Im dritten Anlauf hat US-Präsident Trump doch noch Erfolg: Sein umstrittenes Einreiseverbot passiert den US Supreme Court. Dabei sah es danach zunächst gar nicht aus. Desirée C. Schmitt erklärt, wie es dazu kam und was nun passiert.
Der erste "Travel Ban" wurde von den Gerichten gestoppt, den zweiten versah der Supreme Court vorläufig mit umfangreichen Einschränkungen – doch während hier noch eine endgültige Entscheidung ausstand, hatte US-Präsident Donald Trump bereits einen dritten Travel Ban erlassen.
Er entschied sich dieses Mal nicht für einen Exekutiverlass, sondern für eine Proklamation. Warum er diese Rechtsform wählte, ist unklar, sie ändert jedenfalls nichts an der Rechtswirkung: Für Menschen aus bestimmten Staaten werden die Einreise und die Einwanderung in die USA massiv eingeschränkt.
Trump erließ den dritten Travel Ban, nachdem die sicherheitsrelevante Zusammenarbeit mit 200 Staaten sowie die von ihnen ausgehende Sicherheitsgefahr – wohlgemerkt innerhalb von 90 Tagen – überprüft wurde. Ausgehend von diesen Staatenberichten und gestützt auf seine Kompetenz nach 8 U.S.C. § 1182(f) und § 1185(a) ordnete der Präsident eine teilweise vollumfängliche, teilweise begrenzte Einreisesperre für Staatsangehörige aus insgesamt acht Staaten an: Tschad, Iran, Libyen, Nordkorea, Syrien, Venezuela, Jemen und Somalia.
Travel Ban 3: Auch Familienangehörige und Geschäftsreisende betroffen
Je nach Sicherheitsrisiken wird danach unterschieden, ob nur Einwanderer oder auch Nicht-Einwanderer bestimmter oder aller Visa-Kategorien ausgeschlossen werden. Damit ist der Travel Ban nun wesentlich spezieller ausgestaltet und scheint zumindest auf eine spezifische Bedrohungslage zu reagieren. Die dazugehörigen Staatenberichte sind jedoch nicht öffentlich einsehbar. Für die Gerichte ist es daher schwieriger, einen anti-muslimischen Hintergrund nachzuweisen.
Der Travel Ban Nr. 3 soll langfristig gelten und nur sofern erforderlich an aktualisierte Staatenberichte angepasst werden. Im Gegensatz zu seinen zwei Vorgängern, wurde damit die Einreisesperre dauerhaft in das US-amerikanische Einwanderungsrecht integriert.
Interessanterweise macht Section 7 (b) des 3. Travel Ban deutlich, dass es nicht – wie vom US Supreme Court vorgeschlagen – darauf ankommen soll, ob bereits "schützenswerte Beziehungen" in die USA bestehen, etwa weil dort enge Familienmitglieder leben oder der neue Arbeitgeber dort seinen Sitz hat. Betroffen sind deshalb Touristen ebenso, wie Geschäftsreisende oder potenzielle Einwanderer, die bereits das langwierige Verfahren zur Familienzusammenführung hinter sich haben.
Im Juni dieses Jahres hatte der Supreme Court noch entschieden, dass der zweite Travel Ban vorläufig in Kraft treten könne – allerdings nur, soweit er keine Personen betreffe, die eine "bona fide"- Beziehung in den USA unterhalten. Solche Beziehungen umfassen enge familiäre Beziehungen zu Personen, die in den USA leben, sowie Arbeitsbeziehungen mit einer US-amerikanischen Einrichtung.
Gerichte in Maryland und Hawaii hatten den Travel Ban zunächst gestoppt
Kurz bevor der Travel Ban Nr. 3 in Kraft treten sollte, erließen Bundesbezirksgerichte in Hawaii und in Maryland einstweilige Anordnungen, die das verhinderten.
Während das Bundesbezirksgericht in Maryland den vom U.S. Supreme Court eingebrachten "bona fide"- Beziehungstest übernahm, verfügte das Bundesbezirksgericht in Hawaii zunächst einen vollumfänglichen bundesweiten Stopp der Implementierung. Allerdings beschränkte das Berufungsgericht (9th Circuit Court of Appeals) die hawaiianische einstweilige Anordnung dahingehend, dass der Travel Ban für diejenigen Personen in Kraft treten könne, die keine bona fide Beziehung in den USA unterhalten.
Alle Gerichte stimmten darüber ein, dass der dritte Travel Ban die gleichen Rechtsfehler aufweise wie seine Vorgänger. Eine Verletzung des Einwanderungsgesetzes (Immigration and Nationality Act) sowie der Religionsfreiheit seien mehr als wahrscheinlich. Dass drei mehrheitlich nicht-muslimische Staaten (Tschad, Nordkorea, Venezuela) auf die "schwarze Liste" gesetzt wurden, ändere daran nichts.
