Beste juristische Nachwuchsförderung 2013

"And the azur Award goes to..."

von Robert A. P. GlaweLesedauer: 5 Minuten
Hollywood muss noch zwei Tage warten, bis feststeht, wer die Oscars bekommt. Die deutsche Wirtschaftsjuristenszene erhielt ihre Awards für die beste Nachwuchsförderung schon am Donnerstag. LTO war bei der Verleihung an der Bucerius Law School in Hamburg dabei.

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Wie sein großer Bruder, der alljährlich in Frankfurt vom Branchenmagazin JUVE verliehene "JUVE Award" für die beste Kanzleiperformance, gilt der "azur Award" auch als Indikator für das Renommee einer Kanzlei oder eines Unternehmens. Und so gab sich nicht nur das Who is who der Jura-Personaler am Donnerstag ein Stelldichein im Audimax von Deutschlands erster privater Law School. Die Preisträger 2013 - so sehen die Sieger aus 300 Kanzleifragebögen, 3000 befragte Anwälte, 900 interviewte Berufseinsteiger auf Karrieremessen: Zwei Dutzend Mitarbeiter der JUVE-Redaktion werten durch Marktbeobachtung die Methoden großer Kanzleien, öffentlicher Spitzenarbeitgeber und der Rechtsabteilungen führender Unternehmen aus, um junge Absolventen  für sich zu gewinnen – und natürlich im Unternehmen zu halten. Nicht nur einer der Preisträger beschreibt das als "harten Kampf um Talente". Bereits zu Beginn des Abends, beim Sektempfang im Gespräch mit Personalverantwortlichen, wird deutlich, dass die viel beschriebene "Generation Y" ihre demographische Trumpfkarte ausspielt. Erstklassige Absolventen sind ein rares Gut, die Anspruchshaltung der Bewerber steigt. Spitzennoten gegen Spitzengehälter, Doppelprädikate gegen ein sechsstelliges Jahresbrutto, das ist nicht mehr die allein gültige Losung. Work-Life-Balance auf der einen, Soft Skills auf der anderen Seite werden zu Schlagwörtern des Abends.

Kostspieliges Recruiting auf dem Prüfstand

Die fünf Nominierten in den Kategorien Referendariat und Praktikum, Aus- und Fortbildung sowie Diversity, aus denen dann jeweils ein Preisträger bestimmt wird, stehen lange vor der Preisverteilung fest. Ihre mitunter sehr kostspieligen Rekrutierungswege testet die Juve-Redaktion nicht nur darauf, wie die jungen Juristen fachlich ausgebildet werden. Auch andere Kriterien sind ausschlaggebend: Wie international ist die Ausbildung? Welche wirtschaftliche Expertise lässt sich bei ihm erwerben? Welche Rolle spielen die viel beschworenen Soft Skills? An Ideen schien es den Nominierten dabei nicht zu mangeln – ob die Finanzrechtler von Ashurst ihre Referendare bis nach Down Under schicken, Wilmer Hale seine Junganwälte in ein "Talent Management Program" und Workshops am Stammsitz in den USA steckt oder Allen & Overy seinen Praktikanten "moot courts" und "case studies" bietet.

Die Gewinner: Audi für Referendare an Werkbänken, Arqis lehrt Bilanzen

Moderatorin Marika MettkeDas Rennen um die funkelnden gravierten Acrylzacken, welche die Gewinner als Trophäen entgegennehmen dürfen, machten  die Audi AG und die im Japan-Geschäft starke M&A-Boutique Arqis. Die Jury bewertete die Unternehmen als "besonders dynamisch und engagiert", begründete Moderatorin Marika Mettke die Wahl. Der Autohersteller erhielt die Auszeichnung auf dem Gebiet "Referendariat und Praktikum" für sein Konzept, Referendare nicht nur im zentralen Rechtsservice, sondern auch "an den Werkbänken", also in den operativen Unternehmensbereichen, einzusetzen – und umgekehrt auch seine Ingenieure in die Rechtsberatung einzubinden. Die "Arqis Academy" gab hingegen den Ausschlag für die kleine Kanzlei aus Düsseldorf und München in der Kategorie "Aus- und Fortbildung". Hier wird den jungen Associates wirtschaftliches Rüstzeug wie das Lesen einer Bilanz vermittelt.

