Die Vorweihnachtszeit geht nicht nur mit Schneeflocken, Weihnachtsmärkten und Glühwein einher. Auch in den Unternehmen feiert die Belegschaft. Die Folgen der Weihnachtsfeier aber landen ziemlich häufig vor den Arbeitsgerichten. Kein Wunder, meint Christian Oberwetter. Er erklärt, was vorweihnachtlich milde verzeihlich ist und was rechtlich relevant.
"Früher war mehr Lametta", heißt es bei Loriot. Das denkt so mancher Arbeitnehmer und fragt sich, ob er an der Weihnachtsfeier überhaupt teilnehmen muss. Findet das Fest während der Arbeitszeit statt, besteht eine Teilnahmepflicht. Wer ohne Entschuldigung nicht erscheint, kann dafür sogar abgemahnt werden. Aber zur Weihnachtszeit wird wohl kaum ein Chef das tun.
Darf man aber in Zeiten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) überhaupt jeden Mitarbeiter einladen? Stellt die Einladung zur Weihnachtsfeier gar eine Diskriminierung von Nichtchristen dar? Dem Atheisten wird’s egal sein, denn frei nach Nietzsche ist das Fest Heidentum par excellence. Wie steht es aber mit Muslimen? Man wird kaum die Einladung zu einem Fest als Diskriminierung ansehen können, wohl aber die Nichteinladung. Anders- und Nichtgläubige sollten also ausdrücklich ein- und nicht ausgeschlossen werden. Deshalb muss die Weihnachtsfeier jedoch nicht gleich kultursensibel in Jahresendfeier umbenannt werden.
Sektlaune kann den Arbeitsplatz kosten
Auf Weihnachtsfeiern geht es zu vorgerückter Stunde bisweilen hoch her. Der Wein wird nachgeschenkt, die Stimmung ist leutselig, doch plötzlich ergibt ein Wort das andere und schon lässt man den über das Jahr angestauten Frust am Vorgesetzten aus. Das kann zur fristlosen Kündigung führen. Das musste ein Schweißer erfahren, der auf der Weihnachtsfeier seinen Vorgesetzen vor der Belegschaft als "Arschloch" und "arme Sau" bezeichnet hatte, der "nicht ficken und nicht saufen könne".
Bei solchen Schlägen tief unter die Gürtellinie kannte das LAG Hamm keine Gnade. Nach Auffassung der Richter waren die Ehrverletzungen so erheblich, dass die außerordentliche Kündigung gerechtfertigt war, auch wenn die Weihnachtsfeier nicht während der Arbeitszeit stattgefunden hatte.
Es half dem Schweißer nicht, dass er sich auf einen "Blackout" berief. Kollegen hatten übereinstimmend bekundet, der Kollege habe auf sie nicht volltrunken gewirkt (LAG Hamm, Urt. v. 30.06.2004, Az. 18 Sa 836/04).
Nur Flirten ist erlaubt
Weihnachten mag das Fest der Besinnung sein, die Feier im Betrieb ist dagegen ausgelassen. Es darf getrunken, getanzt und geflirtet werden und das ganz ohne den lästigen Ehegatten. Da liegt es nahe, den Kolleginnen oder den Kollegen auch ein wenig körperlich nahe zu kommen.
Unwissen schützt allerdings vor Strafe nicht: Wer seine Worte oder Hände nicht im Zaum hat, riskiert im Zweifel eine Kündigung, denn beides kann eine sexuelle Belästigung im Sinne von § 3 Abs.4 AGG sein. Ein Mann, der der Kollegin beim Schmücken des Weihnachtsbaumes um die Hüften fasste, durfte gefeuert werden, da er sich schon vorher nicht mit Ruhm bekleckert und die Mitarbeiterin gefragt hatte, welche Stellung sie denn bevorzuge.
Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hatte dabei zudem zu berücksichtigen, dass das nicht die einzigen sexuellen Belästigungen durch den Angestellten gewesen waren (Urt. v. 24.10.2007, Az. 8 Sa 125/07).
Kein Unfallschutz im kleinen Kreis
Auch wenn es schwerfällt: Irgendwann ist jede Feier beendet. Wer dann noch in kleinem Kreise weiterfeiert, für den gewährt die gesetzliche Unfallversicherung keinen Unfallschutz. Ein Verwaltungsangestellter hatte an einer Weihnachtsfeier mit 25 Mitarbeitern teilgenommen und fand kein Ende. Um 1:30 Uhr waren außer dem Angestellten nur noch ein Amtsleiter und das Pächterehepaar des Veranstaltungsortes anwesend.
Um drei Uhr morgens zog sich der Behördenmitarbeiter auf dem Weg zur Toilette eine schwere Verletzung zu. Die gesetzliche Unfallversicherung wollte für diesen Schaden nicht eintreten. Zu Recht, wie das LSG Hessen befand: Die Weihnachtsfeier sei beendet gewesen, danach sei man nur noch privat beisammen gewesen, so dass der Unfall auf dem Gang zur Toilette nicht versichert gewesen sei (Urt. v. 26.02.2008, Az. L 3 U 71/06).
Ähnlich ergeht es den Kollegen, die nach dem Ende der Feier noch einen kleinen Zug durch die Stadt machen – sie verlieren ihren Versicherungsschutz. Unfallversichert ist nur, wer auf direktem Wege von der Feier nach Hause fährt (LSG Nordrhein Westfalen, Urt. v. 07.10.2005, Az. L 4 U 103/04).
Wer also ein paar grundlegende Verhaltensregeln beachtet, kann auf der Weihnachtsfeier nichts falsch machen. Andererseits, wie sagte Oscar Wilde: "Gute Erziehung hat einen entscheidenden Nachteil – sie schließt einen von so vielem aus."
Der Autor Christian Oberwetter, Rechtsanwalt und Maître en droit, ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und IT-Recht in Hamburg.
Christian Oberwetter, Die Weihnachtsfeier: . In: Legal Tribune Online, 15.12.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7800 (abgerufen am: 03.12.2024 )
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