Wichtige steuerliche Änderungen für das Jahr 2022: Ende der Home­of­fice-Pau­schale und mehr

Gastbeitrag von Maximilian Krämer LL.M. und Jonas Emmerich

07.01.2022

Höhere Grundfreibeträge, Verlängerung der Coronahilfen, Ende der Homeoffice-Pauschale: Die steuerlichen Neuerungen und deren Auswirkungen fassen Maximilian Krämer und Jonas Emmerich zusammen.

Die Pandemie ist weiterhin auch in steuerrechtlicher Hinsicht von großer Bedeutung. Im Laufe des Jahres 2022 ist gleichwohl zunächst der Wegfall einiger vom Gesetzgeber geschaffener Privilegien zu erwarten. Zeitgleich werden einige wichtige Grenzen und Pauschwerte angepasst.  

Dennoch: Im Vergleich mit den vergangenen Jahren treten nicht allzu viele Änderungen in Kraft. Die könnte daran liegen, dass die alte Regierung aufgrund der Bundestagswahl nicht viel verändern wollte (es hätten Wähler abwandern können) und die neue Koalition mit dem Ausformulieren des Ampel-Koalitionsvertrages beschäftigt war. Wahrscheinlich wird sich dies im Laufe des Jahres 2022 noch ändern - auch mit Blick auf die Absichten im Koalitionsvertrag. 

Erhöhung von Grundfreibeträgen und Freigrenzen

Der bisherige Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) erhöht sich zum 1. Januar um 240 Euro auf 9.984 Euro (Steuerersparnis pro Jahr mit dem Spitzensteuersatz von 100,80 Euro) bzw. in der Zusammenveranlagung auf 19.968 Euro.  

Der Grundfreibetrag dient der Absicherung des Existenzminimums, also zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts. Sofern das zu versteuernde Einkommen unter dem Grundfreibetrag liegt, ist keine Einkommensteuer zu zahlen. Die Zusammenveranlagung können nicht dauernd getrenntlebende Ehegatten wählen, die unbeschränkt in Deutschland einkommensteuerpflichtig sind. Das gesetzgeberische Ziel ist insbesondere die Entlastung von Familien mit geringen Einkommen. 

Die steuerfreie monatliche Freigrenze für Sachbezüge (§ 8 Abs. 2 Nr. 11 EStG) steigt von bisher 44 Euro auf 50 Euro an. Diese Anhebung wurde schon Ende Dezember 2020 mit dem Jahressteuergesetz (JStG) 2020 Art. 3 beschlossen und ist am 1. Januar 2022 in Kraft getreten. Für sogenannte Sachbezugskarten mit einem Guthaben zur individuellen Inanspruchnahme soll es eine Klarstellung durch ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums geben. Ziel dieser Entlastung ist, dass Arbeitnehmer:innen einen Teil ihres Gehalts eben nicht in Geld, sondern als Dienstleistung oder Ware steuer- und sozialversicherungsfrei bekommen können.  

Bisher befristet war der bereits im Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz auf 4.008 Euro erhöhte Entlastungsbetrag für Alleinerziehende. Die Befristung wird ebenfalls durch Art. 3 JStG 2020 aufgehoben, sodass die Erhöhung auch ab dem Jahr 2022 fort gilt. Der Entlastungsbetrag bleibt in der Höhe wie in den Jahren 2020 und 2021 und steigt nicht an. 

Auslaufen der Corona-Prämie erwartet

Noch bis zum 31. März 2022 können Arbeitgeber:innen zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn ihren Mitarbeitenden Zuschüsse und Sachbezüge bis zu einem Betrag von einmalig 1.500 Euro (kumuliert) steuerfrei gewähren. Danach ist ein Auslaufen der seit 1. März 2020 bestehenden Unterstützung aufgrund der Corona-Krise gemäß § 3 Nr. 11a EStG zu erwarten.  

Möchten Arbeitgebende solche Leistungen noch zuwenden, empfiehlt sich eine Zahlung vor dem 31. März 2022. Ob aufgrund anhaltender Pandemie der Zeitraum erneut von der neuen Ampelkoalition verlängert wird, scheint derzeit noch ungewiss.Corona-Hilfen verlängert 

Die Bundesregierung führt die Corona Hilfsprogramme fort. Die Überbrückungshilfe III Plus wird weiterentwickelt und steht als Überbrückungshilfe IV bis März 2022 zur Verfügung.  

