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OVG Münster verneint Offenlegungspflicht: Uni Köln und Bayer dürfen Koope­ra­ti­ons­ver­trag geheim halten

von Hermann Horstkotte

18.08.2015

Pharmaforschung (Symbolbild)

Bild: © Alexander Raths - fotolia.com

Die Uni Köln und das Pharma-Unternehmen Bayer müssen ihren Kooperationsvertrag in der Gesundheitsforschung nicht offenlegen, entschied am Dienstag das OVG Münster. Ein Grundsatzurteil, aber mit Tradition, meint Hermann Horstkotte.

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Die Kläger um die  Bürgerinitiative "Coordination gegen Bayer-Gefahren" (CGB) wollten wissen, was in einem umfassenden  Rahmenvertrag zwischen der staatlichen Hochschule und dem privaten Arzneimittelkonzern genau steht.

Sie stützten ihre Nachfrage auf das nordrhein-westfälische Informationsfreiheitsgesetz (IFG NRW), das jedem Bürger Einsicht in Behördenakten gewährt. Nach einem mehrjährigen Rechtsstreit ist das Auskunftsbegehren am Dienstag dieser Woche vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster gescheitert, die Revision gegen ihre Berufungsentscheidung ließen die Richter nicht zu (Urt. v. 18.08.2015, Az. 15 A 97/13).

Viel Angst vor recht wenig Geld

Bei der Frage, ob öffentlich-private Vereinbarungen im Bereich von Hochschulforschung und Innovation offenzulegen sind oder geheim gehalten werden dürfen, geht es um viel Geld, laut Hochschulrektorenkonferenz um derzeit rund anderthalb Milliarden Euro von der gewerblichen Wirtschaft im Jahr.

Das sind insgesamt aber nur gut vier Prozent der Hochschuletats deutschlandweit, annähernd neunzig Prozent finanzieren Bund und Länder. Trotzdem hegen Bildungspolitiker von politischen Parteien, Gewerkschaften und Studentenschaften häufig und immer wieder die Befürchtung, staatliche Hochschulen könnten so dem Zugriff "der Wirtschaft" erliegen. Im Fall, über den das OVG Münster zu entscheiden hatte, ging es um eine "Rahmenvereinbarung" zwischen der Universität zu Köln und der Firma im benachbarten Leverkusen.

Dieser Vertrag sieht noch keine einzelnen Forschungsprojekte vor, sondern einen gemeinsamen Lenkungsauschuss, der konkrete Vorhaben aussucht und durchführen lässt. Dass auch eine solche, nicht projektgebundene Vereinbarung im Namen der grundgesetzlich verbürgten Wissenschaftsfreiheit vor der Öffentlichkeit geschützt sei, erschien den Klägern und dem amtlichen Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit nicht einleuchtend.

OVG Münster: Forschung ist ein weites Feld

Der Gesetzgeber hat aber den Bereich der Forschung bewusst aus der Offenlegungspflicht herausgenommen. Eine völlige Informationsfreiheit gilt nach dem NRW-Gesetz nicht für den "Bereich von Forschung, Lehre und Prüfungen" sowie für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von Unternehmen, mit denen Hochschulen zusammenarbeiten. Diese Einschränkungen machen  ausdrücklich auch ähnliche Gesetze in den meisten, wenngleich nicht allen Bundesländern.

Auf sie bezog sich da OVG Münster. Der Begriff "Forschung und Lehre" im IFG sei ebenso weit gefasst wie der Begriff der Wissenschaftsfreiheit im Grundgesetz, so die westfälischen Richter, die damit das Ergebnis der Vorinstanz bestätigten. Er schließe sowohl die wissenschaftliche Erkenntnisgewinnung durch Forschung im engeren Sinn als auch unmittelbar wissenschaftsrelevante Angelegenheiten wie zum Beispiel Drittmittelverträge und ähnliche organisatorische Vorkehrungen für Forschungsvorhaben ein. Zu den letztgenannten zähle auch die fragliche Rahmenvereinbarung.

Letztlich  folgen die Richter damit der Vorstellung  vom "Großbetrieb der Wissenschaft", von dem der Hochschulpolitiker Adolf von Harnack schon 1905 sprach. Diese Organisationsform und Arbeitsweise hat sich seither vor allem in den Natur- und Technikwissenschaften durchgesetzt. Das alte Ideal vom geistigen Einzelkämpfer am eigenen Schreibtisch, in Humboldtscher "Einsamkeit und Freiheit“, wird hingegen in der Jurisprudenz und anderen Buchwissenschaften noch besonders wertgeschätzt.

Allerdings: Big Science braucht Big Money. Deshalb gehört das Werben um private Geldgeber heute zum gesetzlichen Auftrag  aller Hochschulen und Professoren. Dabei bleibt die vielbeschworene Hochschulautonomie aber "ein vom Staat verliehenes, abgetretenes Recht", wie der frühere Generalsekretär des Stifterverbandes, Manfred Erhardt, gelegentlich gern klarstellte. Wissenschaftsnahe Unternehmen können den staatlichen Auftrag freilich gern unterstützen.

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Hermann Horstkotte, OVG Münster verneint Offenlegungspflicht: . In: Legal Tribune Online, 18.08.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16646 (abgerufen am: 11.11.2025 )

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