Regelung der Tätigkeit von Managern: Nur heiße Luft?

Ass. jur. Anton Kumanoff

18.06.2010

Als Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise ist eine heftige Diskussion über die Regelung der Tätigkeit von Managern entbrannt. Die Diskussion ist nicht vollkommen neu, basiert sie doch auf einem dem wirtschaftlichen Denken immanenten Konflikt verschiedener Interessenlagen. Anton Kumanoff analysiert die Hintergründe: Was nur neu scheint und was sich wirklich verändert hat.

Konsequenzen der Wirtschaftskrise sind nicht zuletzt Versuche, Managergehälter zu deckeln, sie persönlich in Haftung zu nehmen und neue Kriterien für ihre Vergütung zu entwickeln. Dabei wird von Seiten des Gesetzgebers der Eindruck neuartiger Regelungen erweckt, die mehr Druck auf die Manager ausübten. Aber wird die Luft für die Manager dadurch wirklich dünner?

Jede wirtschaftliche Krise schafft ihre eigenen Neuregelungen und Ergänzungen für die Führung von Unternehmen. So war Folge von spektakulären Firmenzusammenbrüchen das KontraG im Jahr 1998, in dem Kontrollpflichten verschärft wurden, danach wurde auch der Corporate Governence Kodex entwickelt. Im Jahr 2009 wurde das Gesetz über die Angemessenheit von Vorstandsbezügen (VorstAG) beschlossen und die Diskussion geht weiter.

Schaut man sich die Regelungen genauer an, stellt man fest, dass nicht jeweils Revolutionäres geschaffen wurde, sondern es wurden eigentlich einleuchtende selbstverständliche Verpflichtungen konkretisiert.

Vereinfacht geht es um die Aufgabe von Geschäftsführern, dafür zu sorgen, dass es den von ihnen geführten Unternehmen gut geht. Das VorstAG lehnt sich, soweit es auf die Angemessenheit der Bezüge abstellt, an Regelungen des Steuerrechts an, die schon seit  Jahrzehnten bekannt sind (Stichwort: verdeckte Gewinnausschüttung). Neu ist allerdings die Anknüpfung an eine nachhaltige Unternehmensentwicklung.

Die Nachhaltigkeit als immanentes Ziel des Wirtschaftslebens

Fragt man sich, wie neu das Ziel der „nachhaltigen Unternehmensentwicklung" wirklich ist, werden zwei Dinge schnell klar: Die Nachhaltigkeit ist ein dem Wirtschaften immanentes Ziel - oder sie sollte es sein. Und sie steht gleichzeitig und fast schon notwendigerweise in ständigem Konflikt zum anderen Hauptziel von Unternehmen, der Gewinnmaximierung.

Die Formulierung berücksichtigt , dass ein Unternehmen regelmäßig auf Nachhaltigkeit ausgerichtet ist. Ziel des Unternehmens ist aber auch und in erster Linie die Profitmaximierung. Diese  Ziele widersprechen einander oft. Wenn das Personal  reduziert wird, sinken die Kosten und steigert der Gewinn sich kurzfristig; wird in eine Anlageerweiterung investiert, erzeugt man neue langfristig wirkende Kapazitäten, reduziert aber kurzfristig den Gewinn. Reduziert man das Personal , reduziert man aber möglicherweise auch ein Gewinnpotential und  beschädigt damit die Nachhaltigkeit.

Natürlich schädigt man die Nachhaltigkeit, wenn Produktionsfaktoren (Personal, Produktionsanlagen) nicht wirtschaftlich eingesetzt werden und  man dadurch erhöhten Aufwand erzeugt. Diese Beispiele ließen sich beliebig fortsetzen.

Erhält der Geschäftsführer eine im Verhältnis zur Größe der Unternehmen und seinem Leistungsumfang zu hohe Vergütung, wird  die Nachhaltigkeit  durch Erzeugung überhöhter Kosten gefährdet. Wird diesem für eine kurzfristige Profitmaximierung ein Bonus gewährt, schädigt man auf Dauer das Unternehmen, wenn diese Maximierung im Widerspruch zu langfristigen Unternehmensanforderungen steht. Noch schlimmer, man schafft sogar einen Anreiz, den Betrieb zu schädigen. Eine Regelung, die an die Nachhaltigkeit anknüpft, beabsichtigt schlicht, vernünftiges Wirtschaften zu fördern. Dies ist aber ohnehin auch das Ziel richtig verstandenen Managements. Das VorstAG hat also die Vergütung an ein Kriterium geknüpft, das - im besten Falle - von diesem Geschäftsführer ohnehin verfolgt werden sollte.

