Wann für Drucker und PCs eine Geräteabgabe gezahlt werden muss, ist schon länger ein juristischer Zankapfel. Das aktuelle Verfahren hat der BGH erst einmal ausgesetzt, um dem Gerichtshof der Europäischen Union einige Fragen vorzulegen, etwa ob überhaupt "Vervielfältigungen" vorliegen. Die rechtlichen Folgen werden sich allerdings in Grenzen halten, meint André Niedostadek.
Die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort), ein Zusammenschluss von Autoren und Verlagen zur gemeinsamen Verwertung von Urheberrechten, hatte gegen verschiedene Hersteller beziehungsweise Importeure von Druckern und PCs geklagt. Konkret ging es um die Zahlung einer Vergütung für solche Geräte, eine so genannte Geräteabgabe.
Mit dieser Frage mussten sich in der Vergangenheit schon die Oberlandesgerichte in Stuttgart, München und Düsseldorf befassen. Teils gaben sie dabei den Klagen statt, teils wiesen sie sie ab.
Vor dem Bundesgerichtshof (BGH) hatten sämtliche Klagen zunächst keinen Erfolg. Wohlgemerkt zunächst, denn vor einem guten halben Jahr landete die Frage dann auch vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Dieses hob die Entscheidungen des BGH auf und verwies die Sache zurück an den BGH (Beschl. v. 21.12.2010, Az. 1 BvR 2742/08). Nun waren also wieder die obersten Zivilrichter am Zug, die Karten schienen damit neu gemischt.
BGH: PC und Drucker nicht mit Fotokopiergerät vergleichbar
Am Donnerstag hat der für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des BGH das Verfahren allerdings erst einmal ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur urheberrechtlichen Verfügungspflicht zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Ganz überraschend kommt das im Grunde genommen nicht: Schon das BVerfG hatte seinerzeit dem BGH mit auf den Weg gegeben, die europäische Rechtslage nicht aus dem Auge zu verlieren. Dabei geht es um die Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft.
Hier hatte das BVerfG unter anderem Bezug genommen auf eine kurz zuvor ergangene Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu einer spanischen Regelung für Geräte- und Speichermedienabgaben (C-467/08 "Padawan" vom 21. Oktober 2010). Diese ist zwar nicht genau vergleichbar; allerdings hatten die Luxemburger Richter die Regelung seinerzeit für nicht europarechtskonform erklärt.
Hierzulande ist natürlich erst einmal das Urheberrechtsgesetz (UrhG) anzuwenden. Dabei geht um einen bis 2007 geltenden Vergütungsanspruch nach § 54a Abs. 1 Satz 1 UrhG (alte Fassung).
Die Regelung gab dem Urheber eines Werkes einen Vergütungsanspruch gegen den Hersteller, den Importeur und den Händler von Geräten. Voraussetzung war, dass diese Geräte dazu bestimmt sind, ein Werk durch Ablichten oder in einem vergleichbaren Verfahren zu vervielfältigen. Dahinter stand der Gedanke, dem Urheber einen Ausgleich dafür zu bieten, dass Vervielfältigungen seines Werkes zum eigenen Gebrauch unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne seine Zustimmung zulässig sind.
Für den BGH stellen sich europarechtlich gleich mehrere Fragen. Zum einen geht es darum, ob es sich bei einer Vervielfältigung mittels Druckern und PCs auch um Vervielfältigungen im Sinne der genannten Richtlinie handelt. Dabei – so der BGH – müssen man wohl differenzieren. Maßgeblich sei, innerhalb welcher Geräteketten Drucker und PCs zur Vornahme von Vervielfältigungen verwendet würden. Mit einer aus Scanner, PC und Drucker bestehenden Gerätekette könnten Vervielfältigungen wie mit einem herkömmlichen Fotokopiergerät hergestellt werden. Bei einer nur aus PC und Drucker bestehenden so genannten Funktionseinheit sei das hingegen nicht der Fall: Damit könnten nur digitale Vorlagen vervielfältigt werden.
Auf Vergütungspflicht folgt Frage, wie viel gezahlt werden muss
Eine weitere Frage betrifft die Anforderungen der Richtlinie an einen gerechten Ausgleich für Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht (Art. 5 Abs. 2 und 3). Hier möchte der BGH wissen, ob diese Anforderungen auch dann erfüllt sein können, wenn nicht die Hersteller, Importeure und Händler der Drucker oder der PCs den gerechten Ausgleich der Rechtsinhaber zu finanzieren haben, sondern die Hersteller, Importeure und Händler eines anderen Geräts oder mehrerer anderer Geräte.
Dabei weist der BGH auf die bislang vertretene Auffassung hin, wonach grundsätzlich nur für das Gerät einer solchen "Funktionseinheit" nach § 54a Abs. 1 UrhG bezahlt werden muss, das am deutlichsten dazu bestimmt ist, zusammen mit den anderen Geräten wie ein Vervielfältigungsgerät eingesetzt zu werden. In einer aus Scanner, PC und Drucker bestehenden Funktionseinheit sei dies der Scanner.
Damit aber noch nicht genug: Sollten Drucker und PCs dem Grunde nach zu den vergütungspflichtigen Vervielfältigungsgeräten gehören, stellen sich nach Auffassung des BGH überdies Auslegungsfragen zur Bemessung der Vergütungshöhe: Müssen oder dürfen die Mitgliedstaaten für Einschränkungen des Vervielfältigungsrechts einen im Sinne der Richtlinie gerechten Ausgleich zugunsten der Rechtsinhaber auch dann vorsehen, wenn die Rechtsinhaber einer Vervielfältigung ihrer Werke ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten zugestimmt haben?
Wie auch immer der Europäische Gerichtshof entscheiden wird, die Konsequenzen dürften sich in Grenzen halten – wenn auch für die Verfahrensbeteiligten nicht wirtschaftlich, so aber doch rechtlich. Im Grunde ist die Rechtsfrage nämlich kalter Kaffee: Seit Anfang 2008 besteht nach § 54 Abs. 1 UrhG ein Vergütungsanspruch hinsichtlich sämtlicher Gerätetypen, die zur Vornahme von bestimmten Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch benutzt werden. Allerdings war diese Regelung auf die hier in Rede stehenden Altfälle noch nicht anzuwenden.
Der Autor Prof. Dr. André Niedostadek lehrt Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialrecht an der Hochschule Harz.
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André Niedostadek, Vergütungspflicht von Druckern und PCs: . In: Legal Tribune Online, 21.07.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3825 (abgerufen am: 13.12.2024 )
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