualifizierungsmaßnahmen zuständige Rechtsanwalt Johannes Keller. Zumindest eine systematische Fortbildung mit einem breiten Themenspektrum ist also offenbar nicht ganz so selbstverständlich.

Lernen, Punkte sammeln, Siegel erhalten

Wer sich mit dem orangenen Q schmücken möchte, muss dies bei der BRAK beantragen und 75 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer als Aufwandsentschädigung überweisen. Diese prüft dann anhand einer eingereichten Liste, wie man sich in den letzten drei Jahren fortgebildet hat. Das Siegel bekommt nur, wessen Aktivitäten in mindestens 360 Punkte umgerechnet werden können. So gibt es für die Teilnahme an Seminaren und sonstigen Lehrveranstaltungen 10 Punkte pro Stunde – egal ob als Dozent oder als Hörer. Auch wer Examenskandidaten prüft, fachlich publiziert oder sich einfach nur in betriebsinternen Qualitätszirkeln engagiert, darf sich über eine Anrechnung freuen. Fortbildungszertifikat der BRAKAllerdings stellt die BRAK bei der Verleihung des Q auch gewisse inhaltliche Anforderungen. So müssen mindestens 240 Punkte im Bereich des materiellen Rechts erworben werden. Hinzu kommen je zur Hälfte (jeweils 60 Punkte) das Berufsrecht einschließlich des Kostenrechts und der Berufshaftpflicht sowie ein Wahlmodul. Gibt es thematische Überschneidungen, können die Punkte aufgeteilt werden. Damit das Q auch wirklich für ein Minimum an Qualität steht, währt es nicht ewig: Der Rechtsanwalt bekommt es nur für drei Jahre verliehen – danach muss es erneut beantragen. Interessant könnte das Qualitätssiegel vor allem für junge Fachanwaltsaspiranten sein, da die entsprechenden Lehrgänge ebenfalls angerechnet werden können. Und da mit den drei Jahren lediglich eine Maximal- nicht aber eine Minimalfrist geregelt ist, kann das Q als goldene Brücke zum Erhalt des Fachanwaltstitels dienen. Johannes Keller von der BRAK weist aber darauf hin, dass die Anrechnung nur möglich ist, sowie die Kurse nach der Rechtsanwaltszulassung besucht wurden: "Ist ja logisch, denn vor der Zulassung besteht keine Fortbildungspflicht."

"Das Q allein macht keinen qualifizierten Rechtsanwalt"

Die Reaktion der Anwaltschaft auf das Siegel ist bislang allerdings recht verhalten. Nach Auskunft von Johannes Keller tragen nur circa 1.800 Anwälte dieses Siegel. Auf die Frage, woran das liegen mag, bleiben ihm nur Spekulationen: "Einerseits sind es doch recht hohe Anforderungen vor allem hinsichtlich der verschiedenen Lehrbereiche und andererseits müsste vielleicht mehr für das Zertifikat geworben werden." Norbert W. Kirsch von der gleichnamigen Anwalts- und Notariatskanzlei in Berlin sieht solche Zertifikate generell kritisch. "Das Q allein macht keinen qualifizierten Rechtsanwalt", sagt er – zumal das Zertifikat nichts über den Kenntnisstand aussage, da es ja keine Klausuren gebe. Viel mehr hält er hingegen von den Fachanwaltslehrgängen, die man durchaus auch dann besuchen könne, wenn man nicht Fachanwalt im jeweiligen Gebiet werden möchte. Dass er selbst ein Q trage, sei eher ein Zufall: "Ich hatte eines Tages bemerkt, dass ich ohnehin schon genug Veranstaltungen besucht habe und die Voraussetzungen erfülle." Rechtsanwältin Ulrike Baumann von der Kanzlei Knecht und Berkenheide in Münster trägt wie alle anderen Anwälte der Kanzlei auch ein Q und zeigt sich mit der Ausgestaltung des Zertifikats zufrieden. Allerdings sieht sie die laufenden Anforderungen im Vergleich zum Fachanwaltstitel in einem Missverhältnis: "Im Vergleich zum Fortbildungszertifikat sind die Anforderungen für die Aufrechterhaltung des Fachanwaltsstatus zu gering." Dem wird man kaum widersprechen können. Rechtsanwalt Thomas Gramespacher, gibt zwar die unter Medienrechtlern bekannte Online-Publikation Medien, Internet und Recht heraus, hat aber trotzdem kein Q. "Eigentlich gefällt mir das Qualitätssiegel. Aber der hohe Aufwand neben dem Tagesgeschäft schreckt mich ab, es selbst zu beantragen." Er glaubt, dass das Siegel vor allem für Rechtsanwälte mit etwas allgemeinerem inhaltlichem Profil interessant sei. Wie viel das Zertifikat konkret bringt, vermochte niemand der Befragten wirklich einzuschätzen. Fest steht, dass 75 Euro für den Durchschnittsanwalt erschwinglich sind. Idealerweise sollte es wohl so laufen wie bei Rechtsanwalt Kirsch: Man bildet sich aus eigenem Interesse in derartigem Umfang fort, dass man die Voraussetzungen erfüllt – ohne, dass man bewusst darauf hingearbeitet hätte.  In der perfekten Welt, in der jeder Anwalt genau das von sich aus tut, braucht man kein Q. In der Realität dagegen hat es seine Daseinsberechtigung. Mehr Informationen zum Zertifikat finden sich auf den Seiten der BRAK.

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