Dabei erhalten Unternehmen und Soloselbstständige einen Zuschuss zu den Fixkosten sowie einen Eigenkapitalzuschuss. Mit der Neustarthilfe Plus und Neustarthilfe 2022 erhalten Soloselbstständige eine gezielte Unterstützung, die mangels Fixkosten von der Überbrückungshilfe ausgeschlossen sind. Ebenso wurden die KfW-Sonderprogramme für gezielte Hilfen durch Kredite bis 30. April 2022 verlängert. 

Erweiterte Anforderungen an Gutscheine und Geldkarten

Erhalten Arbeitnehmer:innen Gutscheinkarten von Einkaufsläden, Fitnessstudios, Essensmarken oder Ähnliches, liegen zweckgebundene Gutscheine vor. Diese gelten gemäß § 8 Abs. 1 S. 3 EStG als Sachbezug. Notwendige Voraussetzung für die steuerfreie Gewährung an die Beschäftigten ist, dass die Gutscheine oder Geldkarten ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen.  

Hinzu trat mit Wirkung für das Jahr 2020 die weitere Bedingung, dass die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) erfüllt sein müssen. Andernfalls sind Gutscheine nicht mehr als Sachbezug sondern als Barlohn einzuordnen. Der Barlohn ist wie üblich der Einkommensteuer zu unterwerfen bzw. sozialversicherungspflichtig. Die Kriterien sind erfüllt. wenn beispielsweise die Gutscheine für das eigene Sortiment des Arbeitgebenden, für ein begrenztes Spektrum oder im Inland ausschließlich für bestimmte soziale oder steuerliche Zwecke eingesetzt werden können. Mit Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 13. April 2021 Rz. 3 und 30 ist diese Voraussetzung erst seit dem 1. Januar 2022 verpflichtend zu erfüllen. 

Wegfall der degressiven Abschreibung 

Pandemiebedingt bestand bislang die Option zur degressiven Absetzung für Abnutzung (AfA). Die degressive AfA wird als Instrument der Wirtschaftsförderung gesehen, um einen Anreiz für kurzfristige Neuanschaffungen zu schaffen. Anders als bei der linearen AfA (gleichbleibende Beträge für jedes Jahr) wird bei der degressiven AfA zunächst ein höherer Prozentsatz abgeschrieben (bis maximal 25 %) und sinkt im Laufe der Folgejahre.  

Dieses Vorgehen der zunächst höheren und dann stetig fallenden Absetzung entfällt zum Jahreswechsel für bewegliche Wirtschaftsgüter, die nach dem 31. Dezember 2019 und vor dem 1. Januar 2022 angeschafft oder hergestellt worden sind, vgl. § 7 Abs. 2 S. 1 EStG. Eine Gesetzesänderung aufgrund der dynamischen Pandemielage ist weiterhin auch während des Jahres 2022 denkbar. 

Homeoffice-Pauschale entfällt 

Auch entfällt zum 1. Januar 2022 die befristete Homeoffice-Pauschale (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 4, § 52 Abs. 6 S. 15 EStG). Danach konnte bislang pandemiebedingt pro Arbeitstag, maximal jedoch 150 Arbeitstage im Jahr, im Homeoffice eine Pauschale von 5 Euro als Werbungskosten angesetzt werden.  

Gleichwohl enthält der Koalitionsvertrag der Ampelregierung deutlichen Hinweis auf eine Verlängerung bis zum Ende 2022. Damit soll auch im neuen Jahr das pandemiebedingte Arbeiten steuerlich Berücksichtigung finden. Die maximal 600 Euro gibt es nicht zusätzlich zu dem Werbungskosten-Pauschbetrag von 1.000 Euro, sondern ist in diesem enthalten. Der neue Finanzminister Christian Lindner denkt sogar darüber nach, die Homeoffice-Pauschale dauerhaft zu etablieren. 

Umsatzsteuersenkung für Speisen bleibt bestehen  

Seit dem 1. Juli 2020 galt aufgrund des (ersten) Corona-Steuerhilfegesetzes für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen bis zum 30. Juni 2021 der ermäßigte Steuersatz von 7 % Umsatz- bzw. Mehrwertsteuer nach § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG.  

