Berufsrecht bei Strafverfahren gegen Rechtsanwälte

Dop­pel­be­stra­fung ist mög­lich

von Martin W. HuffLesedauer: 3 Minuten
Der Münchener Anwalt Wolfgang Putz wurde heute mit einem spektakulären Urteil des BGH vom Vorwurf des versuchten Totschlags freigesprochen. Eine Verurteilung hätte im schlimmsten Fall auch zu einem Berufsverbot oder einer Ausschließung aus der Anwaltschaft führen können. Ein Überblick über die berufsrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten eines Jobs mit vielen Fallstricken.

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Hätte das Strafverfahren gegen den Münchener Rechtsanwalt Wolfgang Putz wegen versuchten Totschlags nicht mit einem Freispruch geendet, dann wäre möglicherweise auch noch ein berufsrechtliches Verfahren auf ihn zugekommen.

Denn mit der Verurteilung durch ein Strafgericht muss es für einen Rechtsanwalt nicht sein Bewenden haben. Ein Rechtsanwalt unterliegt nämlich auch noch nach den Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) einer eigenen Berufsgerichtsbarkeit. Und daher kann neben die Verurteilung durch die Strafgerichte noch eine eigenständige Verurteilung durch das Anwaltsgericht am Ort der jeweiligen Rechtsanwaltskammer treten.

Das Spektrum der möglichen Maßnahmen (§ 114 BRAO) reicht von der Verwarnung über die Geldbuße (bis zu 25.000 Euro) bis zu einem Berufsverbot auf bestimmten Rechtsgebieten von einem bis zu fünf Jahren oder als "ultima ratio" sogar zur Ausschließung aus der Anwaltschaft.

Dabei kommt es für die Generalstaatsanwaltschaft, die das Verfahren führt, und dann das Anwaltsgericht als erster Instanz, das das Verfahren eröffnen muss, entscheidend darauf an, in welchem Zusammenhang die Straftat des Rechtsanwalts stattgefunden hat.

Außerberufliche Straftaten

Handelte es sich um eine Tat, die nichts mit dem Beruf des Rechtsanwalts zu tun hat, etwa um einen Diebstahl oder eine Körperverletzung im privaten Umfeld, so findet eine berufsrechtliche Ahndung nur dann statt, "wenn es [das Verhalten] nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen der Rechtssuchenden in einer für die Ausübung der Anwaltstätigkeit bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen", wie es § 113 Abs. 2 BRAO formuliert.

Typische Beispiele aus der Rechtsprechung der Anwaltsgerichte sind hier Drohungen und Widerstand gegen Polizeibeamte unter Alkohol, deutliche Verstöße gegen die Straßenverkehrsvorschriften, Beleidigungen, die nicht im Zusammenhang mit dem Beruf stehen oder aber Steuerdelikte, die nicht den Beruf betreffen.

Hier hat sich in der jüngeren Vergangenheit eine andere – vielleicht liberale – Haltung durchgesetzt: Hat der Rechtsanwalt für sein privates Fehlverhalten gebüßt, muss nicht noch eine berufsrechtliche Ahndung erfolgen.

Straftaten mit beruflichem Bezug

Ganz anders sieht es bei Straftaten aus, die einen berufsrechtlichen Bezug haben wie auch im Fall des Münchener Anwalts. Meist geht es allerdings um Straftaten wie Untreue- oder Unterschlagung gegenüber Mandanten, Beleidigungen usw. Oder aber um die Beteiligung an Straftaten von Mandanten. Nach einem sicherlich nicht repräsentativen Überblick über die Rechtsprechung dürften die Delikte im Zusammenhang mit Geld den Großteil der Verfahren ausmachen.
So wurde neulich vom Anwaltsgericht in Köln ein Anwalt zu einer Geldbuße von mehreren tausend Euro verurteilt, der einen Bekannten, der in Haft saß, unter Ausnutzung seiner Stellung als Rechtsanwalt mit Rauschgift versorgt hatte. Denn § 113 Abs. 1 BRAO sieht vor, dass gegen einen Rechtsanwalt, der schuldhaft gegen Pflichten aus der BRAO oder der Berufsordnung der Anwälte (BORA) eine anwaltsgerichtliche Maßnahme verhängt wird.
Auch das Amtsgericht hatte bereits eine deftige Geldstrafe ausgesprochen.

Typisch ist auch die Verurteilung zu einem Vertretungsverbot im Verkehrsrecht, wenn ein Anwalt mit der Auszahlung der Gelder von Versicherungen immer wieder viel zu lange wartet und damit gegen die Pflicht verstößt, Fremdgelder rasch auszuzahlen oder weiter zu leiten.

In der Regel wird zwar mit der berufsrechtlichen Ahndung gewartet, bis die staatlichen Ermittlungsbehörden ihre Ermittlungen abgeschlossen haben (§ 118 BRAO), im Ausnahmefall kann dies aber auch einmal anders sein. In der Praxis erhält die zuständige Generalstaatsanwaltschaft automatisch Mitteilungen von Ermittlungsverfahren und Verurteilungen und prüft dann eigenständig weitere Schritte.

Bei dem jetzt erfolgten Freispruch des Anwalts wird jetzt die zuständige Generalstaatsanwaltschaft prüfen, ob es neben der Straftat überhaupt berufsrechtliche Anknüpfungspunkte gibt. Bei einem Freispruch sind diese aber selten. Der Autor Martin W. Huff ist Wirtschaftsjurist und Rechtsanwalt in Leverkusen. Er ist Verfasser zahlreicher Veröffentlichungen zum anwaltlichen Berufsrecht.  

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