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Swap-Geschäfte von Kommunen: Die Straf­richter beginnen zu urteilen

von Sebastian Christ

16.01.2018

Finanzgeschäfte

© motorradcbr - stock.adobe.com

Ende 2017 wurden erstmals Kommunalpolitiker strafrechtlich verurteilt, weil sie Swap-Geschäfte für die Gemeinde abgeschlossen haben. Derzeit laufen ähnliche Verfahren. Sebastian Christ hält das für falsch, er fordert: Mut zum Freispruch.

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Für einige Bürgermeister und Kämmerer beginnt das Jahr 2018 mit Unruhe und Sorge. Denn neuerdings werden die Strafgerichte angerufen, um zu klären, ob sich kommunale Finanzverantwortliche persönlich wegen Untreue strafbar gemacht haben, indem sie sogenannte Swap-Geschäfte für die Gemeinde eingegangen sind.

Das Verfahren vor dem Landgericht (LG) Mannheim gegen die ehemalige Oberbürgermeisterin und die Kämmerin von Pforzheim wegen schwerer Untreue endete im November 2017 mit Bewährungsstrafen von einem Jahr und acht Monaten bzw. zwei Jahren Haft (Urt. v. 21.11.2017; Az.: 22 KLs 631 Js 31056/09). Es war das erste Mal, dass in Deutschland Kommunalpolitiker im Zusammenhang mit Zinswetten strafrechtlich verurteilt wurden. Derzeit wird vor dem LG Augsburg in einem solchen Verfahren gegen den ehemaligen Kämmerer von Landsberg verhandelt. Und derzeit laufen bundesweit verschiedene weitere Ermittlungsverfahren.

Zuletzt standen Zulässigkeit und Aufklärungspflichten im Vordergrund

Bislang hat sich die Justiz mit der kommunalrechtlichen Zulässigkeit der Swap-Geschäfte und den zivilrechtlichen Fragen von Aufklärungspflicht und Bankenhaftung befasst. Als wegweisend gilt dabei das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 28. April 2015 (Az. XI ZR 378/13), in dem die für das Strafrecht besonders interessanten Inverse-CMS-Stufen-Swaps und CHF-Plus-Swaps zivilrechtlich seziert worden sind.

Beide Finanzprodukte sind so strukturiert, dass die ausgebende Bank über die Vertragslaufzeit einen fixen Zins an die Gemeinde zahlt. Die Gemeinde verpflichtet sich, nach einer Übergangsphase vierteljährliche, variable Zinszahlungen an die Bank zu leisten. Für den Inverse-CMS-Stufen-Swap wurde in dem Fall der Stadt Ennepetal gegen die WestLB, mit dem sich der BGH befasste, ein Maximalzins von 8,75 Prozent p.a. vereinbart, auch Zinscap genannt. Für den CHF-Plus-Swap wurde ein derartiger Zinscap nicht vereinbart.

Strafbarkeit hängt von drei Faktoren ab

Die Frage, ob sich kommunale Finanzverantwortlicher nach § 266 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) wegen Untreue strafbar gemacht haben, indem sie Swap-Geschäfte eingegangen sind, stößt auf diverse Probleme und hängt im Kern von drei Faktoren ab: Auf welchen Zeitpunkt ist hinsichtlich der Missbrauchshandlung abzustellen? Wie ist der Swap-Vertrag in Bezug auf einen Zinscap ausgestaltet? Und wie entwickeln sich die zu Grunde gelegten Kurse?

Abgestellt wird in der Regel auf den Zeitpunkt, an dem die Unterschrift unter den jeweiligen Swap-Vertrag gesetzt wurde. In diesem Moment haben beide Swaps einen negativen Barwert, d.h. einen anfänglichen negativen Marktwert. Wollte man ihn veräußern, müsste man dem Käufer etwas "draufzahlen". Die Gemeinde muss deshalb die von der Bank einstrukturierte Bruttomarge erwirtschaften, um die Gewinnzone zu erreichen. Insofern unterscheidet sich ein Swap-Vertrag nicht von einem normalen Darlehen, für das bei vorzeitiger Tilgung in der Regel auch eine Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen ist.

Erfolg des Swaps hängt von der Kursentwicklung ab

Der BGH stellte fest, dass der anfängliche stichtagsbezogene negative Marktwert kein Indiz für eine überwiegende Verlustwahrscheinlichkeit ist. Der Erfolg des Swaps hängt letztlich allein von der Zins- und/oder Währungskursentwicklung und der Entwicklung des "Spreads" während der Vertragslaufzeit ab. Damit kann auch ein konkreter Vermögensverlust in Höhe des negativen Barwertes des Zinsswaps im Zeitpunkt der Vertragsunterschrift nicht zum Anknüpfungspunkt strafrechtlicher Verfolgung werden.