Das Spannungsfeld Management - Anteilseigner

Gerade seit Ausbruch der Wirtschaftskrise wieder heiß diskutiert wird auch die stärkere Einbindung der Geschäftsleitung in Kontrollgremien, die der  Eigentümerseite zuzurechnen sind (Gesellschafterversammlung, Aufsichtsrat und ähnliches).

Diese Diskussion ist die Fortsetzung eines uralten Streites, der letztlich darin wurzelt, dass der Geschäftsführer gegenüber dem Anteilseigner durch seine laufende Managementtätigkeit einen Informationsvorsprung besitzt (Principal-Agent-Theorie).  Allerdings muss man mittlerweile vielleicht von anderen Vorzeichen ausgehen, also auch die Wirksamkeit solcher Ansätze zur stärkeren Einbindung in die Eigentümerseite bezweifeln.

Je mehr der Geschäftsführer eingebunden wird, desto mehr Informationen muss er den Kontrollgremien zur Verfügung stellen. Ein wenig geht dieses Denken davon aus, dass der Geschäftsführer in seiner - im Ansatz natürlich gewünschten - Dynamik  im Interesse der Nachhaltigkeit des Unternehmens von Fall zu Fall durch die Einbindung in die Eigentümerseite gebändigt werden sollte.

... und seine Relativierung im Jahr 2010

Dieser Denkansatz funktioniert aber nicht mehr, wenn für den Eigentümer die Nachhaltigkeit nachrangig ist. Es soll hier an das Phänomen der so genannten Heuschreckenplage erinnert werden. Dabei werden unter Einsatz hoher Fremdmittel Unternehmen erworben, die Lasten der Finanzierung werden den Unternehmen durch ein Bündel von Maßnahmen ( z.B. Übernahme der Fremdmittel, hohe Ausschüttungen) auferlegt. Die Refinanzierung der Investition erfolgt kurzfristig durch die erworbene Gesellschaft . Es gibt genügend Fälle, in denen  Unternehmen diese Art des Erwerbs auch schon mittelfristig nicht  überlebt haben.

Man braucht jedoch nicht in die Welt der Heuschrecken einzutauchen: Es gibt genug (nicht publikumsträchtige) Beispiele mittelständischer Gesellschaften, denen eine überschaubare Zahl der Anteilseigner mittels Dividendenmaximierung die Rücklagen entzieht (oder gar nicht erst entstehen lässt), die es bräuchte, um nachhaltig am Markt zu bestehen. Auch wenn nur bilanzielle Gewinne ausgeschüttet werden dürfen, sinkt natürlich tendenziell die Innenfinanzierungskraft, die Abhängigkeit von Fremdkapital wird größer. Eine naturgemäß riskante Entwicklung - die von der Vorstellung des an Nachhaltigkeit interessierten Eigentümers weit entfernt ist.

Andererseits geht die Interessenlage des geschäftsführenden Managers oft dahin, das Unternehmen auch länger zu führen. Es gibt also - und dies durchaus zunehmend -  Situationen, in denen der Geschäftsführer der Anwalt der Nachhaltigkeit des Unternehmens ist, nicht jedoch der Anteilseigner.

Wenn man es richtig sieht, ist es das Schicksal des Managers, in einer dünnen Luft leben zu müssen. Dafür sorgt schon das Spannungsfeld widersprüchlicher Unternehmensziele. Regelungen, die diesem wirtschaftlichen Phänomen hinterher laufen,  verdünnen die Luft nicht. Sie konkretisieren sie nur.

Der Autor Ass.jur. Anton Kumanoff ist für eine international ausgerichtete Unternehmensberatungsgesellschaft tätig. Sein Schwerpunkt ist die Beratung bei Managementsystemen.

Zitiervorschlag

Regelung der Tätigkeit von Managern: . In: Legal Tribune Online, 18.06.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/769 (abgerufen am: 13.12.2024 )

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