Anwaltspostfach startet

Sie haben Post - viel­leicht bald auch vom Nach­barn?

von Pia LorenzLesedauer: 5 Minuten
BeA ist live. Ab jetzt können Anwälte das Anwaltspostfach testen. Wer Ja zum beA sagt, sollte das auf seinem Briefkopf vermerken. Vielleicht bekommt er dann bald elektronische Post, nicht nur von Gerichten und Anwälten.

Nun ging es ganz schnell. Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hat das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) live geschaltet. Unter https://www.bea-brak.de können Anwälte und Mitarbeiter von Kanzleien, die ihre Grundausstattung bereits bestellt und erhalten haben, ihr Postfach nun testen. Wer noch nicht über zumindest eine beA-Karte Basis und einen Chipkartenleser verfügt, kann diese bei der Bundesnotarkammer (BNotK; Webseite zum Thema) bestellen, die mit der Herstellung und Ausgabe der beA-Karten beauftragt wurde. Damit dürfte ab dem heutigen Montag auch die Laufzeit der bereits ausgelieferten Karten beginnen. Noch nicht verfügbar ist das Postfach für Syndikusanwälte, für sie hat die BRAK noch keinen Starttermin bekannt gegeben. Auch Schnittstellen zu den gängigen Kanzlei-Softwares existieren noch nicht.  Eine Pflicht zur Nutzung des Postfachs besteht erst ab dem 1. Januar 2018 - es sei denn, der Anwalt hat seine Empfangsbereitschaft erklärt. Das soll nicht schon dadurch geschehen, dass er sich bei dem System (erstmalig) anmeldet oder nicht berufsbezogene Mails versendet.

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AGH Berlin: Berufsfreiheit durch beA nicht (mehr) verletzt

"Wir sind stolz, dass wir diesen so wichtigen Baustein für den elektronischen Rechtsverkehr jetzt auf den Weg gebracht haben", so der Präsident der BRAK, Ekkehart Schäfer. "Endlich kann nun der notwendige technische Fortschritt in das Rechtswesen Einzug halten."  Das beA kommt fast ein Jahr später als ursprünglich angekündigt. Eigentlich hatte es am 1. Januar, danach am 29. September 2016 starten sollen. Zunächst aus technischen Gründen, danach aus rechtlichen war der Launch des Anwaltspostfachs aber mehrmals verschoben worden. Zuletzt hatten zwei einstweilige Verfügungen des Anwaltsgerichtshofs in Berlin verhindert, dass das System starten konnte. Sie untersagten es der BRAK, die Postfächer für die beiden klagenden Anwälte scharf zu schalten. Weil es aber nach Angaben der BRAK technisch nicht möglich ist, nur zwei der Postfächer auf nicht empfangsbereit zu stellen, verhinderte das den Start des gesamten Systems. Erst am vergangenen Freitag hob der Anwaltsgerichtshof (AGH) Berlin die einstweiligen Verfügungen auf. Die (Anwalts-) Richter sehen keine Verletzung der Berufsfreiheit der klagenden Anwälte mehr, nachdem die BRAK ihre Haltung zur sog. passiven Nutzungspflicht geändert hat und zudem am 28. September die Verordnung über die Rechts­an­walts­ver­zeich­nisse und die beson­deren elektro­ni­schen Anwalts­post­fächer (RAVPV) in Kraft trat. Dabei dürfte es bis auf Weiteres bleiben, die Kölner Kanzlei Werner RI, die an gleich zwei Verfahren vor dem AGH beteiligt war, will nach LTO-Informationen keine weiteren Rechtsmittel  einlegen und auch nicht in die Hauptsache gehen. Der Weg dürfte also frei sein. Womöglich nicht nur für die Kommunikation mit Anwälten und Gerichten.

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2/2: BeA bald für alle?

