Am 1. April treten die Neureglungen bei den als Ein-Euro-Jobs bezeichneten Arbeitsgelegenheiten in Kraft. Mit der Reform hat die Politik vor allem auf die heftige Kritik an dem Instrument reagiert, und seine Einsatzmöglichkeiten entsprechend zurückgeschraubt. Ob die Ein-Euro-Jobs so künftig der Arbeitsförderung dienlich sein können, ist fraglich. Von Martin Kellner.
Die im Zuge der Hartz-IV-Reform zum 1. Januar 2005 eingeführten Arbeitsgelegenheiten gegen Mehraufwandentschädigung (so genannte Ein-Euro-Jobs) waren von Beginn an als Instrument der Arbeitsförderung rechtlich und arbeitsmarktpolitisch umstritten. Ihnen liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Beschäftigung zu finanzieren sinnvoller ist, als Arbeitslosigkeit zu alimentieren.
Die Arbeitsgelegenheiten erfreuen sich zumeist der Beliebtheit der Teilnehmer, da sie einen Hinzuverdienst zum Arbeitslosengeld II ("Hartz IV") ermöglichen. Als Parkpfleger oder als Arbeitskräfte, die alten Damen beim Einsteigen in die Straßenbahn helfen, gehören Ein-Euro-Jobber damit inzwischen vielerorts zum Stadtbild.
Arbeitsgelegenheiten nur noch für Schwervermittelbare
Nachdem die gesetzlichen Instrumente der Arbeitsförderung insgesamt nicht in der erhofften Weise die Vermittlung in Arbeit bewirkt hatten, vereinbarten die Regierungsparteien CDU/CSU und FDP nach der Bundestagswahl 2009 eine Überprüfung der Förderinstrumente. Starken Einfluss auf die Reform nahm zudem die Vorgabe der Bundesregierung an die Bundesagentur für Arbeit, ab 2012 erhebliche strukturelle Einsparungen vorzunehmen.
Einen weiteren Impuls gab schließlich eine harsche Kritik des Bundesrechnungshofs an den Ein-Euro-Jobs. Einem Prüfbericht aus dem Jahr 2010 zufolge sind die meisten Arbeitsgelegenheiten für die Arbeitslosen nicht hilfreich. Zudem hätte mehr als die Hälfte der Ein-Euro-Jobs nicht gefördert werden dürfen, da sie keine zusätzlichen Tätigkeiten im Interesse der Allgemeinheit begründen oder in Konkurrenz zu ungeförderten Unternehmen stehen.
Nach der am 1. April 2012 in Kraft tretenden Reform sind nun für die öffentliche Beschäftigungsförderung die mangelnden Chancen des teilnehmenden Arbeitslosen auf eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt maßgeblich. Laut der Gesetzesbegründung wird damit "die Ausrichtung der öffentlichen geförderten Beschäftigung auf einen arbeitsmarktfernen Personenkreis zur Aufrechterhaltung und (Wieder-)Herstellung der Beschäftigungsfähigkeit geschärft". Dies bedeutet letztlich nichts anderes, als dass es weniger Ein-Euro-Jobs geben wird und diese schwer vermittelbaren Arbeitslosen vorbehalten bleiben sollen. Überdies wird die individuelle Förderung auf maximal zwei Jahre innerhalb von fünf Jahren befristet.
Qualifizierende Tätigkeiten nicht mehr vorgesehen
Doch auch bei den Tätigkeiten, die im Rahmen der Ein-Euro-Jobs verrichtet werden, gibt es Neuerungen. Offenbar als Reaktion auf die Kritik des Bundesrechnungshofs ist künftig die Wettbewerbsneutralität der Arbeitsgelegenheiten gesetzlich vorgesehen: Ein-Euro-Jobs dürfen die Wirtschaft nicht beeinträchtigen und Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weder verdrängen noch verhindern.
Dieses Erfordernis ist bei den Sozialverbänden auf heftige Kritik gestoßen: Eine wettbewerbsneutrale Tätigkeit sei wirtschaftlich sinnlos und könne daher auch nicht auf den ersten Arbeitsmarkt vorbereiten. Tatsächlich wird die Wettbewerbsneutralität die Ein-Euro-Jobs nicht wesentlich verändern. Viele Jobcenter förderten bereits in der Vergangenheit nur Arbeitsgelegenheiten, die das aus dem Recht der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen bekannte Kriterium der Wettbewerbsneutralität erfüllten.
Nach altem Recht konnten Arbeitsgelegenheiten Praktika und Qualifizierungsmaßnahmen beinhalten, wie zum Beispiel ein Bewerbungstraining oder die Erarbeitung von beruflichen Alternativen und Anschlussperspektiven. Dies ist nach neuem Recht nicht mehr der Fall, da sich die Arbeitsgelegenheiten in der Verrichtung der jeweiligen Arbeiten erschöpfen sollen. Den Jobcentern bleibt jedoch die Möglichkeit, parallel zu den Ein-Euro-Jobs Qualifizie-rungsmaßnahmen auf Grundlage der anderen gesetzlichen Instrumente zu gewähren. Solche Maßnahmen werden aber in der Regel von anderen Trägern durchgeführt als die Arbeitsgelegenheiten. Die Koordination der verschiedenen Maßnahmen wird so zwangsläufig zu Reibungsverlusten bei den Beteiligten führen.
Obgleich die Reform die Entscheidungsspielräume und Handlungsmöglichkeiten der Jobcenter erweitern soll, stößt sie dort auf wenig Begeisterung. Ob die kleinteiligeren Instrumente einen passgenaueren individuellen Einsatz der Arbeitsförderung erlauben, erscheint fraglich. Sicher ist dagegen, dass sich die Zahl der Ein-Euro-Jobs weiter verringern wird. Eine Umverteilung der Eingliederungsmittel führte schon in der Zeit von 2009 bis 2011 zu einem Rückgang von jährlich 234.000 Arbeitsgelegenheiten auf 134.000. Die Instrumentenreform wird die öffentlich geförderte Beschäftigung weiter zurückdrängen.
Dr. Martin Kellner, LL.M. ist Richter am Sozialgericht in Freiburg i. Br.
Reform der Ein-Euro-Jobs: . In: Legal Tribune Online, 31.03.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5909 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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