Stellt man dennoch auf den Zeitpunkt der Vertragsunterschrift ab, verbleibt dem Ankläger lediglich die Rechtsfigur der Vermögensgefährdung. Wenn der Swap-Vertrag unterschrieben wird, ist noch völlig unklar, ob sich der Swap finanziell positiv oder negativ für die Gemeinde entwickeln wird. Da kommunale Finanzverantwortliche keinen Einfluss auf den Wechselkurs zwischen Euro und Schweizer Franken oder einen Zehn-Jahres-Swap-Kurs haben, ist der Kursverlauf und der damit einhergehende wirtschaftliche Erfolg oder Schaden aus Sicht dieses Personenkreises vollkommen zufällig. Die Strafbarkeit muss schon deshalb, wenn man das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG ernst nimmt, abgelehnt werden.

Darüber hinaus ist fraglich, ob es sich aus strafrechtlicher Sicht um eine evidente, klare und offensichtliche Pflichtwidrigkeit handeln kann, wie sie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) fordert. Denn die zugrundeliegenden Swaps sind nach Rechtsprechung des BGH sowohl zivil- als auch kommunalrechtlich zulässig und der Pflichtenkreis kommunaler Finanzverantwortlicher bestimmt sich nach dem jeweiligen landesrechtlichen Kommunalrecht. Im Sinne der Einheit der Rechtsordnung müsste hier die Pflichtwidrigkeit bzw. der Treubruch verneint werden.

Vermögensgefährdung: Zufällig und unvorhersehbar

Letztlich ist auch der Vermögensnachteil bzw. das gefährdete Vermögen nicht in Einklang mit Art. 103 Abs. 2 Grundgesetz (GG) zu beziffern. Wenn man schon an die Vertragsunterschrift anknüpft, dann ist die Perspektive im Moment der Unterschrift entscheidend. In dem durch den BGH entschiedenen Fall war für den Inverse-CMS-Stufen-Swap ein Zinscap von 8,75 Prozent vereinbart, sodass sich die maximale Zahlpflicht der Gemeinde beziffern lässt. Für den CHF-Plus-Swap, der die maßgeblichen Verluste eingebracht hat, existiert jedoch kein Zinscap, so dass der Verlust ex ante theoretisch gegen unendlich tendiert.

An dieser Unbezifferbarkeit ändert auch der Vorschlag, Drohverlustrückstellungen nach § 249 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) zu berücksichtigen, nichts, denn diese sind mit dem nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrag anzusetzen. Eben diese "Vernunft" ist aber nicht bestimmbar.

In diesem Zusammenhang von Vernunft zu sprechen, setzt voraus, dass es sachliche Anhaltspunkte gibt, die zu einer Bewertung der Drohverlustrückstellung führen. Für Währungen ist dies jedoch reine Spekulation und verleitet im Zweifel nur zu einer eher optimistischen Angabe, um die Höhe des gefährdeten Vermögens klein zu halten. Es handelt sich für Währungsswaps jedenfalls schlicht um einen Blick in die Kristallkugel und entbehrt jeder sachlichen Grundlage. Damit ist wegen des Bestimmtheitsgebotes des Art. 103 Abs. 2 GG eine Drohverlustrückstellung untauglich, um eine Vermögensgefährdung exakt zu beziffern.

Risikoärmere Variante könnte am ehesten abgeurteilt werden

Es ist ein Paradoxon: Wenn kein Zinscap vereinbart worden ist, der das Risiko der Gemeinde absichert, ist die Vermögensgefährdung ex ante nicht genau bezifferbar und es müsste schon deshalb ein Freispruch für den CHF-Plus-Swap erfolgen. Dagegen ist die Vermögensgefährdung beim eigentlich risikoärmeren Inverse-CMS-Stufen-Swap wegen des Zinscaps genau bezifferbar. Sofern man die übrigen Bedenken ignoriert, könnte sie deshalb noch am ehesten in Übereinstimmung mit dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG abgeurteilt werden.

Allerdings läge in der Verurteilung ein Denkfehler. Denn die Handlung "Unterschrift unter den Swap-Vertrag" würde alleine nach ihrem Ergebnis beurteilt. Ob das Ergebnis aber wirtschaftlich erfolgreich oder verlustreich ist, darf an der Beurteilung der Handlung als solcher nichts ändern. Wären die Swaps erfolgreich verlaufen, gäbe es keinen Vermögensschaden - und eine "versuchte Untreue" gibt es zwar an verschwiegenen Hotelbars, nicht aber im deutschen Strafrecht.

Auch wenn es manchen Strafrichtern eine gewisse Überwindung abverlangen wird: Am Ende der Verfahren dürfen nur Freisprüche stehen. Nicht nur, dass die finanzgebeutelten Gemeinden durch die Landesregierungen zu den Swaps regelrecht gedrängt wurden. Es würde auch das Grundgesetz stärken, das die Justiz gerade in Zeiten gesellschaftlichen und politischen Wandels hochhalten und bewahren muss. Also: Mut zum Freispruch.

Sebastian Christ hat einen B.Sc. in Management and Economics, derzeit studiert er Rechtswissenschaften und arbeitet als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für die Rechtsanwaltskanzlei Wolter Hoppenberg. Er war kommunalpolitisch sehr aktiv, unter anderem als Vorsitzender der CDU in Ennepetal.

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Swap-Geschäfte von Kommunen: . In: Legal Tribune Online, 16.01.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26495 (abgerufen am: 16.11.2025 )

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