Nach Subventionsstopp: Spanien gewinnt Schiedsverfahren: Was man erkennen konnte, muss man ertragen

von Dr. Alexandra Diehl und Heiko Heppner

04.02.2016

2/2: Erster Schiedsspruch nur ein Etappensieg

Obwohl heiß diskutiert, ist der Schiedsspruch noch nicht richtungsweisend, sondern allenfalls ein Etappensieg für Spanien. Er betraf nämlich die ersten, das spanische Solarsystem ändernden Gesetzgebungsakte des Jahres 2010, nicht aber die viel gravierenderen Änderungen ab 2013. Eine Entscheidung hierzu steht noch aus.

Darüber hinaus erging der Schiedsspruch nicht einmal einstimmig: Der von Charanne B.V. benannte argentinische Schiedsrichter Dr. Guido Santiago Tawil verfasste ein abweichendes Votum zugunsten der Kläger. Sein Tenor: Spanien hat gegen den im Energiechartavertrag verankerten Grundsatz der fairen und gerechten Behandlung verstoßen und berechtigte Erwartungen von Investoren missachtet. Ein Investor könne darauf vertrauen, dass das Rechtssystem so bleibe, wie er es bei Vornahme der Investition vorgefunden habe, und nicht komplett umgekrempelt werde. Ein Staat könne zwar im öffentlichen Interesse einen Systemwechsel einleiten, dies müsse aber (finanzielle) Konsequenzen haben.

Kein Herrschaftsinstrument der Industrie

Eine naheliegende Konsequenz des Schiedsspruchs ist seine mögliche Ausstrahlung auf künftige Entscheidungen, die Kläger der Zukunft werden einkalkulieren müssen. Der Schiedsspruch könnte aber auch noch eine weitere Folge haben: Er könnte (und sollte) dazu führen, dass die Diskussionen um die "richtige" Streitbeilegungsklausel im Transatlantischen Handels- und Investitionsabkommen (TTIP) wieder versachlicht werden. Der Fall verdeutlicht nämlich, ebenso wie die im Dezember 2015 ergangene Entscheidung im Rechtsstreit Philip Morris ./. Australien, dass das System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit nicht zwingend besonders investorenfreundlich ist. Der immer wieder stereotyp vorgetragene Vorwurf von NGOs, dass Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ein Herrschaftsinstrument der Großkonzerne sei, stimmt ganz einfach nicht.

Im Gegenteil: Die Klagen gegen Spanien zeigen, dass auch Einzelpersonen und kleine Unternehmen auf eine effektive Form der Streitbeilegung angewiesen sind. Auch und gerade Kleinanleger waren Opfer der spanischen Maßnahmen und sind tagtäglich Opfer staatlicher Maßnahmen weltweit. Ob die spanischen Gerichte, deren Finanzierung vom spanischen Haushalt abhängt, die notwendige Neutralität für viele Einzelklagen besäßen, darf bezweifelt werden. Eine neutrale Instanz in Form eines Schiedsgerichtes oder eines Investitionsgerichtshofes ist notwendig. Wie von der EU-Kommission angeregt, sollte TTIP daher Möglichkeiten der Prozessfinanzierung gerade für Privatpersonen oder kleinere  Unternehmen vorsehen. Denn Investitionsschiedsverfahren sind teuer: Charanne B.V. muss nun Verfahrenskosten in Höhe von EUR 1,3 Mio. an Spanien zahlen.

Dr. Alexandra Diehl und Heiko Heppner sind Rechtsanwälte im Bereich "Litigation & Dispute Resolution" bei der internationalen Anwaltskanzlei Clifford Chance. Dr. Alexandra Diehl unterrichtet außerdem Investitionsrecht an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Heiko Heppner ist Professor für internationales Schiedsrecht an der Fuzhou University in China.

Zitiervorschlag

Dr. Alexandra Diehl und Heiko Heppner , Nach Subventionsstopp: Spanien gewinnt Schiedsverfahren: Was man erkennen konnte, muss man ertragen . In: Legal Tribune Online, 04.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18365/ (abgerufen am: 23.04.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen