Onlinehändler veranlassen elektronische Zahlungen häufig direkt, Banken brauchen sie kaum noch. Gustav Meyer zu Schwabedissen und Barbara Dörner stellen die umzusetzende EU-Richtlinie vor, die die damit verbundenen Gefahren abwehren soll.
Immer mehr Zahlungen für online gehandelte Produkte und Waren erfolgen mittlerweile über elektronische Zahlungsverfahren. Wer bei Amazon & Co einkauft, erhält immer seltener eine separate Rechnung, die er losgelöst von der Online-Bestellung bei seiner Hausbank anweist. Vielmehr löst der Besteller in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Bestellvorgang zugleich die elektronische Bezahlung aus.
Dies kann in mehreren Varianten und sowohl karten- als auch netzbasiert erfolgen. Eine Variante ist der Zugriff des Onlinehändlers auf das Bankkonto des Bestellers, wie beispielsweise von giropay. Die andere Variante sind Guthabenlösungen, auch Prepaidmodelle genannt, bei denen karten- oder netzbasiert ein Guthaben belastet wird, etwa PayPal oder Geldkarte. Die dritte Variante sind Inkassolösungen, bei denen das Bankkonto nachträglich belastet wird. Ein Beispiel hierfür ist T-Pay, wo die Forderung über die Telefonrechnung der Telekom eingezogen wird.
Der gemeinsame Nenner aller Varianten ist, dass das traditionelle Kreditinstitut am Zahlungsvorgang höchstens noch mittelbar beteiligt ist, dass also die Onlinehändler und ihre diversen Zahlungsdienstleister in gewissen Bereichen das Geschäft der Banken übernehmen. Das hat bereits 2007 den Europäischen Gesetzgeber auf den Plan gerufen, der mit der Zahlungsdiensterichtlinie Zahlungsdienste im Internet staatlicher Aufsicht unterworfen hat. Ende 2015 wurde die überarbeitete Zahlungsdiensterichtlinie 2 ((EU) 2015/2366, Payment Service Directive II, kurz PSD II) veröffentlicht und muss vom deutschen Gesetzgeber bis Februar 2018 in deutsches Recht umgesetzt werden.
Gute Idee, doch für viele schwierig umsetzbar
Die PSD II verfolgt ein wichtiges Anliegen, denn je mehr die Bedeutung elektronischer Zahlungsverfahren im Onlinehandel zunimmt, desto wichtiger werden Rechtssicherheit und Verbraucherschutz. Für die von der Regulierung Betroffenen kann von Rechtssicherheit jedoch noch keine Rede sein, denn sowohl der zum Teil unklare Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen als auch die fehlende Rechtsprechung erzeugen erhebliche Unsicherheit.
Bereits heute benötigen Anbieter von Zahlungsdiensten eine Lizenz. Hierdurch werden sie zu einem sogenannten Zahlungsdienste-Institut. Die "kleinste" der möglichen Lizenzen des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) stellt die Lizenz für das sogenannte Finanztransfergeschäft dar, das auch im Rahmen von Onlineplattformen eine überwiegende Rolle einnimmt. Der Lizenzerwerb stellt für große Kreditinstitute und große Anbieter im Onlinemarkt keine unüberwindliche Hürde dar. In der Beratungspraxis lässt sich derzeit eine zunehmende Nachfrage nach entsprechenden BaFin-Lizenzen beobachten. Es scheint, als hätten die Onlineshops keine Berührungsängste, sich als die "neuen Banken" lizensieren zu lassen.
Für Startup-Unternehmen und die Vielzahl kleinerer Anbieter von Zahlungsdiensten ist die Herausforderung, eine eigene Zahlungsdienstelizenz zu erwerben, jedoch erheblich. Zum einen ist ein Anfangskapital erforderlich, zum anderen müssen zahlreiche Nachweise erbracht werden. Darüber hinaus müssen zuverlässige und geeignete Geschäftsleiter tätig sein. Schwierig ist in diesem Zusammenhang häufig die geforderte praktische Erfahrung, die in dem Bereich bestehen muss.
Dennoch ist gerade die Lizenz für Finanztransfergeschäfte verhältnismäßig überschaubar, wenn die Onlineshops bei der Antragstellung richtig juristisch beraten und begleitet werden. Von der Lizenzpflicht betroffen sind ja nicht nur die klassischen großen Onlineplattformen – vielmehr spannt sich der Bogen weit und erfasst auch Anbieter von Kundenkarten, Prepaidkarten und E-Paymentdienstleistungen. Erlaubnisfreie und erlaubnispflichtige Tätigkeiten liegen oft nah beisammen.
PSD II: Onlineshops als neue "Banken": . In: Legal Tribune Online, 14.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19650 (abgerufen am: 11.10.2024 )
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