AGH-Verfahren zum beA

BRAK besch­ließt Widerruf des Ver­g­leichs

von Pia LorenzLesedauer: 3 Minuten
Im Eilverfahren zweier Rechtsanwälte gegen die Einrichtung zum Empfang bereiter elektronischer Anwaltspostfächer wird die BRAK den Vergleich widerrufen. Eine individuelle Lösung für einzelne Anwälte sei technisch nicht möglich.

Die 28 Präsidenten der regionalen Anwaltskammern haben am Montag beschlossen, den zwischen der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) und zwei Rechtsanwälten vor dem Anwaltsgerichtshof (AGH) Berlin geschlossenen Vergleich wegen der Einrichtung des besonderen elektronischen Anwaltspostfaches (beA) zu widerrufen. Die beiden Rechtsanwälte hatten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren beantragt, die BRAK zu verpflichten, die für sie bestimmten Postfächer nur mit ihrer ausdrücklichen Zustimmung zum Empfang freizuschalten. Die BRAK hingegen sieht sich gemäß § 31a Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) verpflichtet, ein beA für jeden Anwalt einzurichten - unabhängig von dessen persönlicher Empfangsbereitschaft. Und sie hält eine  Zustimmung des jeweiligen Postfachinhabers vor der Einrichtung (inklusive Empfangsbereitschaft) für nicht erforderlich.

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Passive Nutzungspflicht auch ohne Willen?

In der mündlichen Verhandlung vor dem AGH Berlin hatten sich die Parteien Ende Februar auf einen Vergleich auf Widerruf geeinigt. Die BRAK verpflichtete sich, das beA bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht einzurichten. Damit sollte fürs erste der Streit beigelegt sein, ob es eine Pflicht der Anwälte gibt, mit der Einrichtung des beA dieses jedenfalls passiv auch zu nutzen, also dort eingehende Nachrichten zu lesen. Gesetzlich geregelt ist eine solche Plicht derzeit nicht. Erst ab 2018 wird es die Pflicht zur elektronischen Kommunikation geben; dass diese über das beA erfolgen muss, ist nicht normiert. Aus Sicht der BRAK ergibt sich die passive Nutzungspflicht des Anwaltspostfachs als mittelbare Folge aus dem geseztlichen Auftrag an die BRAK, das Postfach für alle Anwälte einzurichten. Die Anwälte argumentieren hingegen, dass "einrichten" nicht notwendigerweise auch bedeuten müsse, dass die Postfächer empfangsbereit geschaltet werden. Dies könne unterbleiben, sofern der jeweilige Anwalt nicht zustimmt.  Die BRAK spricht sich mittlerweile selbst dafür aus, eine Nutzungspflicht zur Klarstellung ausdrücklich zu normieren. Das Bundesjustizministerium hatte eine solche Regelung in einer inoffiziellen Stellungnahme zunächst angekündigt, machte jedoch einen Rückzieher und erklärt derzeit nur, dass geprüft werde, ob eine Nutzungspflicht nach jetziger Rechtslage ohnehin schon bestehe und, falls nicht, ob eine entsprechende gesetzliche Regelung nötig sei. 

BRAK: nicht empfangsbereites beA technisch nicht möglich

Ihre Entscheidung, den Vergleich zu widerrufen, begründen die Kammerpräsidenten nach Angaben der BRAK damit, dass eine Sonderlösung für die beiden Antragsteller nicht möglich sei. Sie müssten genau so behandelt werden wie alle anderen Anwälte auch. Das wiederum habe tatsächliche Gründe: Es sei "technisch nicht möglich, die Anwaltsfächer personenbezogen empfangsbereit einzurichten", heißt es in der Mitteilung der BRAK. Mit einer Selbstverpflichtung, die besonderen elektronischen Anwaltspostfächer nicht einzurichten, würde die BRAK aber gegen ihren gesetzlichen Auftrag aus § 31a BRAO verstoßen. Das soll offenbar bedeuten, dass das bisherige System keine Möglichkeit bietet, ein Postfach einzurichten, ohne es gleichzeitig empfangsbereit zu schalten. Diese Angabe macht die BRAK seit Monaten. Sie mag zutreffen - überprüfen kann man das nicht, da bisher nicht einmal die Hersteller von Kanzlei-Software Zugang zu einer Testumgebung haben, obwohl sie Schnittstellen zum beA-System bauen müssen. 

Weil nicht sein darf, was nicht sein kann?

Die BRAK beruft sich also darauf, dass technisch nicht möglich sei, was sie rechtlich nicht für nötig hält. Beide angerufenen Senate des AGH Berlin teilten allerdings in einer ersten Einschätzung die Auffasung der klagenden Anwälte, dass diese zu einer passiven Nutzung nicht verpflichtet seien, sofern sie sich nicht selbst im System angemeldet und damit ihren Willen bekundet haben, Eingänge dort gegen sich gelten zu lassen. Ob das System das derzeit technisch ermöglicht, dürfte für diese Rechtsauffassung zunächst einmal keine Rolle spielen. Zeit für technische Neuerungen scheint noch zu sein. Einen neuen Starttermin für das beA, das im Dezember kurz vor dem geplanten Start zum 1. Januar 2016 auf unbestimmte Zeit verschoben wurde, nennt die BRAK weiterhin nicht. Das Verfahren über die einstweilige Anordnung wird jetzt fortgesetzt, auch ein weiteres Verfahren dürfte nun weitergehen. 

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