Die Veröffentlichung von Sexvideos aus Beziehungen im Internet ist eine besonders perfide Form der Rache und alles andere als ein Einzelfall. Diana Grün erläutert die Rechtslage und klärt über die Möglichkeiten der Rechtsverfolgung auf.
Aktuell ist auf Netflix eine Dokumentation über den "meistgehasste Mann im Internet" (Rolling Stone Magazine) zu sehen. Der US-Amerikaner Hunter Moore betrieb die Website "Is Anyone Up", auf der jeder Bilder mit expliziten Inhalten teilen konnte. Darunter Tausende Videos und Bilder mit "Revenge Porn".
Darunter versteht man die Veröffentlichung von intimen Bild- oder Videodateien nach Beendigung der Beziehung durch einen der Ex-Partner. Die Dateien wurden dabei während der noch intakten Beziehung regelmäßig in beiderseitigem Einverständnis aufgenommen und waren ausschließlich für die beiden Beziehungspartner bestimmt. Ziel der Veröffentlichung eines solchen Rachepornos, ist meistens beim Opfer Beschämung und Kummer auszulösen. Zusätzlich zur bloßen Veröffentlichung des expliziten Materials, werden manchmal auch persönliche Informationen über das Opfer, wie zum Beispiel die Kontaktinformationen, angegeben.
Jede fünfte Frau betroffen
Davon zu unterscheiden ist der "Deepfake Porn". Hierbei wird anhand künstlicher Intelligenz das Gesicht in einem bereits existierenden Video anhand einfacher Fotos mit einem anderen Gesicht ausgetauscht. Es entsteht somit glaubhaft der Eindruck, die betroffene Person hätte an dem pornografischen Video mitgewirkt, ohne dass dies je der Fall war.
30 Millionen Aufrufe soll die Website "Is Anyone up" gehabt haben. Die Website war "Zentrum für Frauen-Bashing und Mobbing" im Internet. Auch wenn die Website schon lange abgeschaltet ist, Hunter Moore inzwischen auch eine Haftstrafe verbüßt hat, das Thema Racheporno ist noch aktueller geworden.
Nach einer Studie der Monash-Universität in Melbourne ist inzwischen jede fünfte Frau im Alter zwischen 18 und 45 Jahren bereits Opfer im Zusammenhang mit einem Racheporno geworden. 2019 musste Facebook pro Monat mehr als eine halbe Million Beiträge auf seinen Plattformen bezüglich Rachepornos überprüfen und entfernen. Die Dunkelziffer dürfte hier weitaus höher liegen.
Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren auf Verbreitung von Rachepornos nach dem StGB
Die Veröffentlichung von Rachepornos stellt eine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs nach § 201a Strafgesetzbuch (StGB) dar. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Aufnahmen zunächst im Einverständnis der anderen Partei aufgenommen worden sind. Maßgeblich ist lediglich, dass die Verbreitung ohne Einwilligung der anderen Partei erfolgt. Der Strafrahmen eines solchen Vergehens beläuft sich auf eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.
Die Norm erfasst nicht nur Rachepornos, sondern auch etwa auch die Herstellung und Verbreitung heimlicher Nacktaufnahmen in geschützten Räumen, wie zum Beispiel einer Umkleidekabine.
Bei der Veröffentlichung von Rachepornos steht natürlich oft der Ex-Partner oder die Ex-Partnerin als Verdächtiger im Fokus. Doch im Falle von Hacking kommen auch Dritte Personen in Betracht. Erstatten Betroffene Anzeige besteht eine valide Möglichkeit, dass der Täter auch in schwierigen Fällen ausfindig gemacht wird.
Wichtig für erfolgreiche Ermittlungen ist es, dass Betroffene die entsprechenden Beweise frühzeitig sichern, sodass die Rechtsverletzung unschwer und eindeutig zu erkennen ist (Aufnahmedatum, URL, Uhrzeit, Nutzername, Channel, Abfilmen des Videomaterials), damit eine lückenlose Beweiskette für die rechtliche Durchsetzung der Interessen besteht.
Löschungsanspruch schon bei Beziehungsende
Die Verbreitung von Revenge-Porn, ohne Einwilligung der abgebildeten Person, stellt einen Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht am eigenen Bild dar. Denn zum rechtlich geschützten Bereich des Persönlichkeitsrechts gehört, dass der Einzelne grundsätzlich allein bestimmen kann, was mit Bildnisaufnahmen von ihm oder ihr geschieht. Wenn ein Bild gegen den Willen des Betroffenen veröffentlicht wird, bedarf es einer Rechtfertigung, wie etwa eines öffentlichen Interesses. Ein solches liegt bei Revenge Porn jedoch nicht vor.
