Fußballspiele oder Musikfestivals: Rund um beliebte Events hoffen Schwarzhändler auf den schnellen Euro. Auch die, die auf dem Zweitmarkt kein Geld verdienen wollen, müssen sich in Acht nehmen. Was droht, erläutert Arno Metz.
LTO: Herr Metz, in wenigen Tagen beginnt das legendäre Metal-Festival Wacken. Die Karten kosteten knapp 300 Euro und waren schnell ausverkauft. Der Veranstalter warnt auf seiner Website vor Schwarzmarkthandel. Ihre Kanzlei würde die Ansprüche konsequent verfolgen. Was droht den Verkäufern?
Rechtsanwalt Arno Metz LL.B.: Die Verkäufer müssen damit rechnen, dass sie ein Schreiben von uns bekommen, in dem unter Hinweis auf die AGB des Veranstalters – die WOA Festival GmbH - eine Vertragsstrafe bis zu 2.500 Euro verhängt wird. Die konkrete Höhe bemisst sich anhand der Umstände des Einzelfalls. Wenn klar ist, dass der Verkäufer damit vor allem Geld verdienen will, dann sind wir kompromisslos und kalkulieren u.a. auch den erzielten Gewinn noch mit ein.
Wenn hingegen offensichtlich ist, dass dem ursprünglichen Käufer nur kurzfristig etwas Privates dazwischengekommen ist, belassen wir es manchmal bei einer "gelben Karte".
Wacken: Weniger illegaler Zweitmarkt dieses Jahr
Was erwartet der Wacken-Veranstalter von Ihnen? Volle Härte?
Der Veranstalter hat sich viel Mühe gegeben, sich den guten Ruf seines Festivals durch Schwarzmarkthändler nicht kaputt machen zu lassen. Mit Erfolg: Das strenge Verfolgen dieser Fälle in den vergangenen Jahren hat Wirkung gezeigt. Anders als vor Corona gab es hier in diesem Jahr wenig illegalen Zweitmarkt, gegen den wir vorgehen mussten.
Was sind für Sie die Indizien, dass es einem Verkäufer auf dem Zweitmarkt in erster Linie ums Geldverdienen geht?
Zum Beispiel wenn die Angebote bereits unmittelbar nach Beendigung des offiziellen Vorverkaufsstart auf eBay und Co. zum Verkauf eingestellt werden. Und wenn es sich um Auktionen handelt, so dass der Preis bis theoretisch ins Astronomische klettern kann. Nur noch einmal zur Klarstellung: Motiv unserer Mandanten, uns einzuschalten, ist ja nicht, einem verhinderten Ticketinhaber das Leben schwer zu machen, sondern in erster Linie, gewerblichen Händlern das Handwerk zu legen.
Was droht den Käufern, die auf Ebay oder Kleinanzeigen ein Ticket erworben haben?
Wenn es dumm läuft, stehen sie in voller Vorfreude mit Sack und Pack vor den Festivaltoren und müssen dann feststellen, dass ihnen der Einlass verwehrt wird, weil das Ticket gesperrt wurde. Daher lautet an dieser Stelle meine Empfehlung, die offiziellen Zweitverkaufsbörsen zu nutzen, die viele Veranstalter eingeführt haben. Wacken zum Beispiel, aber auch viele Bundesligaclubs machen das mittlerweile. Wenn man verhindert ist, kann man sein Ticket dort einstellen und zum Originalpreis zum Verkauf anbieten. Für alle Beteiligten eine rundum sichere Angelegenheit.
Vor dem Kauf auf dem Schwarzmarkt muss man übrigens auch deshalb warnen, weil es sich manchmal gar nicht um originale, sondern um gefälschte Karten handelt. Auch stimmt stellenweise der angegebene Block nicht. Bei einem Kauf z.B. über die Ticket-Vermittler Viagogo passiert das immer wieder.
"Wir monitoren die gängigen Plattformen"
Wie muss man sich das vorstellen: Haben Sie von ihren Mandanten den Auftrag bekommen, regelmäßig die einschlägigen, unautorisierten Zweitmarkt-Plattformen zu scannen?
Im Prinzip ja. Wir monitoren die gängigen Plattformen schauen uns dann jedes einzelne Angebot an, ob und wie gegen die AGB der einzelnen Mandanten verstoßen wurde. In Abstimmung mit diesen wird dann für jeden Fall gesondert entschieden, welches Vorgehen angemessen, aber auch notwendig ist. Vielen Mandanten geht es insbesondere um die Aufklärung und den Schutz der eigenen Anhängerschaft vor überzogenen Ticketpreisen.
Gehen Sie in diesem Zusammenhang auch juristisch gegen die unautorisierten Plattform-Betreiber vor, auf denen die Tickets verkauft werden?
