Der Rechtsstreit um die Verteilungspraxis der VG Wort zieht sich schon eine Weile hin. Der Urheberrechtler Martin Vogel wehrt sich dagegen, dass die VG Wort einen Teil seiner Tantiemen für wissenschaftliche Veröffentlichung an die Buchverlage auszahlt. Nun gab ihm das OLG München wie die Vorinstanz Recht. Es bleiben die Fragen: Einzelfall oder Musterklage? Mehr oder weniger Geld für Urheber?
Wer einen Aufsatz für die NJW schreibt, seine Doktorarbeit als Buch veröffentlicht oder bei der LTO einen Artikel beisteuert, kann dies der Verwertungsgesellschaft (VG) Wort melden, die treuhänderisch Urheberrechte für Autoren verwaltet. Im darauf folgenden Sommer bekommt er von der Verwertungsgesellschaft dafür Geld überwiesen. Wie viel er erhält, richtet sich nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel.
Mehr als 40.000 Autoren machen davon Gebrauch. Einzahlen müssen das Geld diejenigen, die einen Beitrag nach der Erstveröffentlichung nutzen, etwa durch Vervielfältigungen, die Aufnahme in einen Pressespiegel oder den Nachdruck in Schulbüchern.
Bereits 2012 und wieder in diesem Jahr mussten die Autoren etwas länger auf ihr Geld warten. Grund dafür ist ein Rechtsstreit über die Beteiligung von Buchverlagen an den Ausschüttungen. Die VG Wort verteilt das Geld nämlich nicht nur unter den Urhebern, sondern auch an ca. 10.000 Verlage. Der Urheberrechtler und Wissenschaftsautor Martin Vogel hält diese Verteilungspraxis für rechtswidrig und klagt dagegen. Das Geld stehe den Urhebern zu. Im Wesentlichen bekam er am Donnerstag damit vor dem Oberlandesgericht (OLG) München Recht.
Verlage dürfen nicht an Vogels Tantiemen beteiligt werden
Das OLG hat sich Zeit gelassen mit seiner Entscheidung über die Berufung. Ursprünglich wollte der Senat sein Urteil im Juli verkünden. Daraus wurde erst September und schließlich Oktober. Nun bestätigten die Münchner Richter in der Hauptfrage die Entscheidung des Landgerichts (LG) München I und damit auch Vogels Argumentation (OLG München, Urt. v. 17.10.2013, Az. 6 U 2492/12).
Die Verwertungsgesellschaft darf die Verlage, in denen Vogels Bücher erschienen sind, nicht ohne weiteres an den Tantiemen des Autors beteiligen. Die Berechnung eines Verlegeranteils sei nur dann rechtens, wenn der Autor seine Rechte ausdrücklich abgetreten habe, sagte der Vorsitzende Richter am Donnerstag. Dies sei aber nicht der Fall.
Vogel, der heute Mitglied der Beschwerdekammern beim Europäischen Patentamt ist, hatte bereits 1984 alle Rechte an seinen Werken mit einem Wahrnehmungsvertrag an die VG Wort abgetreten. Spätere Abtretungen an Verlage seien daher unwirksam, so seine Argumentation, der die Gerichte folgten. Eigene Rechte könnten die Verlage nicht einbringen, da sie keine haben.
OLG München: Satzung und Verteilungsplan verstoßen gegen EU-Recht
Entscheidend für das erstinstanzliche Urteil des LG München I – die Begründung des oberlandesgerichtlichen Urteils liegt noch nicht vor – war, dass Verlage kein Leistungsschutzrecht haben. Deshalb könnten sie allenfalls vom Urheber abgeleitete Rechte wahrnehmen und damit auch bei der Verwertungsgesellschaft einbringen.
Der Wahrnehmungsvertrag zwischen den Urhebern und der VG Wort, nach dem die Urheber regelmäßig alle bestehenden und zukünftigen Rechte an die Verwertungsgesellschaft abtreten, führe aber dazu, dass die Verleger gar keine Rechte mehr von den Urhebern erwerben können. Die VG Wort hatte aber einen pauschalen Teil der Tantiemen der Urheber einbehalten und an die Verleger ausgezahlt. Dies sei ein Verstoß gegen das Willkürverbot (Urt. v. 24.05.2012, Az. 7 O 28640/11).
Anderslautende Regelungen in der Satzung der VG Wort und im Verteilungsplan seien mit den Vorgaben des EU-Rechts und § 63a Urhebergesetz (UrhG) nicht zu vereinbaren, erläuterte ein Pressesprecher des OLG München. Nach der Vorschrift im UrhG können Urheber nicht im Voraus auf gesetzliche Vergütungsansprüche verzichten. Sie können diese im Voraus nur an eine Verwertungsgesellschaft abtreten. Außerdem ist eine Abtretung an einen Verleger möglich, wenn dieser die Ansprüche von einer Verwertungsgesellschaft wahrnehmen lässt.
Claudia Kornmeier, OLG München kritisiert Verteilungspraxis: . In: Legal Tribune Online, 17.10.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9836 (abgerufen am: 09.10.2024 )
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