Künftig soll das Mutterschutzgesetz auch für Studenten gelten, der Kündigungsschutz wird ausgeweitet. Was sich die Bundesregierung sonst noch zur Reform des Mutterschutzgesetzes ausgedacht hat, erläutert Till Hoffmann-Remy.
Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) ist in die Jahre gekommen. Die Bundesregierung plant daher, das Gesetz auf den Stand der Zeit zu bringen, den aktuellen Stand der gesundheitswissenschaftlichen Erkenntnisse einzubringen und gleichzeitig die Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz (MuSchArbV) zu integrieren, um einen einheitlichen Regelungsort zu gewährleisten. Das Gesetz soll noch in diesem Jahr verabschiedet werden und zum 1. Januar 2017 in Kraft treten.
Mit der geplanten Änderung der Systematik und Struktur des Gesetzes wird das MuSchG jedoch nicht notwendigerweise anwenderfreundlicher: Der Großteil der geplanten Änderungen liegt im sprachlichen oder redaktionellen Bereich, und nicht überall wird das Gesetz durch die nun im Raum stehenden Formulierungen verbessert. Dies einmal dahingestellt, richtet sich der Blick der Praxis vor allem auf die zu erwartenden inhaltlichen Änderungen.
Diese liegen insbesondere im persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes, der sich jetzt auch auf Schüler und Studierende erstreckt. Darüber hinaus sind die Anpassung von Schutzfristen nach der Geburt eines behinderten Kindes und die Schaffung eines Kündigungsschutzes bei Fehlgeburten geplant. Neu gefasst wurden ebenfalls die Vorschriften über die mutterschutzrechtliche Gefährdungsbeurteilung, Flexibilisierungsmöglichkeiten im Bereich Nachtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit.
"Mutter" unabhängig vom Geburtseintrag
Bei der Lektüre des Gesetzesentwurfes ist die erste Änderung besonders augenfällig: Der Gesetzgeber definiert nunmehr gesetzlich, wer im Sinne des MuSchG eine Mutter ist und wer nicht. Der Anwendungsbereich erstreckt sich zukünftig auf "jede Person, die schwanger ist oder ein Kind geboren hat oder stillt, unabhängig von dem in ihrem Geburtseintrag angegebenen Geschlecht."
Damit, so heißt es in der Begründung des Entwurfs, nimmt sich "die Neuregelung im Hinblick auf die Personen ohne Angabe zum Geschlecht in ihrem Geburtseintrag, der Problemstellungen des deutschen Ethikrates zum Thema Intersexualität an". Erfasst sind damit auch beispielsweise stillende Transsexuelle, die laut Geburtseintrag als Mann geboren wurden. Es ist davon auszugehen, dass die praktischen Auswirkungen dieser Änderung im Unternehmensalltag eher überschaubar bleiben.
Weitaus wesentlicher ist, dass das neue MuSchG auch die fakultative Inanspruchnahme von Mutterschutz für Schüler, Studierende, Teilnehmer des Bundesfreiwilligendienstes, Entwicklungshelfer und Praktikanten i.S.d. § 26 Berufsbildungsgesetz (BBiG) vorsieht. Ebenfalls neu ist, dass das Gesetz nicht mehr auf Arbeitnehmer, sondern auf Beschäftigte im sozialrechtlichen Sinne abstellt. Diese Änderung ist maßgeblich unionsrechtlichen Vorgaben geschuldet, die bekanntlich auch Fremdgeschäftsführerinnen als geschützt durch mutterschutzrechtliche Regelungen ansehen (EuGH, Urt. v. 11.11.2010, Az. C–232/09, "Danosa").
Mutterschutzgeld und Schutzfristen
Die Berechnung der Mutterschutzleistungen wird künftig vereinheitlicht, indem eine zentrale Neuregelung für die Ermittlung des durchschnittlichen Arbeitsentgelts festgeschrieben wird. Dies wird tatsächlich zu Erleichterungen für die Praxis führen.
Das neue MuSchG sieht darüber hinaus eine vorsichtige Ausweitung der einschlägigen Schutznormen vor, die für die Personalpraxis wichtig werden:
Grundsätzlich beginnt und endet der Mutterschutz auch nach dem neuen Entwurf sechs Wochen vor der Entbindung bzw. acht Wochen danach. Frauen, die ein behindertes Kind zur Welt bringen, soll aber künftig ein verlängerter Mutterschutz von zwölf statt früher acht Wochen nach der Geburt zustehen. Bisher galt diese verlängerte Schutzfrist nur bei Früh- und Mehrlingsgeburten sowie Zwillingsgeburten.
Neu eingeführt wird ein Kündigungsschutz von vier Monaten auch bei einer nach der zwölften Schwangerschaftswoche erlittenen Fehlgeburt. Bisher hatten die arbeitsrechtlichen Regelungen für Fehlgeburten – wenig nachvollziehbar – gar keinen Kündigungsschutz vorgesehen. Damit erkennt der Gesetzgeber an, dass diese Frauen ein Kind geboren haben.
Reform des Mutterschutzes: Erste Beratung im Bundestag: . In: Legal Tribune Online, 25.07.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20101 (abgerufen am: 01.12.2024 )
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