AGH Berlin zu elektronischem Anwaltspostfach

BRAK darf beA nicht ohne Zustim­mung scharf schalten

von Pia LorenzLesedauer: 3 Minuten
In zwei Eilverfahren von Anwälten, die gegen das beA klagen, ist der BRAK untersagt worden, das Postfach ohne Zustimmung der Antragsteller empfangsbereit einzurichten. Das kann den Start von beA weiter verzögern – und zwar für alle Anwälte.

In den vor dem II. Senat des  Anwaltsgerichthofs (AGH) Berlin betriebenen Eilverfahren gegen die Scharfschaltung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) ist  nach LTO-Informationen eine Entscheidung ergangen: Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) ist verpflichtet, das besondere elektronische Anwaltspostfach des Antragstellers nur mit seiner ausdrücklichen Zustimmung empfangsbereit einzurichten. Die Entscheidung ist rechtskräftig, da im Eilverfahren letztinstanzlich ergangen*. Der Vertreter eines der Antragsteller, Dr. Marcus Werner, der auch in eigener Sache gegen die Scharfschaltung des Postfachs ohne Zustimmung vorgeht, teilte gegenüber LTO mit, dass man erst am heutigen Mittwoch von der Entscheidung erfahren habe. Ob diese der BRAK zugestellt werden soll, werde man noch entscheiden, der Antragsteller hat dafür einen Monat Zeit. Die BRAK, wo am Mittwochabend niemand mehr für eine Stellungnahme zu erreichen war, könnte ins Hauptsacheverfahren gehen, gegen die Entscheidung des AGH wäre nur eine Verfassungsbeschwerde denkbar. Die Entscheidung des AGH ist deshalb so brisant, weil sie nach aktuellem Kenntnisstand nicht nur die Antragsteller betrifft, welche sich dagegen wehren, dass das Postfach empfangsbereit geschaltet wird, ohne dass sie dem in irgendeiner Form zugestimmt oder in sonstiger Art und Weise kund getan hätten, dass sie dieses nutzen und dort eingehende Schriftstücke als zugestellt gegen sich gelten lassen wollen.

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Entscheidung kann Start von beA weiter verzögern

Vielmehr könnte die Entscheidung den Start von beA für alle Anwälte noch weiter verzögern. Die BRAK hatte einen zunächst abgeschlossenen Vergleich nämlich widerrufen mit der Begründung, dass „eine individuelle Lösung für einzelne Anwälte technisch nicht möglich“ sei. Denn es sei "technisch nicht möglich, die Anwaltsfächer personenbezogen empfangsbereit einzurichten".  Es gibt also nach Angaben der BRAK keine Möglichkeit, ein Postfach entweder empfangsbereit oder nicht empfangsbereit zu schalten, sondern mit dessen Einführung können dort nach Angaben der BRAK automatisch auch Schriftstücke eingehen. Und wenn eben das der BRAK aber vom AGH untersagt wird, kann es bedeuten, dass beA gar nicht an den Start gehen kann- und zwar für alle. Mit einer Selbstverpflichtung, die besonderen elektronischen Anwaltspostfächer nicht einzurichten, würde die BRAK aber gegen ihren gesetzlichen Auftrag aus § 31a BRAO verstoßen, so ihre Argumentation beim Widerruf des Vergleichs. Auch wenn man bezweifeln darf, dass "technisch nicht möglich" etwas anderes bedeutet als "in der Nachrüstung zu teuer", ist nun völlig unklar, wie es weiter geht. Insbesondere vor dem Hintergrund des zwischenzeitlich vorliegenden Gesetzentwurfs aus dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, wo man wohl auch gehofft hatte, dass man sich mit der BRAK und dem Deutschen Anwaltverein (DAV) auf eine Übergangszeit ohne passive Nutzungspflicht für diejenigen Anwälte einigen könnte, die das beA noch nicht gegen sich gelten lassen wollen, kommt die Entscheidung des AGH zu einem mehr als ungünstigen Zeitpunkt. Es war genau das, was man in Berlin vermeiden wollte: Dass die Einführung von beA, die von der BRAK ohne weitere Begründung schon einmal vom Jahresbeginn auf zwischenzeitlich den 29. September verschoben wurde, noch weiter nach hinten rutscht – und das womöglich noch mit Argumenten außerhalb der Sphäre der verantwortlichen BRAK begründet werden könnte.  Die Anwälte, die in Berlin gegen die Scharfschaltung ohne ihre Zustimmung vorgehen, wollen für eine Verschiebung übrigens ausdrücklich nicht verantwortlich zeichnen. Marcus Werner, Antragsteller in eigener Sache – die vor dem I. Senat noch anhängig ist – und Vertreter seines siegreichen Kanzlei-Kollegen Adrian Hoppe, betonte gegenüber LTO, dass sie die Verfahren nicht eingeleitet hätten, um beA zu blockieren, man habe vielmehr auch im Laufe des Verfahrens versucht, einvernehmliche Lösungen mit der BRAK zu finden: "Wir möchten, dass beA ein Erfolg wird. Voraussetzung dafür ist aber nicht zuletzt die Akzeptanz der Kollegen, die eine Übergangszeit voraussetzt, innerhalb derer die Anwälte selbst entscheiden können, ob und ab wann sie Zustellungen über beA gegen sich gelten lassen wollen". *Anm. d. Red.: Sachliche Richtigstellung am 09.06.2016, 8:05 Uhr.

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