Donald Trump tritt aus UN-Abkommen aus, verhängt Sanktionen gegen den IStGH und will Mittel für UN-Gremien streichen. Diese Maßnahmen werden langanhaltende Folgen für die Freiheit und die Menschenrechte haben, ordnet Michaela Lissowsky ein.
Donald Trump ist seit etwas mehr als einem Monat wieder im Amt. Schon in den ersten Wochen zeigte sich, wie er sich die künftige US-Außenpolitik vorstellt: "America First". Trump will die Kontrolle über Grönland haben, den Panama-Kanal "zurückholen" und den "Golf von Mexiko" in "Golf von Amerika" umbenennen. Außerdem kündigte er direkt am ersten Tag seiner Amtszeit u.a. den Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen sowie aus der Weltgesundheitsorganisation WHO an.
Anfang Februar holte Trump zu einem weiteren Schlag gegen internationale Organisationen aus. Er erklärte unter anderem den Rückzug der USA aus dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen. Der UN-Menschenrechtsrat schütze "Menschenrechtsverletzer […], indem er ihnen erlaubt, die Organisation zu nutzen, um sich vor einer Überprüfung zu schützen". Die USA sind allerdings bereits seit Beginn des Jahres 2025 kein Mitglied des zwischenstaatlichen Gremiums mehr, zu diesem Zeitpunkt endete die dreijährige Mitgliedschaft regulär. Trump kündigte allerdings auch an, die US-Mittel für den UN-Menschenrechtsrat zu streichen.
Zudem sollen nationale Programme und Behörden, wie die US-Entwicklungsbehörde USAID und das Büro für Demokratie, Menschenrechte und Arbeit des Außenministeriums, nach dem Willen des US-Präsidenten geschlossen werden.
Trump nahm auch den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) ins Visier. Er verhängte Finanzsanktionen und Einreiseverbote gegen Mitarbeitende und untersagte US-Unternehmen Transaktionen mit ihnen. Es ist ein gesamtes Maßnahmenbündel direkter Angriffe auf die internationale Rechtsordnung. Die Schritte werden langanhaltende Folgen für die Freiheit und die Menschenrechte weltweit haben.
Wechselhafte Beziehung zwischen den USA und dem UN-Menschenrechtsrat
Die Beziehung zwischen den USA und dem UN-Menschenrechtsrat war im Laufe der verschiedenen Regierungen immer wieder angespannt. Der Menschenrechtsrat ist die Hauptorganisation des internationalen Menschenrechtssystems. Die Generalversammlung wählt mit einfacher Mehrheit aus den 193 UN-Staaten 47 Mitglieder für ein dreijähriges Mandat.
Der Menschenrechtsrat wurde im Jahr 2006 als Unterorgan der Generalversammlung geschaffen. Damals weigerte sich die Bush-Administration, die Gründungsresolution zu unterstützen. Präsident Bush hatte stärkere Mechanismen und gar die Möglichkeit des Ausschlusses von Mitgliedstaaten mit schlechter Menschenrechtsbilanz gefordert.
Dennoch gehörte die USA zu den ersten Mitgliedern, die kandidierten und von 2007 bis 2009 in den Rat gewählt wurden. Kurz vor Trumps erster Wahl wurden die USA für eine zweite Amtszeit von 2017 bis 2019 wieder gewählt. Präsident Trump ordnete im Juni 2018 den ersten Austritt aus dem Menschenrechtsrat an. Unter Joe Biden kehrten die USA für eine dritte Amtszeit als gewähltes Mitglied bis 2024 zurück, verzichteten jedoch auf eine Wiederwahl.
In ihrer On-Off-Beziehung zum Menschenrechtsrat kritisierten die USA stets den permanenten Tagesordnungspunkt der Sitzungen zur "Menschenrechtssituation in Palästina und anderen besetzten arabischen Gebieten". Punkt sieben steht unabhängig von der aktuellen Situation des Gaza-Krieges immer auf der Agenda. Diese Kritik greift Trump auf und macht sie zum Hauptargument seines Rückzuges aus dem UN-Gremium.
