Druckversion
Montag, 19.05.2025, 18:35 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/hintergruende/h/weihnachtsfeier-arbeitsgerichte-agg-diskriminierung-teilnahmepflicht
Fenster schließen
Artikel drucken
7800

Die Weihnachtsfeier: Heidentum par excellence

von Christian Oberwetter

15.12.2012

Weihnachtsfeier

© Klaus-Peter Adler - Fotolia.com

Die Vorweihnachtszeit geht nicht nur mit Schneeflocken, Weihnachtsmärkten und Glühwein einher. Auch in den Unternehmen feiert die Belegschaft. Die Folgen der Weihnachtsfeier aber landen ziemlich häufig vor den Arbeitsgerichten. Kein Wunder, meint Christian Oberwetter. Er erklärt, was vorweihnachtlich milde verzeihlich ist und was rechtlich relevant.

Anzeige

"Früher war mehr Lametta", heißt es bei Loriot. Das denkt so mancher Arbeitnehmer und fragt sich, ob er an der Weihnachtsfeier überhaupt teilnehmen muss. Findet das Fest während der Arbeitszeit statt, besteht eine Teilnahmepflicht. Wer ohne Entschuldigung nicht erscheint, kann dafür sogar abgemahnt werden.  Aber zur Weihnachtszeit wird wohl kaum ein Chef das tun.

Darf man aber in Zeiten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) überhaupt jeden Mitarbeiter einladen? Stellt die Einladung zur Weihnachtsfeier gar eine Diskriminierung von Nichtchristen dar? Dem Atheisten wird’s egal sein, denn frei nach Nietzsche ist das Fest Heidentum par excellence. Wie steht es aber mit Muslimen? Man wird kaum die Einladung zu einem Fest als Diskriminierung ansehen können, wohl aber die Nichteinladung. Anders- und Nichtgläubige sollten also ausdrücklich ein- und nicht ausgeschlossen werden. Deshalb muss die Weihnachtsfeier jedoch nicht gleich kultursensibel in Jahresendfeier umbenannt werden.

Sektlaune kann den Arbeitsplatz kosten

Auf Weihnachtsfeiern geht es zu vorgerückter Stunde bisweilen hoch her. Der Wein wird nachgeschenkt, die Stimmung ist leutselig, doch plötzlich ergibt ein Wort das andere und schon lässt man den über das Jahr angestauten Frust am Vorgesetzten aus. Das kann zur fristlosen Kündigung führen. Das musste ein Schweißer erfahren, der auf der Weihnachtsfeier seinen Vorgesetzen vor der Belegschaft als "Arschloch" und "arme Sau" bezeichnet hatte, der "nicht ficken und nicht saufen könne".

Bei solchen Schlägen tief unter die Gürtellinie kannte das LAG Hamm keine Gnade. Nach Auffassung der Richter waren die Ehrverletzungen so erheblich, dass die außerordentliche Kündigung gerechtfertigt war, auch wenn die Weihnachtsfeier nicht während der Arbeitszeit stattgefunden hatte.

Es half dem Schweißer nicht, dass er sich auf einen "Blackout" berief. Kollegen hatten übereinstimmend bekundet, der Kollege habe auf sie nicht volltrunken gewirkt (LAG Hamm, Urt. v. 30.06.2004, Az. 18 Sa 836/04).

Nur Flirten ist erlaubt

Weihnachten mag das Fest der Besinnung sein, die Feier im Betrieb ist dagegen ausgelassen. Es darf getrunken, getanzt und geflirtet werden und das ganz ohne den lästigen Ehegatten. Da liegt es nahe, den Kolleginnen oder den Kollegen auch ein wenig körperlich nahe zu kommen.

Unwissen schützt allerdings vor Strafe nicht: Wer seine Worte oder Hände nicht im Zaum hat, riskiert im Zweifel eine Kündigung, denn beides kann eine sexuelle Belästigung im Sinne von § 3 Abs.4 AGG sein. Ein Mann, der der Kollegin beim Schmücken des Weihnachtsbaumes um die Hüften fasste, durfte gefeuert werden, da er sich schon vorher nicht mit Ruhm bekleckert und die Mitarbeiterin gefragt hatte, welche Stellung sie denn bevorzuge.

Das  Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hatte dabei zudem zu berücksichtigen, dass das nicht die einzigen sexuellen Belästigungen durch den Angestellten gewesen waren (Urt. v. 24.10.2007, Az. 8 Sa 125/07).

Kein Unfallschutz im kleinen Kreis

Auch wenn es schwerfällt: Irgendwann ist jede Feier beendet. Wer dann noch in kleinem Kreise weiterfeiert, für den gewährt die gesetzliche Unfallversicherung  keinen Unfallschutz. Ein Verwaltungsangestellter hatte an einer Weihnachtsfeier mit 25 Mitarbeitern teilgenommen und fand kein Ende. Um 1:30 Uhr waren  außer dem Angestellten nur noch ein Amtsleiter und das Pächterehepaar des Veranstaltungsortes anwesend.

Um drei Uhr morgens zog sich der Behördenmitarbeiter auf dem Weg zur Toilette eine schwere Verletzung zu. Die gesetzliche Unfallversicherung wollte für diesen Schaden nicht eintreten. Zu Recht, wie das LSG Hessen befand: Die Weihnachtsfeier sei beendet gewesen, danach sei man nur noch privat beisammen gewesen, so dass der Unfall auf dem Gang zur Toilette nicht versichert gewesen sei (Urt. v. 26.02.2008, Az. L 3 U 71/06).