Grundsätzlich geht es hier um Vertragsverletzungen im Verhältnis Veranstalter und Erstkäufer. Damit haben Ebay und Co. nichts zu tun.
"Eine Vielzahl von Verfahren gegen Viagogo"
Wie kann es eigentlich sein, dass eine Plattform wie Viagogo, die offensichtlich den Schwarzmarkt zum Geschäftsmodell gemacht hat, in Deutschland schalten und walten kann, wie es mag?
Viagogo ist nach eigenen Angaben eine reine Verkaufsplattform und vertreibt selbst keine Eintrittskarten. Diese Tätigkeit ist zunächst weder verboten noch unlauter. Erfolgsrezept ist bestimmt die prominente Platzierung von Viagogo, sobald Verbraucher über Suchmaschinen Eintrittskarten suchen.
Viagogo suggeriert einen gewissen Kaufdruck (Countdown, Angaben zur Verfügbarkeit von Eintrittskarten), sodass Kunden den oft viel zu überteuerten Kauf direkt abschließen. Kommen die erworbenen Tickets dann nicht oder sind ungültig, müssen Kunden viel Geld und Zeit investieren, um ihre Rechte tatsächlich durchzusetzen, da sich die Rechtsdurchsetzung aufgrund des Sitzes der Viagogo AG in der französisch-sprachigen Schweiz nicht einfach gestaltet.
Für unsere Mandanten schauen wir Viagogo aber genau auf die Finger, wenn es um die Form der Angebote geht. Zuletzt haben wir die Darstellung falscher Stadionpläne in den Angeboten untersagen lassen. Zudem gibt es gesetzliche Informationspflichten für Online-Marktplätze, die von Viagogo mehr oder weniger eingehalten werden. Aufgrund dessen und diverser anderer Verstöße gegen Wettbewerbsrecht haben wir schon eine Vielzahl an Verfahren gegen den Anbieter geführt. Auch einzelne Verbraucherschutzzentralen gehen gegen Viagogo vor.
"Reger Schwarzmarkt rund um Heimspiele des FC Union Berlin"
Zu ihren Mandanten zählen diverse Fußball-Bundesligisten, Bands wie die Toten Hosen und Die Ärzte sowie neuerdings auch der Veranstalter der NFL-Football-Spiele in Deutschland. Zwei finden in diesem Jahr in Frankfurt stattfinden, die bereits ausverkauft sind. Wo sind Schwarzmarkthändler am umtriebigsten?
Rund um das NFL-Spiel im vergangenen Jahr in München hat es einen massiven Schwarzmarkt gegeben. Die Käufer waren bereit, horrende Preise für ein Ticket zu bezahlen. Damit das in diesem Jahr nicht wieder passiert, hat uns der Veranstalter der Spiele mandatiert. Und ich muss sagen: Wir haben hier jede Menge zu tun. Nachdem die Spiele mit den Kansas City Chiefs und den New England Patriots ausverkauft waren, gab es sofort die ersten Angebote auf Ebay, Viagogo und Co. Manche Verkäufer wollen sich mit dem Gewinn wohl ihren nächsten Malediven-Urlaub finanzieren.
Zu unseren Fußball-Mandanten zählen u.a. der VfB Stuttgart und seit kurzem auch der FC Union Berlin. Rund um einige Heimspiele der beiden Vereine gab es in der vergangenen Saison einen regen Schwarzmarkt. In der zweiten Bundesliga war es beim 1.FC Kaiserslautern sehr auffällig.
In der Fußball-Bundesliga droht Verkäufern auch ein Stadionverbot.
Das bleibt den Vereinen überlassen, wie sie damit umgehen. Verkauft ein Dauerkarteninhaber zu überhöhtem Preis zum Beispiel den Einlass zu einem Spiel, kann es sein, dass er seine Vorkaufsrechte verliert. Es hängt tatsächlichen von den Umständen des Einzelfalls ab.
Herr Metz, Hand aufs Herz: Haben Sie sich schon mal ein Ticket auf dem illegalen Zweitmarkt besorgt?
Vor dem Stadion eines ausverkauften Spiels ist das schon mal vorgekommen. Aber das war natürlich, bevor ich mich als Anwalt um diese Sachverhalte gekümmert habe.
Herzlichen Dank für das Gespräch.
Arno Metz, LL.B., arbeitet als Rechtsanwalt in der Kanzlei SCHÜTZ Rechtsanwälte mit Sitz in Karlsruhe. Ein Schwerpunkt der Kanzlei ist der Kampf gegen den Schwarzmarkt. Zu den Mandanten zählen namhafte Sportvereine, Musik-Veranstalter, aber auch Betreiber von Festzelten auf dem Münchener Oktoberfest.
Ticket-Schwarzmarkt vor Events wie dem Wacken-Festival: . In: Legal Tribune Online, 28.07.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52373 (abgerufen am: 10.10.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag