Termin nach Befangenheitsantrag abgesagt

Ent­schei­dung zu Ent­schei­dungs­tempo ver­zö­gert sich

von Constantin Baron van LijndenLesedauer: 3 Minuten
Im Verfahren des OLG-Richters, der sich gegen Zahlendruck aus der Justizverwaltung wehrt, wird es 2016 wohl keine Entscheidung des BGH mehr geben. Der Verhandlungstermin im Oktober wurde nach seinem Befangenheitsantrag abgesagt.

Die mit Spannung erwartete Verhandlung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Verfahren des OLG-Richters Thomas Schulte-Kellinghaus wird nicht wie geplant am 5. Oktober stattfinden. Der Antragsteller hat die zuständigen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Ein neuer Verhandlungstermin in dem Verfahren, das grundsätzliche Aussagen zur Arbeitsweise der deutschen Justiz treffen könnte, wird voraussichtlich nicht mehr in diesem Jahr gefunden werden. In dem Verfahren macht Schulte-Kellinghaus die Rechtswidrigkeit dienstrechtlicher Maßnahmen der inzwischen frühpensionierten Präsidentin des OLG Karlsruhe* geltend. Diese hatte ihn 2012 förmlich ermahnt, nachdem eine Sonderprüfung seines Dezernats eine Erledigungsquote von zeitweise lediglich 68 Prozent des durchschnittlichen Pensums ergeben hatte. Schulte-Kellinghaus sieht darin einen Eingriff in seine richterliche Unabhängigkeit, da schnellere Erledigungen nur durch eine Änderung seiner Arbeitsweise zu erreichen seien. Eine Reihe von Strafanzeigen wegen versuchter Nötigung, die er und weitere Juristen, darunter der bekannte Strafverteidiger Gerhard Strate, gegen die Ex-Präsidentin und andere Akteure innerhalb der Justizverwaltung gestellt haben, führten nicht zur Aufnahme von Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft. Auch in den Vorinstanzen zum BGH unterlag Schulte-Kellinghaus. Gegenüber LTO hatte er erklärt, es sei schwer, sein Anliegen innerhalb der Justiz begreiflich zu machen. Erledigungsdruck sei ein so lang bestehendes und so weit verbreitetes Phänomen, dass die Methoden seiner Bewältigung von vielen Richtern kaum noch reflektiert würden.

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Befangenheit infolge einer Pressemitteilung?

In diese Richtung weist auch der nun gestellte Befangenheitsantrag. Darin moniert Schulte-Kellinghaus hauptsächlich eine Pressemitteilung, mit welcher der BGH auf den Verhandlungstermin in seiner Sache am 5. Oktober hingewiesen hatte. Abgesehen von einer Wiedergabe des Instanzenzuges und der maßgeblichen Normen hatte diese nur aus folgendem Satz bestanden: Der Antragsteller, ein Richter am Oberlandesgericht, wendet sich u.a. gegen einen Bescheid der (damaligen) Präsidentin des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 26. Januar 2012, der einen Vorhalt und eine Ermahnung gemäß § 26 Abs. 2 DRiG im Zusammenhang mit seinem Erledigungspensum zum Gegenstand hat. Diese Mitteilung lasse nicht erkennen, worum es in dem Verfahren eigentlich gehe, argumentiert der Antragsteller. Nämlich nicht um die Verteidigung eines möglicherweise zu langsam arbeitenden Richters, sondern um die Feststellung von haushaltspolitisch motivierten und politisch gedeckten Rechtsverletzungen der Justizverwaltung gegenüber diesem Richter.  "Der Gegenstand der Verfahren wird verschwiegen, soweit er für die Akteure der Justizverwaltung des Landes Baden-Württemberg unangenehm ist. Die Presseerklärung enthält eine Tendenz, mit der den interessierten Journalisten der Kern der Verfahren, nämlich die für den Streitgegenstand maßgeblichen Vorwürfe gegen die Justizverwaltung des Landes Baden-Württemberg, vorenthalten wird", heißt es in dem Befangenheitsantrag. Bemerkenswert: Zu den Akteuren der baden-württembergischen Justizverwaltung gehörte seinerzeit auch Bettina Limperg, damals Amtschefin des dortigen Justizministeriums, heute Präsidentin des BGH.

Kurz, verkürzt, oder verkürzend?

Da derartige Terminankündigunen in aller Regel in Absprache mit dem für das Verfahren zuständigen Senat verfasst werden, wäre die Zurechnung einer etwaigen Parteilichkeit in der Darstellung jedenfalls nicht von vorneherein ausgeschlossen. Richtig ist auch, dass die Mitteilung für die Maßstäbe des BGH ungewöhnlich kurz ist, und dass sie die Problematik für Außenstehende, die mit dem Verfahren nicht vertraut sind, eher unzulänglich beschreibt. Richtig ist allerdings ebenfalls, dass der Inhalt der Mitteilung sachlich zutrifft, und dass das Verfahren zumindest unter den primär adressierten Rechtsjournalisten ohnehin bekannt ist. Jedenfalls für sie dürften sich genauere Ausführungen erübrigen. Und für alle, die es verfolgen, ist das Verfahren durch den Befangenheitsantrag auf Grundlage eines Pressemitteilung nun um eine ungewöhnliche Wendung reicher. Wann der BGH entscheiden wird, ist noch nicht bekannt. * Anm. d. Red.: Hier stand zunächst irrtümlich Stuttgart. Korrigiert am 29.09.2016, 16:57

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