YouTube-Videos und deren Akteure werden von Unternehmen oft für PR- und Werbezwecke genutzt. Das Bewusstsein für die gebotene Trennung von Werbung und Inhalt ist dabei oft nur unzureichend ausgeprägt. Die Grenze erklärt Jonas Kahl.
YouTube-Stars, die in selbst produzierten Videos Produkte präsentieren und bewerten, kennt inzwischen jeder. Die jungen Leute werden populär, auf großen Events für ihre Erfolge prämiert – und bekommen von Unternehmen Waren angeboten, die sie ihren Zuschauern in "Hauls", "Let's Plays" und Co. vorstellen. Eine Trennung von redaktionellen Inhalten und Werbung erfolgt dabei oftmals gar nicht oder nur halbherzig. So verschwimmen die Grenzen zwischen Unterhaltung, Werbung und PR. Die Akteure bewegen sich in einer rechtlichen Grauzone, in der es – noch - keine Abmahner, aber erhebliche Abmahnrisiken gibt.
Mit den neuen Formaten macht der Internetkanal im elften Jahr seiner Existenz nicht nur klassischen TV-Formaten Konkurrenz. Ganze Produktionsfirmen haben sich darauf spezialisiert, Inhalte nur für YouTube zu produzieren. Sogenannte Multi-Channel-Networks sorgen für die professionelle Vermarktung der Kanäle und ihrer Akteure. Verbunden mit der steigenden Reichweite wächst auch der Markt für Werbung in dem Segment rasant.
Spielwiese neuer Produktvermarktung
So ist YouTube für Unternehmen auch jenseits klassischer Werbespots zu einer Spielwiese neuer Formen der Produktvermarktung im Internet geworden. Enthalten Videos Werbung, können sie im Hinblick auf ihre Kennzeichnung detaillierten gesetzlichen Vorgaben unterliegen. Werden diese nicht eingehalten, gefährden die Akteure nicht nur ihren guten Ruf, sondern setzen sich auch der Gefahr von Bußgeldern und Abmahnungen durch Wettbewerber aus.
Je größer die Reichweite und der Markt für solche Videos werden, desto mehr rücken für die Wettbewerber die damit verbundenen rechtlichen Herausforderungen und Risiken in den Blick. Denn anders als für das klassische Fernsehen sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für Schleichwerbung und Produktplatzierungen in YouTube-Videos bislang nicht abschließend geklärt.
Jedenfalls gelten allgemeine rechtliche Grundsätze
Einigkeit besteht insofern, als dass die allgemeinen Grundsätze aus dem Rundfunk- und Wettbewerbsrecht Anwendung finden. Das betrifft zunächst einmal das sogenannte Trennungsgebot. Normiert ist es in einer Reihe von Gesetzen mit unterschiedlichen Formulierungen: in § 4 Nr. 3 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Telemediengesetz (TMG) und in § 58 Abs. 1 Rundfunkstaatsvertrag (RStV). Die Aussage ist stets dieselbe: Werbung als solche muss klar erkennbar und vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt sein.
Oftmals wird auch davon ausgegangen, dass sich YouTube-Videos nicht nur an diesem allgemeinen Gebot zu orientieren haben, sondern gemäß § 58 Abs. 3 RStV auch weitergehenden Regelungen des Rundfunkrechts unterfallen, weil sie nach Form und Inhalt als "fernsehähnlich" anzusehen sind. § 58 Abs. 3 RStV verweist ausdrücklich auf § 7 RStV, welcher die Werbegrundsätze für Rundfunk und rundfunkähnliche Angebote im Detail und strikt regelt. Daher müssen sich auch YouTube-Videos an den engen rundfunkrechtlichen Grenzen für Schleichwerbung und Product Placement orientieren.
Irreführung zu Werbezwecken verboten
Um eine Schleichwerbung handelt es sich gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 8 RStV bei einer ungekennzeichneten Erwähnung von Waren und Dienstleistungen. Dies ist grundsätzlich unzulässig, soweit die Erwähnung absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und die Nutzer hinsichtlich ihres Werbezwecks irreführen kann.
Daher müssen Videoproduzenten bei der Integration von Waren und Dienstleistungen den Anschein der Irreführung durch eine Vermischung von Werbung und sonstigen Inhalten vermeiden. Dies kann durch entsprechende Hinweise auf die existierende Werbung in den Videos geschehen. Diese Hinweise müssen für die Nutzer jederzeit erkennbar sein – was zu Problemen führen kann, wenn Videos auf Webseiten Dritter oder in soziale Netzwerke eingebunden werden sollen.
Enge Voraussetzungen für Product Placement
Eine Sonderform der Schleichwerbung stellt das Product Placement dar. Das ist gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 RStV jede Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eines Herstellers in Sendungen, soweit hierfür seitens des Herstellers eine Bezahlung erfolgte und die Platzierung dem "Ziel der Absatzförderung" diente.
Auch Product Placement ist gemäß § 7 Abs. 7 RStV grundsätzlich unzulässig. Zwar sind in § 44 RStV Ausnahmen vorgesehen. Allerdings ist umstritten, ob diese Ausnahmen auch für Internetvideos gelten oder nur auf klassischen Rundfunk anzuwenden sind. Bisher gibt es keine hinreichende Rechtsprechung zu dieser Frage, eine Klärung könnte der Gesetzgeber bei der nächsten Novellierung des RStV vornehmen.
Die Anwendbarkeit der Ausnahmen des § 44 RStV unterstellt kann Product Placement in Internetvideos zulässig sein. Allerdings müsste etwa am Rande und während der Sendung in spezieller Weise auf die Produktplatzierung hingewiesen werden. Auch dürfte die Produktplatzierung nicht unmittelbar zum Kauf von Waren auffordern, insbesondere nicht durch spezielle verkaufsfördernde Hinweise auf die Waren oder Dienstleistungen. Verboten ist eine zu starke Herausstellung des Produkts. Nicht gelten sollen all diese Ausnahmen vom Verbot allerdings für Kindersendungen und Ratgeber- und Verbrauchersendungen.
Augen auf bei Produktplatzierungen
Aus diesen engen Zulässigkeitsvoraussetzungen können sich für YouTube-Formate, bei denen gewisse Produkte in den Mittelpunkt gerückt, zum Kauf empfohlen oder besprochen werden sollen, rechtliche Fallstricke bei der Video-Konzeption ergeben. So ist je nach konkreter Gestaltungsart besonderes Augenmerk darauf zu legen, wie über ein Produkt gesprochen wird, auf welche Weise die Produktplatzierung im Video gekennzeichnet wird und wie die vertragliche Vereinbarung zwischen dem Anbieter des Videos und dem Hersteller des Produkts gestaltet ist. Gegebenenfalls bedarf es hier auch gesonderter und dauerhafter Hinweise auf die Werbeeigenschaft des Videos.
Denn im Falle des Verstoßes gegen diese Grundsätze kann nach § 49 Abs. 2 RStV die je nach Bundesland zuständige Aufsichtsbehörde ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro gegen den Anbieter verhängen. Zudem ist aufgrund des wachsenden Wettbewerbs mit weiteren Kosten oder zumindest Ärger durch Abmahnungen zu rechnen.
Dr. Jonas Kahl, LL.M. ist Rechtsanwalt im Berliner Büro der Kanzlei FPS und im Medien- und Internetrecht tätig.
Schleichwerbung und Product Placement im Internet: . In: Legal Tribune Online, 10.08.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16289 (abgerufen am: 09.12.2024 )
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