Berichte über Lage der Menschenrechte in den Ländern
Das stärkste Instrument des Menschenrechtsrats ist das sogenannte Universal Periodic Review-Verfahren (UPR). Jedes UN-Mitglied übermittelt alle vier bis fünf Jahre einen Bericht über die Menschenrechtssituation im eigenen Land. Das UN-Hochkommissariat erstellt Informationen aus anderen Quellen von UN-Institutionen zusammen (UN Compilation). Ergänzend können Stakeholder-Berichte von zivilgesellschaftlichen Akteuren, wie Menschenrechtsorganisationen, eingereicht werden. Einen solchen Bericht kann jede Nichtregierungsorganisation verfassen, die in dem jeweiligen Land tätig ist oder einen fachlichen Input leisten kann. Eine besondere Akkreditierung ist dafür nicht notwendig.
In dem anschließenden UPR-Verfahren werden die Länderberichte, die UN Compilation und die Stakeholderberichte von jeweils drei Mitgliedstaaten (Troika) überprüft. Rechtsgrundlage sind die UN-Charta, Menschenrechtsverträge, deren Vertragspartei ein Staat ist, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, ferner das humanitäre Völkerrecht. Die Troika legt dem gesamten Menschenrechtsrat einen Abschlussbericht vor. Auf dessen Grundlage spricht das Plenum Empfehlungen an den Überprüfungsstaat aus.
Eine rechtliche Bindung haben weder der Abschlussbericht noch die Staatenempfehlungen. Doch die politische Signalwirkung der Berichte ist nicht zu unterschätzen. Journalisten und Nichtregierungsorganisationen wird eine wichtige Dokumentation zur Verfügung gestellt, die unter Beteiligung anderer Staatenvertreter entstanden ist. Einzelne Empfehlungen haben auch immer wieder zu Gesetzesänderungen geführt, und so die Menschenrechtssituation verbessert. So wurde in Albanien die Straffreiheit von geschlechtsspezifischen Verbrechen beendet. In den Vereinigten Arabischen Emiraten verbesserten sich die Rechte von Wanderarbeitern, die ihre Arbeitgeber laut Gesetz nun selbst wechseln und Arbeitsverträge beenden dürfen, um nur zwei Umsetzungsbeispiele zu nennen.
Auch Sofortmaßnahmen wurden auf der Grundlage von UPR-Berichten durch den Menschenrechtsrat entschieden, beispielsweise die Errichtung einer Untersuchungskommission zur Situation in Syrien. Der UN-Sicherheitsrat war durch Russlands Veto blockiert, im UN-Menschenrechtsrat wurden die gravierenden Verbrechen des Assad-Regimes aber nicht länger ignoriert.
Alle Staaten beteiligen sich am Berichtsverfahren
Die Rückmeldungen der Staatenberichte liegt seit 2008 bei 100 Prozent. Auch im vierten Zyklus des Berichtsverfahrens seit 2022 haben sich bisher alle Staaten beteiligt und 76 Prozent der Empfehlungen angenommen (Stand Dezember 2024). Schließlich gesteht keine Regierung öffentlich ein, die Menschenrechte seiner Bürger systematisch zu verletzen. So hat beispielsweise selbst Syrien unter Assad 2022 noch einen Länderbericht eingereicht oder Russland nach dem Überfall auf die Ukraine im August 2023. Selbstverständlich reicht die nationale Perspektive in den Staatenberichten zur Ermittlung der Menschenrechtslage nicht aus. Das vorgebrachte Argument des US-Präsidenten, Länder entziehen sich dem Verfahren, stimmt aber schlichtweg nicht.
Das neue Trump-Dekret hat keine Auswirkungen auf die internen Prozesse und UPR-Verfahren, von der Abstimmung über Resolutionen zur Lage der Menschenrechte bis hin zu Verhandlungen über neue Maßnahmen, wie Untersuchungskommissionen, oder ständige Tagesordnungspunkte. Die demokratische Stimme der USA als Fürsprecher der Menschenrechte wird allerdings fehlen. Ob sich die USA wiederum selbst nicht mehr am UPR-Verfahren beteiligen werden, kann derzeit noch nicht vorhergesagt werden. Im Herbst steht der Länderbericht der US-Administration auf der Tagesordnung des UN-Menschenrechtsrates.
Außenpolitik durch Null-Finanzierung
Immense Folgen für das gesamte Menschenrechtssystem könnte die zweite Ankündigung Trumps haben, die US-Mittel für den UN-Menschenrechtsrat zu streichen. Das hat er bislang noch nicht getan.
