Reform der Verbraucherinsolvenz: Schuldenfrei nach nur drei Jahren

30.06.2014

Am Dienstag tritt die 2. Stufe der Insolvenzrechtsreform in Kraft. Sie soll Verbrauchern helfen, ihre Schulden schneller loszuwerden. Aber auch Gläubigern sollen die Neuerungen nutzen. Ein Überblick über die wesentlichen Änderungen.

2013 haben rund 90.000 Verbraucher Insolvenz angemeldet. "Das ist nicht nur ein Indiz für das Ausmaß der Überschuldung privater Haushalte in Deutschland. Es zeigt auch, dass viele Betroffene den Gang in die Verbraucherinsolvenz als Chance auf vollständige Entschuldung und einen wirtschaftlichen Neuanfang nutzen", so Bundesjustizminister Heiko Maas.

Die  2. Stufe der Insolvenzrechtsreform soll Verbrauchern ermöglichen, sich schneller als bisher von ihren Schulden zu befreien. "Damit geben wir nicht nur den überschuldeten Menschen früher eine 'zweite Chance'. Die Gläubiger profitieren ebenfalls von der Regelung, weil die Schuldner motiviert werden, möglichst viel zu bezahlen", erklärt der SPD-Politiker.

Eine wesentliche Änderung ist die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens. Gelingt eine Entschuldung nicht, kann der Schuldner beantragen, von seinen Restschulden befreit zu werden. Bislang musste man dazu neben dem Insolvenzverfahren ein sechsjähriges Restschuldbefreiungsverfahren durchlaufen. Künftig ist ein wirtschaftlicher Neuanfang schon nach der Hälfte der Zeit möglich. Schafft es der Schuldner, innerhalb von drei Jahren mindestens 35 Prozent der Gläubigerforderungen zur Schuldentilgung bereitzustellen sowie die Verfahrenskosten zu begleichen, kann ihm Restschuldbefreiung erteilt werden.

Restschuldbefreiung schon nach drei Jahren möglich

Stefano Buck, Fachanwalt für Insolvenzrecht bei Schultze & Braun, sieht das kritisch: "Die 35-Prozent-Hürde für einen Schuldenschnitt nach drei Jahren ist viel zu hoch gelegt". Das sind utopische Ziele. Auf diesem Weg werden nur die wenigsten Verbraucher schneller schuldenfrei sein."

Kann der Schuldner zumindest die Verfahrenskosten vollständig bezahlen, ist eine Restschuldbefreiung nach fünf Jahren möglich. Sonst bleibt es bei den bisherigen sechs Jahren. Die neue Struktur soll dem Schuldner einen Anreiz bieten, möglichst viel zu bezahlen.

Daneben wird das Insolvenzplanverfahren für Verbraucher geöffnet. Bisher gab es diese Möglichkeit nur für Unternehmen. Danach kann, wer schneller schuldenfrei sein möchte, einen Insolvenzplan aufstellen, in dem eine auf den Einzelfall abgestimmte Regelung zur Entschuldung festgelegt wird, insbesondere was Höhe und Zeitraum der Entschuldung betrifft. Die Mehrheit der Gläubiger muss dem Plan zustimmen.

"Die Gläubiger profitieren vom Insolvenzplan, da sie früher zumindest einen Teil ihrer Forderungen erhalten. In den meisten bisherigen Regel-Verbraucherinsolvenzverfahren ohne Insolvenzplan erhalten sie sehr wenig bis gar kein Geld zurück", so Insolvenzrechtler Buck.

Insolvenzplan für Verbraucher, mehr Rechte für Gläubiger

Auch im Übrigen stärkt die Reform die Rechte der Gläubiger. Während derzeit die Versagung der Restschuldbefreiung nur im abschließenden Termin vor dem Insolvenzgericht beantragt werden konnte, können Gläubiger zukünftig jederzeit schriftlich dem Erlass der Schulden widersprechen, ohne zu diesem Termin extra anreisen zu müssen. Wenn der Schuldner einen Restschuldbefreiungsantrag stellt, wird ihm außerdem bereits mit Beginn des Insolvenzverfahrens auferlegt, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben oder sich zumindest um eine solche zu bemühen. Das soll die Akzeptanz der Restschuldbefreiung erhöhen.

Außerdem ist der Katalog der Forderungen in § 302 Insolvenzordnung (InsO) erweitert worden, die am Ende eines Verbraucherinsolvenzverfahrens nicht automatisch wegfallen, erklärt Buck. Neu aufgenommen wurden Rückstände aus Unterhalt, den der Schuldner pflichtwidrig nicht gezahlt hat. "Wer Unterhalt bekommt, ist in der Regel auf dieses Geld angewiesen. Schuldner, die ihren Unterhalt nicht bezahlen, können sich jetzt nicht mehr in die Insolvenz flüchten und damit vor ihren Verpflichtungen drücken", sagt Buck.

cko/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Reform der Verbraucherinsolvenz: . In: Legal Tribune Online, 30.06.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12395 (abgerufen am: 09.12.2024 )

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