Betroffene haben gegenüber dem Ex-Partner einen Anspruch auf Löschung. Das Recht auf Löschung besteht, insbesondere auch dann, wenn die Aufnahme ursprünglich im Einverständnis mit der betroffenen Person aufgenommen worden ist. Ein einmal erteiltes Einverständnis kann jederzeit widerrufen werden. Dieser Löschungsanspruch gilt laut BGH sogar bereits mit Beziehungsende und nicht erst bei Veröffentlichung im Internet.
Unterlassung und Geldentschädigung gegen Verbreiter
Auch steht Betroffenen ein Anspruch auf Auskunft zu, sodass sie vom Verbreitenden Informationen darüber verlangen können, wo die Aufnahmen überall geteilt wurden. Darüber hinaus besteht ein Anspruch auf Unterlassung, um zu erreichen, dass der Ex-Partner keine weiteren Inhalte verbreitet.
Da durch die Veröffentlichung in den Kernbereich der Intimsphäre eingegriffen wird, haben Betroffene grundsätzlich ebenso auch Anspruch auf eine Geldentschädigung. Hierbei gilt es aber zu beachten, dass der Zeitfaktor entscheidend ist. Die gerichtliche Praxis hat gezeigt, je länger eine Belastung im Internet für den Betroffenen vorlag und diese geduldet wurde, desto unwahrscheinlicher wurde der Zuspruch einer Geldentschädigung seitens des Gerichts, aufgrund angenommener geringer Belastung des Betroffenen.
Effektives Vorgehen gegen Google & Co möglich
Während die Inanspruchnahme gegen den Ex-Partner rechtlich vergleichsweise einfach ist, gestaltet sich das Vorgehen gegen die Plattform, die "Revenge-Porn" verbreitet, oft schwierig. Der Löschungsanspruch besteht gegenüber der Plattform zweifellos. Allerdings führt dies oft nicht zum Erfolg. So soll etwa der Betreiber von "Is Anyone Up", Hunter Moore, auch auf Löschungsbegehren nicht reagiert haben.
Gerade in solchen Fällen ist es dann effektiv das Löschungsbegehen auch an Suchmaschinenbetreiber wie Google zu richten. So kann der "worst case" verhindert werden, dass nämlich das Video in der Google-Suche bei Eingabe des Namens des Betroffenen angezeigt wird.
Auch die meisten größeren Websites und Social-Media-Anbieter bieten bereits die Möglichkeit, Inhalte zu löschen und Nutzer zu sperren. Viele Websites haben dafür inzwischen ein vorgefertigtes Formular, in dem angeben werden kann, dass die Bild- oder Videodatei ohne Einverständnis veröffentlicht wurde.
Software erleichtert Rechtsverfolgung
Die Veröffentlichung von Rachepornos kann viele Betroffene in eine schwere psychische Krise stürzen. Frauen können in den bundesweiten Frauenberatungsstellen und Frauennotrufen Hilfe finden. Für unter 18-Jährige steht anonym die Nummer gegen Kummer zur Verfügung. Selbstverständlich macht es auch Sinn, sich an eine auf Medienrecht spezialisierte Anwaltskanzlei zu wenden, soweit es um ein rechtliches Vorgehen geht. Mittlerweile besteht auch eine weitere Option: Das Unternehmen "Am I in porn" hat sich bewusst auf die Suche nach Rachepornos spezialisiert. Wer befürchtet Opfer einer solchen Veröffentlichung geworden zu sein, kann anhand einer Gesichtssuche im Internet, mögliche Inhalte aufspüren und dann löschen lassen. Die rechtliche Zulässigkeit dieser Methode ist allerdings umstritten.
Die Autorin Dr. Diana Grün ist Gründungspartnerin der Medienrechtskanzlei Prinz Rechtsanwälte und in New York als Foreign Legal Consultant zugelassen. Ihre Tätigkeitsschwerpunkt liegen im Presse- und Äußerungsrecht sowie im Kunstrecht.
Rechtliches zu Rachepornos: . In: Legal Tribune Online, 10.09.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49588 (abgerufen am: 07.10.2024 )
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