Wie bekomme ich ein besseres Zeugnis vom Arbeitgeber? Was tun, wenn der Vermieter die Untervermietung verweigert? Wie verspätet muss der Flieger sein, damit man Entschädigung fordern kann? Solche Fragen drohen Juristen ständig – egal womit sie sich tagsüber beschäftigen. Antworten zum Recht im Alltag gibt Teil zwei unserer mit der Redaktion von Rechtipps.de entwickelten Übersicht.
1/3: Zeugnis: Besser als befriedigend muss Arbeitnehmer beweisen
Ein Arbeitnehmer muss für ein Arbeitszeugnis mit der Note "gut" beweisen, dass er überdurchschnittliche Leistungen erbracht hat, entschied das BAG (Urt. v. 18.11.2014, Az. 9 AZR 584/13). Obwohl mittlerweile viele Arbeitgeber fast immer bessere Noten vergeben als ein befriedigend, bleibt dieses die Norm; "zu unserer vollen Zufriedenheit" entspricht der vom Arbeitnehmer grundsätzlich geschuldeten Leistung mittlerer Art und Güte, befanden die obersten Arbeitsrichter. Wer besser bewertet werden will, muss beweisen, dass er besser gearbeitet hat.
Arbeitgeber darf Fortbildungskosten bei Kündigung nicht immer zurückfordern
Fortbildungskosten, welche der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer übernimmt, muss dieser auch bei seiner Kündigung nicht in jedem Fall erstatten. Will oder kann der Arbeitgeber die durch die geförderte Fortbildung erlangte Qualifikation seines Mitarbeiters nicht nutzen, ist eine lange Bindung an das Unternehmen nicht gerechtfertigt. Die formularmäßig vereinbarte Bindung von drei Jahren unabhängig vom Kündigungsgrund, bis eine Rückzahlungspflicht nicht mehr bestanden hätte, erklärte das Bundesarbeitsgericht für unwirksam (BAG, Urt. v. 18.03.2014, Az. 9 AZR 545/12).
Ausländischer Arbeitnehmer unterschreibt deutschsprachigen Arbeitsvertrag auf eigenes Risiko
Wer als ausländischer Arbeitnehmer kein Deutsch spricht oder versteht und dennoch einen in deutscher Sprache verfassten Arbeitsvertrag unterschreibt, tut dies auf eigenes Risiko (BAG, Urteil vom 19.3.2014, 5 AZR 252/12 (B)). Denn der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, einen solchen Vertrag zu unterschreiben. Er kann um Übersetzung bitten oder ihn selbst übersetzen lassen. Der Arbeitgeber muss diesen jedoch nicht übersetzen. Versäumt der Arbeitnehmer aus Unkenntnis die Geltendmachung von Ansprüchen innerhalb der vertraglichen Verfallsfrist, geht das zu seinen Lasten.
Geduldete Überstunden müssen bezahlt werden
Arbeitnehmer können die Bezahlung von Überstunden auch dann verlangen, wenn ihr Arbeitgeber diese zwar nicht ausdrücklich angeordnet, aber geduldet hat, meint das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (Urt. v. 22.1.2014, Az. 2 Sa 180/13). Er muss also Kenntnis von den Überstundenleistungen gehabt und keine Maßnahmen ergriffen haben, um sie zu unterbinden. Die 150 Überstunden, die eine Altenpflegerin innerhalb eines Jahres angesammelt hatte und auf Grundlage von Wochenarbeits- und Tourenplänen auch nachweisen konnte, musste ihr Arbeitgeber daher bezahlen.
2/3: Untervermietung: Verweigerte Erlaubnis kann teuer werden
Verweigert ein Vermieter unberechtigterweise die Untermieterlaubnis, verletzt er damit schuldhaft seine mietvertraglichen Pflichten und ist zur Zahlung des Schadens verpflichtet, der dem Mieter vor entsteht, vor allem des entgangenen Mietzinses, urteilte der BGH (BGH, Urt. v. 11.06.2014, Az. VIII ZR 349/13). Der VIII. Senat gab damit Mietern Recht, die für ein Jahr aus beruflichen Gründen ins Ausland gingen. Die Vermieterin, welche die Zustimmung zur Untervermietung von zwei der drei Zimmer ohne ausreichende Begründung verweigerte, musste deshalb 7.475 Euro entgangene Miete als Schadensersatz zahlen.
Übrigens umfasst die Erlaubnis zur Vermietung einer Wohnung an Dritte nicht automatisch die Zustimmung, diese auch an Touristen zu vermieten (BGH, Urt. v. 08.01.2014, Az. VIII ZR 210/13). Die Überlassung einer Wohnung an beliebige Touristen unterscheide sich erheblich von einer gewöhnlichen Untervermietung, entschied der VIII. Senat im Januar.
Aber: Die Untervermietung an Touristen bedarf laut BGH einer besondereren Genehmigung.
