Auch 2014 gab es Urteile, die alle Juristen kennen sollten. Auch wer tagsüber M&A-Deals abwickelt, wird von Freunden und Familie schließlich gern nach überteuerten Kreditgebühren, dem richtigen Verhalten bei ebay oder dem teuren Geschenk an die Mittlerweile-Ex gefragt. Das und mehr Recht im Alltag gibt es im ersten Teil unserer gemeinsam mit der Redaktion von Rechtipps.de entwickelten Übersicht.
1/3: Kein Lohn für Schwarzarbeit
Wenn ein Handwerker "schwarz" arbeitet, also keinen umsatzsteuerpflichtigen Vertrag abschließt, hat er keinen gerichtlich durchsetzbaren Werklohnanspruch gegen seinen Auftraggeber. Der Vertrag verstößt gegen das Schwarzarbeitergesetz und ist nichtig. Auch sonstige Ansprüche auf Zahlung gegen den Auftraggeber bestehen nicht, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) im April und änderte damit seine jahrzehntelange entgegenstehende Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 10.4.4014, Az. VII 241/12).
Verbraucherkredite: Banken müssen Gebühren seit 2004 zurückzahlen
Banken dürfen aufgrund ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen keine zusätzlichen Bearbeitungsgebühren für Verbraucherkredite verlangen. Entsprechende Klauseln in ihren AGB sind unwirksam, bereits geleistete Gebühren können zurückgefordert werden, befand der BGH im Mai (BGH, Urteil vom 13.5.2014, Az. XI ZR 170/13, XI ZR 405/12). Der Rückforderungsanspruch unterliegt der dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 Bürgerliches Gesetzbuch. Diese begann aber erst im Jahr 2011 zu laufen, als sich eine "gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung" zu bilden begann, aufgrund derer es den Verbraucher zumutbar war, ihre Ansprüche einzuklagen. Verjährt sind nur solche Rückforderungsansprüche, die vor dem Jahr 2004 entstanden sind (kenntnisunabhängige Verjährungsfrist des § 199 ABs. 4 BGB), urteilte der Bankensenat im Oktober (BGH, Urt. v. 28.10.20914, Az. XI ZR 348/13).
Kameraüberwachung: Private dürfen Straße nicht filmen
Auch wer als privater Grundstückseigentümer Haus und Hof mit einer Kamera überwacht, muss die EU-Datenschutzrichtlinie einhalten. Das eigene Haus und Grundstück darf er zwar filmen, nicht aber den öffentlichen Verkehrsraum wie Bürgersteig oder Straße, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteil vom 11.12.2014, Az. C-212/13). Die Ausnahme, welche die Richtlinie für die Datenverarbeitung vorsieht, wenn diese von einer natürlichen Person zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten vorgenommen wird, ist nach Ansicht des EuGH eng auszulegen und gilt nur für den privaten Bereich (Urt. v. 11.12.2014, Az. C-212/13). Wer dennoch den öffentlichen Raum filmt, kann ein Bußgeld kassieren.
2/3: Ausgleichsansprüche bei nichtehelicher Lebensgemeinschaft
Wenn ein unverheiratetes Paar sich trennt, können die nichtehelichen Lebenspartner Ausgleichsansprüche gegeneinander haben. Für den Fall, dass ihm "etwas zustößt", hatte der Mann seiner Lebensgefährtin einen Sparbrief im Wert von 25.000 Euro gegeben. Nach der Trennung musste die Frau ihm diesen Sparbrief zurückgeben, urteilte der BGH (Urt. v. 06.05.2014, Az. X ZR 135/11). Es handele sich nicht um eine Schenkung, sondern um eine sogenannte unbenannte Zuwendung handelte, die der Mann nur im Vertrauen auf den Bestand der Beziehung geleistet habe. Endet diese, entfalle auch die Geschäftsgrundlage für die Zuwendung.
Kinder haften für ihre Eltern – auch in zerrütteten Familien
Kinder müssen auch dann für den Unterhalt ihrer Eltern aufkommen, wenn sie zu diesen seit Jahrzehnten keinen Kontakt mehr haben, entschied der BGH im Februar (Beschl. v. 12.02.2014, Az. XII ZB 607/12). Nur bei schweren Verfehlungen des Unterhaltsberechtigten geht die Unterhaltspflicht verloren, so die Karlsruher Richter. Weder den Kontaktabbruch des Vaters zu seinem Sohn, seitdem dieser 18 Jahre alt war, noch die Enterbung des Sprösslings sahen sie als solche schwere Verfehlung an.