Ähnlich ergeht es den Kollegen, die nach dem Ende der Feier noch einen kleinen Zug durch die Stadt machen – sie verlieren ihren Versicherungsschutz. Unfallversichert ist nur, wer auf direktem Wege von der Feier nach Hause fährt (LSG Nordrhein Westfalen, Urt. v. 07.10.2005, Az. L 4 U 103/04).

Wer also ein paar grundlegende Verhaltensregeln beachtet, kann auf der Weihnachtsfeier nichts falsch machen. Andererseits, wie  sagte Oscar Wilde: "Gute Erziehung hat einen entscheidenden Nachteil – sie schließt einen von so vielem aus."

Der Autor Christian Oberwetter, Rechtsanwalt und Maître en droit, ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und IT-Recht in Hamburg.

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

Christian Oberwetter, Die Weihnachtsfeier: . In: Legal Tribune Online, 15.12.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7800 (abgerufen am: 21.05.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Arbeitsrecht
    • Diskriminierung
    • Weihnachten
Polizeimitarbeiter in Uniform nimmt DNA-Spuren 16.05.2025
DNA-Analyse

Justizminister wollen DNA-Analyse erweitern:

"Der Vor­schlag ist ras­sis­tisch"

Anwaltsverbände sind empört: Die Länderjustizchefs wollen sich Anfang Juni für die hochumstrittene "biogeografische DNA-Analyse" aussprechen. Bei der Suche nach Straftätern könnten dann auch Aussagen über deren Herkunft getroffen werden. 

Artikel lesen
Trump steht mit ernstem Blick, bereit für eine Presseansprache. Hintergrund: US-Flagge, Sicherheitsbeamter. Thema: Trans-Verbot beim Militär. 07.05.2025
Transsexuelle

Trump obsiegt vor US-Supreme Court:

Weg für Trans-Verbot beim Militär ist frei

Der US-Supreme Court hat grünes Licht für ein umstrittenes Dekret von Präsident Donald Trump gegeben: Transpersonen dürfen vorerst vom Militärdienst ausgeschlossen werden. 

Artikel lesen
Kartei mit Aufschrift "Pension" 26.03.2025
Richter

VG Berlin verneint Altersdiskriminierung:

Richter muss mit 65 Jahren in den Ruhe­stand gehen

Ob man will oder nicht: Ist man im Jahr 1960 oder früher geboren, hat man als Berliner Richter mit 65 Jahren die Pensionsaltersgrenze erreicht und muss den richterlichen Dienst verlassen. Das hat das VG klargestellt.

Artikel lesen
Dietrich Hülsemann beim Bundesverfassungsgericht 25.03.2025
Notare

BVerfG zur Altersgrenze für Notare:

Arbeiten ver­boten?

Der Notar Dietrich Hülsemann will die starre Altersgrenze für Notare zu Fall bringen. Der Amtsverlust ab dem 70. Lebensjahr sei verfassungswidrig. An diesem Dienstag verhandelte das Bundesverfassungsgericht. Christian Rath war dabei.

Artikel lesen
Reem Alabali-Radovan 13.03.2025
Rassismus

Auslegungshilfe für Verwaltung und Gerichte:

Deut­sch­land hat eine "Ras­sismus"-Defini­tion

Ein zwölfköpfiges Expertengremium brütete seit Sommer 2023 darüber, jetzt ist sie fertig: Anfang der Woche präsentierte die Bundesbeauftragte für Antirassismus, Alabali-Radovan, eine Auslegungshilfe für Behörden, wann Rassismus vorliegen soll.

Artikel lesen
Das Bild zeigt das Wort "Gegendarstellung" prominent auf blauem Hintergrund, was eine rechtliche Antwort anzeigt. 19.02.2025
Medien

Schertz Bergmann Rechtsanwälte PartG mbB:

Gegen­dar­stel­lung

Gegendarstellung von Schertz Bergmann Rechtsanwälte PartG mbB zum Artikel: “Bundeskanzler wehrt sich gegen Rassismus-Vorwurf: Hat der Focus Olaf Scholz falsch zitiert?” vom 15.02.2025.

Artikel lesen
ads lto paragraph
lto karriere logo
ads career people

Wir haben die Top-Jobs für Jurist:innen

Jetzt registrieren
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Neu­rup­pin

Logo von Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern
Ju­ris­ti­sche Mit­ar­bei­ter | Ar­beits­recht | Mün­chen

Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern , Mün­chen

Logo von Dentons
Rechts­an­walt (m/w/d) Ar­beits­recht

Dentons , Ber­lin

Logo von VirchowBund
Ver­bands­ju­rist / Ver­bands­ju­ris­tin (m/w/d)

VirchowBund , Ber­lin

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Pots­dam

Logo von Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern
Re­fe­ren­da­re | Ar­beits­recht | Mün­chen

Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern , Mün­chen

Logo von CMS Deutschland
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) für den Be­reich Ar­beits­recht

CMS Deutschland , Köln

Logo von HEUKING
Ar­beits­recht - Rechts­an­wäl­te w/m/d mit ers­ter Be­ruf­s­er­fah­rung oder...

HEUKING , Ham­burg

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
Logo von Hagen Law School in der iuria GmbH
Fortbildung Sozialrecht im Selbststudium/ online

30.05.2025

RAV-Kongress: AufRecht. Solidarisch in autoritären Zeiten

13.06.2025, Leipzig

Unternehmensumwandlungen: Umwandlung eines Einzelunternehmens in eine GmbH

03.06.2025

Logo von Deutscher Anwaltverein
Deutscher Anwaltstag 2025 in Berlin

02.06.2025, Berlin

Logo von Hengeler Mueller
LL.M. Farewell Dinner

03.07.2025, Frankfurt am Main

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH