Resilienz, Ampel-Aus, Wahl, AfD-Verbotsdebatte: Der Zweite Senat war mittendrin im politischen Berlin und wurde von der dortigen GenStA düpiert. Der Erste Senat erfreute leibliche Väter und Julian Reichelt. Dann war da noch ein Leak.
1/7 Berlin und Karlsruhe (de)stabilisieren sich gegenseitig
Eines der letzten großen Projekte der laufenden Legislatur konnte die rot-grüne Rumpfregierung noch über die Ziellinie retten: das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) resilienter zu machen gegen autoritäre Kräfte, indem seine Arbeitsweise, Struktur und Mechanismen im Grundgesetz verankert werden. Da für eine Grundgesetzänderung eine Zwei-Drittel-Mitgliedermehrheit im Bundestag nötig ist, brauchte es ohnehin die Union, die nach dem Ampel-Aus auch zu ihrem Wort stand und zusammen mit der Ampel und den Linken kurz vor Weihnachten für die Reform stimmte. Nach dem Segen des Bundesrats ist die Änderung nun in Kraft.
Am Ampel-Aus selbst hatte das BVerfG auch seinen Anteil. Auch wenn später die FDP-Sabotagepläne in den Fokus der Berichterstattung rückten, sägte der Zweite Senat doch am Fundament des ohnehin fragilen und dauerkrisengeplagten Ampel-Bündnisses. Gemeint ist das Haushaltsurteil von November 2023, das schon im LTO-Jahresrückblick 2023 enthalten war. Es entfaltete erst in diesem Jahr seine volle toxische Wirkung für die Ampel. Denn es fehlten 60 Milliarden Euro im Klima- und Transformationsfonds, was auch Löcher in die Budgetplanungen für die Folgejahre riss. Im Haushalt 2024 klaffte eine Lücke von 13 Milliarden Euro. Die Koalition hatte sich zwar schon Ende 2023 auf notwendige Einsparungen geeinigt, doch wurde im Laufe 2024 klar, dass es einen Nachtragshaushalt braucht. Um die Ukraine-Hilfen zu sichern, sollte nach dem Willen von Scholz zudem die Schuldenbremse ein weiteres Mal ausgesetzt werden. Als Lindner sich weigerte, war die Koalition Geschichte.
Und mit ihr nun auch der 20. Deutsche Bundestag – denn nach der gescheiterten Vertrauensfrage gibt es am 23. Februar eine vorzeitige Neuwahl. Auch hier wird das BVerfG relevant: Da das Grundgesetz zwischen Vertrauensfrage und Neuwahl weniger Zeit einräumt, als zur Vorbereitung einer regulären Bundestagswahl nach dem Bundeswahlgesetz üblich ist, müssen die ordentlichen Fristen verkürzt werden. Kleinstparteien werden dadurch erheblich belastet, weil sie zur Wahlanmeldung Unterschriften sammeln müssen. Dieses Erfordernis bleibt trotz der verkürzten Fristen zur Wahlvorbereitung bestehen, entschied das BVerfG noch in der Vorweihnachtszeit.
Sollte man kennen: . In: Legal Tribune Online, 04.01.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56255 (abgerufen am: 18.01.2025 )
Infos zum Zitiervorschlag