Letztlich haben die Gerichte auch übereinstimmend die Anwendung des vom US Supreme Court entwickelten Abwägungsmaßstab in den Travel Ban Nr. 3 hineingelesen, obwohl dieser ausdrücklich keine dahingehende Einschränkung vorsah. Die Chancen standen also gut, dass der US Supreme Court die einstweiligen Anordnungen aufrechterhalten würde: Immerhin haben die unterinstanzlichen Gerichte den neuesten Travel Ban in Einklang mit der Rechtsprechung des obersten Gerichtes interpretiert. Falsch gedacht!
2/2 Überraschung: Der US Supreme Court lässt den Travel Ban in Kraft treten
Der US Supreme Court gab den Anträgen der Regierung statt und hob die einstweiligen Anordnungen der Gerichte in Hawaii und Maryland auf (Entscheidung vom 4. Dezember 2017). Damit konnte der Travel Ban nun vollumfänglich in Kraft treten.
Die Richter trafen auch keine Einschränkung im Hinblick auf Personen mit bona fide Beziehungen in den USA. Der oberste Gerichtshof gab in seiner knappen Anordnungen keinerlei Gründe für seine Entscheidung wider. Er teilte lediglich mit, dass die Richterinnen Ginsburg und Sotomayor dem Antrag nicht stattgegeben hätten.
Damit gilt der dritte Travel Ban unabhängig davon, ob eine Person eine schützenswerte Beziehung in den USA unterhält. Allerdings bezieht sich der Einreisebann gemäß Section 2 nur auf bestimmte Staaten und jeweils bestimmte Einreise- bzw. Visakategorien.
Aus dem Tschad, Libyen und Jemen, dürfen weder Einwanderer, noch Nicht-Einwanderer mit Geschäfts- oder Tourismus-Visa in die USA einreisen. Aus dem Iran dürfen nur Studenten und Austauschschüler einreisen. Somalische Staatsangehörige dürfen nicht mehr einwandern, sie können jedoch als Nicht-Einwanderer einreisen, nachdem verstärkte Überprüfungen ihrer Person vorgenommen wurden. Syrische und nordkoreanische Staatsangehörige dürfen allesamt nicht mehr einreisen, geschweige denn einwandern. Außerdem gelten Einreisebeschränkungen für bestimmte venezolanische Regierungsmitglieder und deren engste Familienangehörige.
Ob das das letzte Wort ist, bleibt offen
Diese Einreise- und Einwanderungsbeschränkungen können nun in Kraft treten. Sie gelten zumindest solange, bis der Supreme Court nochmals entscheidet – ob er das tun wird, ist ungewiss.
Wenn die Regierung eine Überprüfung in der Hauptsache ("writ of certiorari") beantragt und der US Supreme Court diesen Antrag ablehnt, so verliert die Anordnung ihre Wirkung und die einstweiligen Anordnungen der unterinstanzlichen Gerichte leben wieder auf. Nimmt das Gericht diesen Überprüfungsantrag jedoch an, so gilt die Anordnung so lange, bis das Gericht eine Entscheidung in der Hauptsache trifft. Es kommt also zunächst darauf an, ob die Regierung einen solchen Antrag stellen wird.
Da die Regierung sicherlich mit der vorläufigen Entscheidung zufrieden sein wird, ist äußerst fraglich, ob sie den US Supreme Court um eine materiellrechtliche Überprüfung des Travel Bans bitten wird. Hingegen könnten die Gegner diesen Schritt erwägen. Dieses Mal hat Trump im wahrsten Sinne des Wortes triumphiert. Damit ist die Sache jedoch nicht endgültig vom Tisch. Es bleibt spannend in Washington, D.C.
Dipl.-Jur. Desirée C. Schmitt, LL.M. ist zurzeit als Fulbright Research Scholar an der Washington and Lee University School of Law, Virginia, USA. Ihre dortige Forschungstätigkeit im Rahmen einer Dissertation (betreut von Prof. Dr. Thomas Giegerich, Universität des Saarlandes) dreht sich um die Rechtsvergleichung von deutschem und amerikanischem Recht, wobei Rechtsstaatlichkeit im Einwanderungsrecht und bei der Familienzusammenführung im Vordergrund stehen.
Die hier vertretenen Ansichten sind ihre persönlichen und geben keineswegs die Auffassungen der Fulbright-Kommission oder des U.S.-Außenministeriums wieder.
Desirée C. Schmitt, LL.M., US Supreme Court genehmigt Einreiseverbot: Trumps "Travel Ban" tritt in Kraft . In: Legal Tribune Online, 06.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25879/ (abgerufen am: 20.04.2024 )
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