Laut dem LTO vorliegenden Beschluss (v. 25.11.2016, Az. II AGH 16/15) reichte es dem II. Senat aus, dass die BRAK nun - anders als bis zum Frühling dieses Jahres - mittlerweile erklärt, bis Ende 2017 solle es nur eine beA-Probephase geben. Das bestätige auch § 31 RAVP, den der AGH auch für insoweit verfassungsgemäß hält. Damit liege es, so der AGH, "äußerst fern", dass ein Rechtsanwalt sich dem Vorwurf aussetze, berufliche Pflichten zu verletzten, wenn er nicht an der Testphase teilnimmt. Der AGH geht dabei davon aus, dass nicht nur Gerichte und Rechtsanwälte vor einer Kontaktaufnahme prüfen würden, ob der Anwalt seine Empfangsbereitschaft erklärt habe. Auch Unternehmen, Behörden und Bürger, die den EGVPClassic-Client nutzen, seien über den Probebetrieb des beA ausreichend informiert, sind sich die Berliner (Anwalts-)Richter sicher. Schließlich gehe es nicht um die einfache E-Mail, sondern um die Nutzung eines nicht leicht einzurichtenden Kommunikationsweges. Das könnte sich ändern. Denn während über das beA nach aktuellem Stand, wie vom AGH angenommen, nur kommunizieren könnte, wer derzeit das sog. EGVP-Bürgerpostfach nutzt, plant die Bundesregierung eine erhebliche Erweiterung. Künftig sollen "Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen" mit nur einer zentralen Zugangskennung auf alle online-fähigen Verwaltungsleistungen zugreifen können sollen. Vorgesehen ist das an versteckter Stelle: im Entwurf eines Begleitgesetzes zur geplanten Grundgesetzänderung zur Schaffung einer Betreiber-Gesellschaft für Autobahnen. Damit scheint sich ein schon länger kursierendes Gerücht zu bestätigen. Es würde ein Zugang für alle Bürger und Unternehmen zumindest zu den Gerichten, wahrscheinlich aber über die angestrebten zunehmend heterogenen Strukturen auch zum beA geschaffen, der nicht mehr nur über ein bestimmtes, geschlossenes und gesondert geschütztes System erfolgt. Eine tagesaktuell gepflegte bundesweite Adressliste von Anwälten dürfte nicht nur Unternehmen interessieren, die sie als Zielgruppe ansehen. Der Gesetzentwurf des Bundesregierung liegt derzeit den Verbänden zur Stellungnahme vor, Zeit dafür haben diese bis zum heutigen Montag.

Ja zum beA: auf Briefkopf oder Webseite erklären

§ 31 RAVPV wurde ergänzt um die explizite Feststellung, dass die Erstanmeldung am Postfach und der Versand nicht berufsbezogener Mitteilungen nicht als Erklärung der Empfangsbereitschaft gelten sollen. Damit soll laut der Begründung zwischen dem Start von beA und der Nutzungsverpflichtung für alle zum 1. Januar 2018 ein unverbindliches Testen der Funktionen des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs ermöglicht werden.  Auch das hatte die BRAK jedenfalls im September dieses Jahres noch anders gesehen und Interessierten über die Hotline auch auf mehrfache Nachfrage versichert. Das habe aber auf einem Kommunikationsfehler beruht, hieß es. "Man kann das System testen, indem man Mails versendet. Damit erklärt man nicht seine Empfangsbereitschaft über das beA", stellte BRAK-Vize Dr. Thomas Remmers auf Nachfrage im September klar. Eine Möglichkeit, seine Empfangsbereitschaft über das beA zu signalisieren, gibt es nicht. Es wird kein Häkchen geben, keinen Briefkasten, den man virtuell öffnen könnte und keinen Rot-oder Grün-Button. Kein technisches Mittel könnte potenziellen Absendern direkt im beA signalisieren, dass man sein Postfach auch schon vor dem 1. Januar 2018 nutzt. Auf der Seite der BRAK heißt es dazu: "Nach der RAVPV ist vorgesehen, dass die Bereitschaft zur Nutzung des beA gegenüber dem Kommunikationspartner oder allgemein auf verschiedenen Wegen zum Ausdruck gebracht werden kann, z.B. durch einen Hinweis auf dem Briefkopf oder auf der Internetseite oder durch aktive Nutzung des beA. Reine Testnachrichten ohne Verfahrensbezug sollen nicht als Erklärung der Bereitschaft zum Empfang über das beA gelten (§ 31 S. 3 RAVPV und Begründung). Nicht vorgesehen hingegen ist eine Mitteilung gegenüber den Rechtsanwaltskammern oder gegenüber der BRAK."

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