2/2: Bleibt alles anders bei alten Arbeitsverträgen
Da die Neuregelung grundsätzlich nur auf Verträge anzuwenden ist, die nach dem 30. September 2016 entstehen (§ 37 zu Art. 229 EGBGB), gilt diese Vorgabe nur – aber eben auch – für alle ab dem 1. Oktober 2016 abgeschlossenen Arbeitsverträge. Zuvor abgeschlossene Kontrakte dürfen grundsätzlich weiterhin eine schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen und Rechten fordern. Aber auch bei Altverträgen kann Anpassungsbedarf entstehen. Werden diese nachträglich verändert, könnten Gerichte davon ausgehen, dass das Schuldverhältnis, jedenfalls aber die Ausschlussfrist, neu abgeschlossen wurde.
Da die Grenze zwischen einer bloßen (zulässigen) Änderung und einem Neuabschluss nicht immer leicht zu ziehen ist, ist die Gefahr groß, dass die verwendeten Ausschlussklauseln quasi durch die Hintertür unwirksam werden könnten. Bei der Änderung solcher Altverträge sollte deshalb klargestellt werden, welche Klauseln in die Anpassung einbezogen werden und welche nicht.
Tarifvertragliche Ausschlussklauseln: Entwarnung – fast
Deutlich entspannter sieht die Sache bei Tarifverträgen aus. Tarifliche Ausschlussklauseln wird die Gesetzesänderung grundsätzlich nicht berühren. Tarifverträge sind - eine Besonderheit des Arbeitsrechts - einer AGB-Kontrolle entzogen (§ 310 Abs. 4 BGB). Dies gilt generell unabhängig davon, ob der einschlägige Tarifvertrag kraft Mitgliedschaft in der Gewerkschaft normativ oder aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme gilt.
Aber es gibt eine Ausnahme: Nimmt der Arbeitsvertrag nur auf Teile eines Tarifvertrages Bezug, liegt kein in sich abgeschlossener Regelungskomplex vor, in den durch eine AGB-Prüfung eingegriffen wird. Die Folge: Die in Bezug genommenen tariflichen Ausschlussklauseln wären nicht zulässig und daher unwirksam.
Gleiches dürfte gelten, wenn vollständig auf Tarifverträge Bezug genommen wird, obwohl diese sachlich nicht einschlägig sind. Hier hilft zukünftig nur eine eigenständige gesetzeskonforme Ausschlussfristenregelung im Arbeitsvertrag selbst.
Was ist mit doppelten Schriftformklauseln?
Noch nicht abschließend geklärt ist die Rechtslage bei sog. doppelten Schriftformklauseln. Legen solche Regelungen, die sowohl für Vertragsänderungen als auch für die Aufhebung der Schriftformklauseln selbst die Schriftform vorsehen, gleichzeitig fest, dass individuelle Vereinbarungen Vorrang haben, verhindern sie eine betriebliche Übung. Arbeitnehmer können dann, auch wenn der Arbeitgeber mehrfach freiwillig Leistungen gewährt hat, daraus für die Zukunft keine Ansprüche ableiten.
Obwohl gute Argumente dafür sprechen, dass sich die Gesetzesänderung auf die doppelten Schriftformklauseln nicht auswirken wird, sollte zur Vermeidung von Risiken im Zweifel schon jetzt in Arbeitsverträge aufgenommen werden, dass etwaige vertragliche Änderungen oder Ergänzungen (nur) der Textform bedürfen. Sicher ist sicher.
Der Autor Dr. Jacek B. Kielkowski, LL.M. ist Rechtsanwalt bei Noerr LLP in Frankfurt. Er berät Unternehmen im Individual- und Kollektivarbeitsrecht, insbesondere im Rahmen von Umstrukturie-rungen und im Bereich Compliance.
Neue Formvorgaben für Arbeitsverträge: . In: Legal Tribune Online, 05.08.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20225 (abgerufen am: 12.10.2024 )
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