Aufgrund der weiteren Auswirkungen der Corona-Pandemie ist durch das 3. Corona-Steuerhilfegesetz die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes vorerst bis zum 31. Dezember 2022 verlängert worden. Ausdrücklich davon ausgenommen ist die Abgabe von Getränken, hier gilt der Regelsteuersatz. 

Anerkennung von Geschäftsessen 

Das BMF hat nochmals im Juni 2021 zu den Voraussetzungen des Bewirtungsbeleges Stellung genommen. So gilt letztmalig für das Jahr 2022, dass ein Beleg für ein Geschäftsessen ohne den Hinweis auf die zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) der Registrierkasse nach der Kassensicherungsverordnung (KassenSichV) anerkannt wird. Künftig muss also auf dem Bewirtungsbeleg die entsprechende Transaktions- und Seriennummer sowie die Signierung der Transaktion per TSE enthalten sein.  

Denn spätestens zu diesem Zeitpunkt sind alle Unternehmer verpflichtet, eine den gesetzlichen technischen Voraussetzungen entsprechende Kasse einzusetzen oder aufzurüsten. Bislang wurde übergangsweise ein Verstoß gegen diese Verpflichtung noch nicht beanstandet. Diese Regelung läuft nun zum 31. Dezember 2022 aus. 

Option zur Körperschaftsbesteuerung zum 01. Januar 2022  

Durch das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) vom 25. Juni 2021 wurde mitunter der neue § 1a Körperschaftsteuergesetz (KStG) eingeführt. Dieser räumt Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften die Möglichkeit ein, zur Körperschaftsbesteuerung zu optieren. Damit werden ein Wechsel des Besteuerungsregimes sowie ein Formwechsel vollzogen und es erfolgt eine Gleichstellung mit Kapitalgesellschaften. Damit erfolgen auch keine Gewinnentnahmen mehr, sondern es liegen offene bzw. verdeckte Gewinnausschüttungen vor, die zu Kapitaleinkünften führen. Die Option kann erstmals für Wirtschaftsjahre ausgeübt werden, die nach dem 31. Dezember 2021 beginnen (§ 34 Abs. 1 a KStG).  

Personenhandelsgesellschaften, die bis zum 30. November 2021 einen Antrag gestellt haben, werden folglich ab dem 01. Januar 2022 wie Kapitalgesellschaften mit der Körperschaftsteuer besteuert. Ob die Änderung zu einer grundlegenden Verbesserung in der Besteuerung sowie der Steigerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit von Familienunternehmen führen kann, zeigt sich erst nach praktischer Erprobung in einigen Jahren. Die bisherigen Stimmen dazu sind jedoch eher kritisch. 

Umsetzung der Grundsteuerreform 

Die Grundstückswerte werden ab dem 1. Juli 2022 nach und nach neu festgestellt. Die Gesetzesänderung geht auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10. April 2018 (Az. 1 BvL 11/14 u.a.) zurück, welches die für die Grundsteuer geltende Einheitsbewertung für verfassungswidrig erklärt hat.  

Daher sind alle Grundstückseigentümer verpflichtet, zwischen dem 1. Juli und dem 31. Oktober 2022 eine Steuererklärung für ihre Grundstücke sowie Betriebe der Land- und Forstwirtschaft abzugeben. Dabei sind für die Wertermittlung die Verhältnisse zum 1. Januar 2022 als Hauptfeststellungszeitpunkt maßgeblich. Neben dem optionalen Bundesmodell verwenden einige Länder eigene Ländermodelle zur Berechnung. 

Der Autor Maximilian Krämer LL. M. ist Rechtsanwalt und Partner der auf Steuerrecht und Steuerstrafrecht spezialisierten Kanzlei DNK Dinkgraeve Norstedt Krämer Rechtsanwälte PartGmbB in München. Der Autor Jonas Emmerich ist Group Legal Counsel bei BBS Automation GmbH in Garching bei München. 

Zitiervorschlag

Wichtige steuerliche Änderungen für das Jahr 2022: Ende der Homeoffice-Pauschale und mehr . In: Legal Tribune Online, 07.01.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47140/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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