Homosexuelle Lebenspartner können rechtlich Eltern sein
Homosexuelle Lebenspartner können auch ohne (Sukzessiv-) Adoption Eltern sein. In Kalifornien hatte sich ein homosexuelles Paar als Eltern eines Babys eintragen lassen, welches eine Leihmutter ausgetragen hatte. Nach einer Entscheidung des kalifonischen obersten Gerichtshofs ist das möglich. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland erkannte der BGH das Paar auch nach deutschem Recht als Eltern des Kindes an, obwohl hierzulande Leihmutterschaft verboten ist. Denn grundsätzlich seien ausländische Entscheidungen auch in Deutschland anzuerkennen, solange sie wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts nicht offensichtlich widersprechen. Auch das Kindeswohl berücksichtigte der u.a. für das Familienrecht zuständige XII. Senat bei seiner Entscheidung, die Lebenspartner als Eltern anzuerkennen (BGH, Urt. v. 10.12.2014, Az. XII ZB 463/13).
3/3: Löschungsansprüche gegen Google: Das Recht auf Vergessenwerden
Verletzten Suchergebnisse der größten Suchmaschine die Persönlichkeitsrechte europäischer Bürger, muss Google diese löschen, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urt. v. 13.05.2014, Az. C-131/12). Die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und den Schutz personenbezogener Daten könnten durch eine Suchmaschine erheblich beeinträchtigt werden, so die Luxemburger Richter. Die Eingabe eines Namens könne zu einer Ergebnisliste führen, die "potenziell zahlreiche Aspekte des Privatlebens" betreffe und zu einem "mehr oder weniger detaillierten Profil der gesuchten Person" führen könne. Und daher zu löschen ist, selbst wenn die Informationen rechtmäßig im Internet verbreitet werden.
Bewertungsportale: Keine Löschung, keine Auskunft bei Beleidigung
Weit kommunikationsfreundlicher zeigte sich der BGH. In gleich zwei richtungsweisenden Entscheidungen bauten die Karlsruher Richter ihre Rechtsprechung zu Bewertungsportalen aus.
In beiden Fällen ging es um Ärzte, welche auf Online-Plattformen bewertet worden waren. Der BGH entschied, dass ein Mediziner es hinnehmen muss, dass personenbezogene Daten wie sein Name und seine Anschrift, aber auch Bewertungen über seine ärztlichen Leistungen im Netz veröffentlicht werden (Urt. v. 23.09.2014, Az. VI ZR 358/13). Das Recht des Arztes auf informationelle Selbstbestimmung überwiege nicht gegenüber dem Recht des Portalbetreibers auf Kommunikationsfreiheit.
Einen Anspruch auf Auskunft gegen den Betreiber eines solchen Bewertungsportals nimmt der VI. Senat nur in Ausnahmefällen an. Selbst ein Arzt, über den auf einem anderen Bewertungsportal nachweislich falsche und teilweise sehr abwertende Tatsachen behauptet worden waren, hat keinen Anspruch auf Herausgabe der Daten des anonym bewertenden Nutzers: Die Anonymität der Nutzer dürfe nur in wenigen Ausnahmen aufgehoben werden, der Schutz des Persönlichkeitsrechts rechtfertige eine solche Ausnahme nicht, fand der BGH (Urt. v. 01.07.2014, Az. VI ZR 345/13). Wer die Daten trotzdem bekommen will, muss Strafanzeige stellen. Was wiederum voraussetzt, dass die Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht nur falsch ist, sondern einen Straftatbestand erfüllt.
Auktionsabbruch bei eBay: nur bei gesetzlichem Rücktritts- oder Anfechtungsrecht
Wer bei eBay Ware anbietet, darf die laufende Auktion nicht abbrechen, ohne dass ein Vertrag mit dem Höchstbietenden zustande kommt. Erfüllt man ihn nicht, schuldet man Schadensersatz. Das gilt auch bei einem groben Missverhältnis zwischen dem Maximalgebot des Käufers und dem Wert des Versteigerungsobjekts urteilte der BGH im November zu einem Pkw im Wert von mehreren tausend Euro, der zum Mindestgebot von einem Euro angeboten wurde (BGH, Urt. v. 12.11.2014, Az. VIII ZR 41/14).
Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Verkäufer gesetzlich dazu berechtigt gewesen ist, die Auktion abzubrechen, etwa wenn er sich bei der Artikelbeschreibung oder dem Preis verschreibt. So geschehen im Fall eines gebrauchten Kfz-Motors. Während der Auktion erfuhr der Verkäufer, dass dieser keine Straßenzulassung mehr besitzt und beendete die Auktion vorzeitig. Er unterlag somit vor Beginn der Auktion einem Irrtum über eine wesentliche Eigenschaft der Ware (BGH, Urteil vom 08.01.2014, VII ZR 63/13).
Rückblick auf 2014: 11 wichtige Urteile für Verbraucher . In: Legal Tribune Online, 15.01.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14381/ (abgerufen am: 25.04.2024 )
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