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2/2: Diversity: Das Ende der Hornbrillenträger in zweiter Ehe

Die dritte Rubrik des Preises wird für Diversity verliehen – im angelsächsischen Raum seit jeher eine Selbstverständlichkeit, die oft für die Mandatsvergabe entscheidend ist, hierzulande vor allem als Dauerbrennerthema "Frauenquote in Aufsichtsräten" diskutiert. Die zentrale Frage, mit der die JUVE-Redaktion die hiesige Anwaltsszene wachrütteln und für die berufliche Chancengleichheit unabhängig von Geschlecht, familiärer Situation, Migrationshintergrund, Religionszugehörigkeit oder sexueller Orientierung sensibilisieren will, lautete denn auch: Ist der Weg in die Spitzenjobs der Branche wirklich für alle frei? Anders angesetzt: Sind die Kanzleiklassiker der letzten Jahre – das Stimmtraining für Rechtsanwältinnen oder ein regelmäßiger "Ladies Lunch" am Freitag – schon alles, um das Branchenimage der durchweg gescheitelten Hornbrillenträger in zweiter Ehe und dritter Juristengeneration abzuschütteln?

Der Gewinner: Daimler lebt die Unterschiedlichkeit - nicht nur im Workshop

Ein Blick auf die Zahlen spricht dabei Bände: Unter den fünf Nominierten fanden sich mit Olswang und der "ersten Kanzlei mit Quote" Hogan Lovells nur zwei Kanzleien, während in den anderen beiden Rubriken die Großkanzleien jeweils vier von fünf Kandidaten stellten. Deutschlands Rechtsabteilungen scheinen ihren Abstand auf internationale Standards schneller aufzuholen als die Kollegen in den Law Firms. Stilecht in einer violetten Stola nahm schließlich Inhouse-Beraterin Dr. Annette Matzat den Diversity Award für die Daimler AG entgegen – und ließ Grüße ausrichten von Ex-Bundesverfassungsrichterin Christine Hohmann-Dennhardt, der ersten Top-Managerin im Daimler-Vorstand: Nein, bei Daimler bleibe die gelebte "Unterschiedlichkeit" eben nicht bloß das ewige Workshop-Thema, das keine Führungskraft wirklich vorlebe. Ihre Antwort auf die Moderatorenfrage nach der Bedeutung von Diversity für die externe Mandatsvergabe erntete großen Applaus im Saal: "Zunächst ist die Qualität der Kanzleiarbeit entscheidend."

1. Platz azur100 für Freshfields Bruckhaus Deringer

Das Finale bildete die Prämierung des 1. Platzes von "azur100", dem Jahresranking der Top-Arbeitgeber. Dabei hat der Juve Verlag offenbar auf Kritik reagiert, die an den undurchsichtigen Nominierungs- und Vergabekriterien des aus dem gleichen Hause stammenden "JUVE-Handbuch Wirtschaftskanzleien" bisweilen geäußert wurde: Methode und Kriterien der Auswahl werden nun auf der Website des Unternehmens veröffentlicht. Nach den Erfahrungen vergangener Jahre hat "azur100" nach Angaben der Jury außerdem nicht mehr die bloße Zahl vollmundig verkündeter Neueinstellungen im Focus, sondern auch deren tatsächliche Umsetzung. Die Medaillenränge machten die drei Branchenriesen Hogan Lovells, CMS Hasche Sigle und Freshfields Bruckhaus Deringer unter sich aus. Dass letztere Kanzlei – für ihre harte Leistungsanforderung unter Absolventen ebenso  bewundert wie gefürchtet – mit ihrem Smarter Balance Program, einer hauseigenen "Förderung alternativer Lebensplanungen", schließlich Platz eins belegte, verwundert nicht. Auf die Frage nach dem Erfolgsrezept für die Förderung von Junganwälten gab Rick van Aerssen von Freshfields Bruckhaus Deringer denn auch eine zackige Antwort: "Jedem eine Lernkurve geben!"

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