Der reguläre UN-Haushalt für 2025, der für die Deckung der laufenden Kosten sorgt, ist auf 3,5 Milliarden US-Dollar festgelegt. Die Vereinigten Staaten stellen den größten Anteil daran (22 Prozent, rund 827 Millionen US-Dollar). Deutschland etwa stellt 5,69 Prozent (knapp 195 Millionen US-Dollar).
Weniger als sieben Prozent des UN-Haushalts sind für "Menschenrechte" vorgesehen, einschließlich des Büros des UN-Hochkommissars für Menschenrechte (UNHCHR) und des UN-Menschenrechtsrats. Der US-Anteil daran beläuft sich auf etwa 57 Millionen US-Dollar. Der amerikanische Außenminister Marco Rubio ist nun angewiesen, diese Summe zurückzuhalten. Zum Vergleich: Der Anteil Deutschlands liegt bei rund 13 Millionen US-Dollar.
Trumps Budgetkürzungen treffen die Infrastruktur des Menschenrechtsrats. Die Fortsetzung und Neueinrichtung von Untersuchungskommissionen, wie jüngst am 7. Februar zu den Verbrechen im Osten der Demokratischen Republik Kongo beschlossen, wäre durch den Wegfall des finanziellen Pflichtbeitrags der USA gefährdet. Noch größer ist jedoch die Gefahr, dass zahlreiche Staaten dem Beispiel der USA folgen könnten und das gesamte UN-Menschenrechtssystem nachhaltig finanziell schädigen. Der neue Präsident des Menschenrechtsrats, der Schweizer Jürg Lauber, hat Budgetkürzungen angekündigt – ohne ins Detail zu gehen.
Nationale Interessen vs. multilaterale Zusammenarbeit
Die Trump-Regierung spielt gerade nationale Interesse des eigenen Landes gegen multilaterale Zusammenarbeit aus. Mit einer Mischung aus populistischer Rhetorik und der Vorliebe für bilaterale Abkommen kündigen die Dekrete des US-Präsidenten eine Endzeitstimmung für Menschenrechte und nachhaltige Entwicklung an.
Die Folgen sind schon jetzt im UN-Menschenrechtsrat zu beobachten. Gerade diejenigen Staaten, die weniger geneigt sind, demokratische Werte und Menschenrechte hochzuhalten, werden innerhalb des UN-Systems mehr Macht erlangen. Der stellvertretende Außenminister der Russischen Föderation, Sergey Vershinin, hat am 26. Februar im UN-Menschenrechtsrat angekündigt, den Rat wieder aktiv zu unterstützen und gefordert, die Menschenrechtsverstöße durch das "Regime" in der Ukraine zu ermitteln. Menschenrechtsverteidiger und Demokratieaktivisten in aller Welt werden weniger Verbündete haben, auf die sie zählen können, um sich Gehör zu verschaffen und für die Freiheit in ihren Ländern zu kämpfen. Vor allem der geopolitische Hauptkonkurrent der Vereinigten Staaten, China, wird auf der internationalen Bühne der UN noch weiter an Einfluss und Macht gewinnen, indem es die Führungsrolle übernimmt, die zuvor die USA innehatten. Langfristig wird die nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffene regelbasierte Weltordnung geschwächt.
So berechtigt manche Kritik am UN-System sein mag – vor allem mit Blick auf die mangelnde rechtliche Durchsetzung der UPR-Berichte und der Empfehlungen – eine Verbesserung oder Reform wäre nur von innen heraus durch ein aktives Engagement in diesen intergouvernementalen Gremien möglich. Dazu scheint Donald Trump aber leider nicht bereit. Deutschland wird auch im Menschenrechtsrat gezwungen sein, nicht nur auf ein geschlossenes Auftreten mit den anderen europäischen Ländern zu setzen, sondern auch neue Verbündete zu suchen. Die Bildung einzelner thematischer Interessensgruppen unter Staatenvertretern etwa sind eine gute Strategie, um Frauenrechte wieder zu stärken oder die Rechte von LGBTQIA+ Personen zu schützen.
Dr. Michaela Lissowsky leitet den Human Rights Hub der Friedrich-Naumann-Stiftung in Genf.
Trumps Maßnahmen gegen UN-Organisationen: . In: Legal Tribune Online, 28.02.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56705 (abgerufen am: 18.03.2025 )
Infos zum Zitiervorschlag