Die Panama Affäre zeigt, dass Briefkastenfirmen vielfach zur illegalen Steuervermeidung genutzt wurden. Doch nicht alle Anwendungsmöglichkeiten einer Briefkastenfirma sind unzulässig, erklärt Björn Demuth.
Mit der Panama-Affäre erlangen Briefkastenfirmen unschöne Prominenz. Diese Unternehmen haben kein eigenes Geschäft, Personal oder eigene Räume, aber üblicherweise ein Bankkonto. Die Rechtsform ist zumeist die einer juristischen Person, also eine Ltd, GmbH oder AG. Der Sitz ist oft in Steueroasen, wie Panama, den Cayman-Inseln, den Seychellen, Andorra aber nach wie vor auch in Ländern wie Liechtenstein und Monaco.
Für diese Briefkastenfirmen gibt es verschiedene Anwendungsmöglichkeiten. Die Firma als solche ist ebenso wie deren Verwendung nicht per se unzulässig. Entscheidend ist, wofür die Gesellschaft verwendet wird. Vorrangig dienen Briefkastenfirmen dazu, Vertraulichkeit zu wahren. Sitz und Vermögensinhaber oder Unternehmer sollen zum Schutz der Privatsphäre oder zur Ermöglichung legaler Geschäfte geheim gehalten werden, etwa wenn Verfolgung oder Wettbewerbsverzerrungen drohen oder der eigentliche Akteur bekannt würde.
Kleinere Firmen nutzen Briefkastengesellschaften gelegentlich als ersten Zugang zu Auslandsmärkten, um nicht gleich das volle Kostenrisiko einer operativen Einheit vor Ort eingehen zu müssen. Ebenso soll durch die Zwischenschaltung einer weiteren Gesellschaft das Haftungsrisiko von Auslandsaktivitäten begrenzt werden oder als Joint Venture eine Interessenbündelung zur gemeinsamen operativen Einheit ermöglichen.
Briefkastenfirma ist kein Steuersparmodell
Manche Unternehmen versuchen aber auch, ihre Einkünfte zu verschleiern. Obwohl eine Briefkastenfirma unter dem Steuerblickwinkel kein Steuersparmodell ist. Denn: Die Gesellschafter werden grundsätzlich nicht begünstigt. Passive Einkünfte solcher Gesellschaften etwa aus Miete, Zinsen oder Lizenzen werden ihnen direkt zugewiesen. Also sind diese in Deutschland zu versteuern. Der Gesetzgeber fingiert, die Gesellschaft sei nicht existent oder schütte das Geld umgehend aus.
Damit wird deutlich: Wer Briefkastenfirmen verwendet, um sich seiner steuerlichen Pflichten zu entziehen, begeht eine Straftat. Es lässt sich aber nicht pauschal sagen, wo genau die Grenzziehung zur Illegalität ist. Entscheidend ist, wofür die Gesellschaft verwendet wird.
Schon in der jüngeren Vergangenheit haben die G20 Länder, die als Forum für die Kooperation und Konsultation in Fragen des internationalen Finanzsystems dienen sollen, ihr Vorgehen gegen Steuersünder verstärkt. Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung wollen viele Industriestaaten nicht mehr hinnehmen. Vor diesem Hintergrund haben die G20-Staaten 2012 das sogenannte BEPS-Projekt (Base Erosion and Profit Shifting) ins Leben gerufen. Ziel ist es, Gewinnverlagerungen von Unternehmen in steuergünstige Regionen der Welt zu beseitigen.
2/2: Automatischer Austausch über Konten
Im Rahmen dieser Maßnahmen wird im nächsten Jahr der automatische Informationsaustausch über Konten unter vielen Staaten starten. Das Country-by-Country Reporting wird zu zusätzlichen Kosten führen. Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass die hierdurch dargestellten sensiblen Daten nicht für andere Zwecke Verwendung finden.
Die BEPS-Maßnahmen werden derzeit verhandelt und müssen nun von den beteiligten Staaten in ihr jeweiliges nationales Recht und auch in internationale Abkommen umgesetzt werden. Das BEPS-Projekt ist sicherlich ein Meilenstein in der internationalen Steuerpolitik. Eine abschließende und umfassende Bewertung der Ziele und Maßnahmen ist angesichts der noch ausstehenden Umsetzung allerdings verfrüht. Darüber hinaus gibt es Verschärfungen des Rechts zur Selbstanzeige für Steuersünder. Auch diese Maßnahmen sollen Steuerhinterziehung erschweren und Steuerehrlichkeit herstellen.
Die nun offenbarten Panama Papers zeigen, dass es eine große Nachfrage nach Briefkastenfirmen gibt und solche auch von vermögenden Menschen und Prominenten verwendet wurden. Gerade Prominente haben verständlicherweise ein verstärktes Interesse an Privatsphäre. Aber ob die Panama Papers letztendlich kriminelle Machenschaften in großem Stil aufdecken werden, wird sich noch zeigen, ebenso auf welchem Wege die Informationen der panamesischen Kanzlei abhanden kamen.
Beweiskraft der Panama-Papiere zweifelhaft
Sollten Staaten hieran mitgewirkt haben, wäre das unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten sehr bedenklich. Für die Frage der Verwertbarkeit solcher Informationen spielt die Erlangung der Informationen schließlich auch eine Rolle. So hat das Bundesverfassungsgericht bisher entschieden, dass solche Papiere Hausdurchsuchungen nur rechtfertigen können, wenn sie nicht vom Staat illegal erlangt wurden (Beschl. v. 09.11.2010, Az. 2 BvR 2101/09). Ob die Unterlagen als solche bereits ein Beweismittel darstellen, um kriminelle Firmeninhaber zu verurteilen, ist noch offen. Ohne weitere Beweismittel scheint dies zweifelhaft. Allerdings wird hier sicherlich auch die Aussagequalität der Papiere eine Rolle spielen.
Inwieweit das Bankenwesen durch die Affäre einen weiteren Rückschlag erleiden wird, ist auch noch unklar. Der Druck auf die Banken wird sich jedenfalls weiter verschärfen, auch wenn deren Geschäftsmodelle durch zunehmende Bürokratie und das Zinsumfeld eingeschränkt oder gar beseitigt werden. Am Ende wird hier der kleine Anleger oder Kreditnehmer das Nachsehen haben, weil die Leistungen für ihn zu teuer werden oder so aufwendig sind, dass sie ihm nicht mehr offeriert werden.
Wer Briefkastenfirmen für strafrechtliche Aktivitäten genutzt hat, wird sich auf Ermittlungen einstellen müssen. Im Bereich der Steuerhinterziehung bleibt den Betroffenen vielleicht noch Zeit, eine strafbefreiende Selbstanzeige zu versuchen. Wer bisher glaubte, in der heutigen Zeit noch Geheimnisse bewahren zu können, erfährt durch die Aufdeckung einen herben Schlag und die OECD ebenso wie die meisten Staaten werden ihr Bemühen um die Bekämpfung von Steuersündern weiter forcieren. Das Bemühen, Staaten wie Panama nun auch in die Offenlegungungsstrategie miteinzubeziehen, wird nun sicherlich mit deutlich mehr Nachdruck betrieben werden.
Der Autor Dr. Björn Demuth ist Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht. Er ist Partner bei CMS Hasche Sigle in Stuttgart.
Dr. Björn Demuth , Panama-Affäre: Die Firma im Briefkasten . In: Legal Tribune Online, 08.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19016/ (abgerufen am: 25.04.2024 )
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