Mischmietverhältnisse: Im Zweifel Wohnraummiete
Wer in einem Haus zugleich wohnt und arbeitet, kann sich im Zweifel auf das Wohnraummietrecht berufen, befand der BGH (Urt. v. 20.07.2014, Az. Az. VIII ZR 376/13). Der VIII. Zivilsenat stellte klar, dass immer eine Einzelfallprüfung stattfinden muss, um zu ermitteln, ob Gewerbe- oder Wohnraummiete im Vordergrund des Vertrags steht. Führt der Vergleich von Vertragsmustern, Flächenanteilen und Anteilen der Miete auf die jeweils zum Wohnen oder Arbeiten genutzte Fläche nicht zu einem eindeutigen Ergebnis, gilt die Zweifelsregel. Dinfachere Kündigungsmöglichkeit für Gewerberäume ist dann ausgeschlossen, da andernfalls der Schutz der Mieter ausgehöhlt würde.
WEG: Notwendige Sanierungen müssen alle zahlen
Kosten für notwendige Sanierungen eines Gebäudes im Gemeinschaftseigentum sind von allen Eigentümern gemeinsam zu tragen, selbst wenn sie von den Mängeln gar nicht direkt betroffen sind. Ein einzelner Wohnungseigentümer kann die Sanierung von der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) verlangen, wenn diese zwingend erforderlich ist und sofort erfolgen muss, meint der BGH (Urt. v. 17.10.2014, V ZR 9/14). Das gilt unabhängig von der finanziellen Leistungsfähigkeit oder dem Alter einzelner Eigentümer. Wer sich weigert zu zahlen, kann sogar zu Schadensersatz verpflichtet sein. In einem Haus mit drei Wohnungen war die Kellerwohnung aufgrund feuchter der Wände unbewohnbar. Obwohl diese nur dem Eigentümer der Kellerwohnung zugute kommt, müssen alle Eigentümer die Sanierung zahlen. Können einzelne von ihnen ihren Anteil nicht aufbringen, müssen sie ihr Eigentum notfalls veräußern.
Störung in der WEG: Nach Beschluss kann nur noch die Gemeinschaft klagen
Hat die WEG mehrheitlich beschlossen, gegen einen der Nachbarn vorzugehen, kann nur noch die Gemeinschaft Schritte gegen diesen einleiten, entschied der BGH (Urt. v. 05.12.2014, Az. V ZR 5/14). Auch wenn sich das lange hinzieht oder aus anderen Gründen nach dem Beschluss erst einmal nichts mehr passiert, kann ein einzelner Wohnungsinhaber nichts mehr gegen den Störer unternehmen. Der V. Zivilsenat wies die Klage eines Eigentümers ab, der seinen Nachbarn auf Unterlassung und Beseitigung eines Bordellbetriebs in den Räumlichkeiten verklagt hatte, nachdem der von der WEG aufgrund Mehrheitsbeschlusses damit beauftragte Anwalt die Klage noch nicht eingereicht hatte. Der Eigentümer hätte sich dennoch – noch einmal - an die WEG wenden und von dieser verlangen müssen, dass sie Klage einreicht, so die Karlsruher Richter.
3/3: Pauschalreisen: Maximal 20 Prozent Anzahlung
Reiseveranstalter dürfen für Pauschalreisen maximal 20 Prozent des Reisepreises als Anzahlung verlangen, entschied der BGH (Urt. v. 09.12.2014, Az. X ZR 85/12, X ZR 13/14 und X ZR 147/13). Nur in begründeten Ausnahmefällen darf mehr verlangt werden, wenn der Veranstalter den Bedarf konkret nachweisen kann. Den vollständigen Reisepreis darf er erst 30 Tage vor Beginn der Reise fällig stellen, die Pauschale für Stornierungen bis zum diesem Zeitpunkt darf maximal 20 % des Reisepreises betragen. Wer mehr verlangt, muss die genauen Gründe für höhere Stornogebühren darlegen.
Flug-Verspätung : tatsächliche Ankunftszeit bei geöffneter Tür
Ob ein Flug mehr als drei Stunden Verspätung hat und die Passagiere damit nach EU-Recht Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung haben, richtet sich danach, wann mindestens eine der Flugzeugtüren geöffnet wird. Dies sei die tatsächliche Ankunftszeit eines Fluges, entschied der Europäische Gerichtshof (Urt. v. 04.09.2014, AZ. C.452/13). Die Richter in Luxemburg erteilten damit German Wings eine Absage. Die Fluggesellschaft hatte argumentiert, die Verspätung habe nur – nicht entschädigungsrelevante - 2:58 Stunden betragen, als die Räder des Fliegers aufsetzten.
Insolventer Reiseveranstalter: Reisebüro muss Reisepreis zahlen
Reisebüros müssen eine für den Insolvenzfall greifende Kundengeldabsicherung des Reiseveranstalters nachweisen, dessen Angebote sie vermitteln, entschied der BGH (Urt. v. 25.11.2014, Az. X ZR 105/13). Das gilt auch für alle im EU-Ausland ansässigen Veranstalter. Dass das Reisebüro bloß eine entsprechende Erklärung des Reiseveranstalters wiedergibt, reicht nicht aus. Ein Ehepaar, das eine Kreuzfahrt bei einem niederländischen Reiseveranstalter gebucht und den Reisepreis gezahlt hatte, bevor dieser Insolvenz anmeldete, bekam diesen vom Reisebüro zurück.
Hier geht es zu Teil 1: Recht im Alltag, Ehe und Familie, Recht im Internet
Rückblick auf 2014: Noch mehr wichtige Urteile für Verbraucher . In: Legal Tribune Online, 21.01.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14435/ (abgerufen am: 24.04.2024 )
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