Gefahren von Twitter: Obacht beim Zwit­schern

von Georg Lecheler

29.12.2015

2/2: Je internationaler, desto teurer kann's werden

Darüber hinaus sollte jeder Nutzer im Hinterkopf behalten, dass ein Tweet nicht auf deutsche Adressaten beschränkt ist. Twitter ist auf eine einheitliche, weltweite Gemeinschaft ausgelegt, so dass sich der Adressatenkreis einer Äußerung eher am Thema und der verwendeten Sprache orientiert: twittere ich auf Deutsch, spreche ich damit allein wegen der Sprache insbesondere Nutzer aus dem DACH-Raum an.

Tweets auf Englisch adressieren im Zweifel auch den gesamten Sprachraum, wenn das Thema dort von Interesse ist – und können damit dort auch überall Rechtsfolgen auslösen. Dies muss nicht unbedingt in eine Klage wie der von James Woods über 10 Millionen US-Dollar münden. Und auch die Frage, wann ein amerikanischer Prominenter einen deutschen Twitterer in Amerika auf Schadensersatz in Anspruch nehmen kann, dürfte von den näheren Umständen des Einzelfalls abhängen. Aber ausgeschlossen ist es keinesfalls.

Wenn der Tweet zur Ad-hoc Mitteilung wird

Neben der äußerungsrechtlichen Dimension kommen aber noch ganz andere Verstöße in Betracht: Was ist beispielsweise, wenn der ehemalige VW-Vorstand Martin Winterkorn - erzürnt über den Abgas-Skandal - die Flinte ins Korn geworfen, gekündigt und das per Twitter spontan verkündet hätte?

Diese durchaus zeitgemäße Form einer "Ad-Hoc-Mitteilung" könnte ein teurer Verstoß gegen die Publizitätspflichten sein. Und was würden die Aktionäre im Ausland dazu sagen? Aber nicht nur ein Vorstand, auch der Vertriebsmitarbeiter, der einen Vertragsabschluss feiert und im Überschwang etwas zu locker "zwitschert", macht sich schon angreifbar.

Vorher zu überlegen, welche Informationen einem Tweet neben der eigentlich bezweckten Aussage entnommen werden können (man denke etwa an die oft vergessene GeoTagging Funktion, die den Standort verrät) und welche Rechtsnorm auf der Welt gerade verletzt sein könnte, läuft dem Grundgedanken von Twitter zwar zuwider – es kann aber gewaltigen Ärger und immense Kosten ersparen.

Der Autor Georg Lecheler ist Rechtsanwalt und Partner im Kölner Büro der Kanzlei Oppenhoff & Partner. Er berät deutsche und internationale Unternehmen und Investoren im gewerblichen Rechtsschutz, Urheber- und Presserecht.

Zitiervorschlag

Georg Lecheler, Gefahren von Twitter: Obacht beim Zwitschern . In: Legal Tribune Online, 29.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17991/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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