Sollte man kennen: Neun wich­tige BGH-Ent­schei­dungen aus 2017

von Pia Lorenz

22.12.2017

8/9: Richter: Wer zu langsam arbeitet, darf gerügt werden

Als Jurist - zumindest als in der Justiz tätiger - kam man um eine Entscheidung im Jahr 2017 kaum herum: Der BGH entschied über den Fall Schulte-Kellinghaus – und befand, dass ein Richter auch ermahnt werden darf, wenn er viel weniger Fälle erledigt als andere Richter (BGH, Beschl. v. 07.09.2017, Az. RiZ (R) 2/15 u.a.).

Auch wenn diese niedrigeren Erledigungsquoten nicht etwa auf Faulheit, sondern auf besondere Sorgfalt bei der Aktenbearbeitung zurückzuführen ist, sind der Vorhalt von Rückständen und eine darauf bezogene Ermahnung kein unzulässiger Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit, befand das am BGH angesiedelte Dienstgericht des Bundes als letzte Fach-Instanz.

Unzulässig wäre es nur, wenn einem Richter ein Pensum abverlangt würde, das allgemein, also auch von anderen Richtern, nicht mehr "sachgerecht" erledigt werden kann. Dafür wiederum könne die durchschnittliche Arbeitsleistung aller Richter eines Gerichts zumindest ein Anhaltspunkt sein.

Verloren hat Schulte-Kellinghaus seinen Zug durch die Instanzen noch nicht, der BGH verwies zurück an den Dienstgerichtshof in Stuttgart. Der muss nun klären, ob die durchschnittlichen Erledigungszahlen zutreffend ermittelt worden sind oder ob es bei der Ermittlung – wie von Schulte-Kellinghaus bemängelt – methodische Mängel gegeben habe, etwa wegen einer unterschiedlichen Zählweise bei den verschiedenen Senaten.

An einer Verfassungsbeschwerde ist der streitbare Richter am OLG Karlsruhe damit bis auf Weiteres gehindert. Dabei geht er davon aus, dass sich das BVerfG zu seinem Fall anders verhalten könnte, als es der BGH getan hat.

Zitiervorschlag

Pia Lorenz, Sollte man kennen: . In: Legal Tribune Online, 22.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26171 (abgerufen am: 04.10.2024 )

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