Sollte man kennen: Neun wich­tige BGH-Ent­schei­dungen aus 2017

von Pia Lorenz

22.12.2017

2/9: Tatort-Manier: Beweise aus legendierter Polizeikontrolle verwertbar

Immer diese Strafprozessordnung mit all ihren komplizierten, beschuldigtenfreundlichen Regeln – das muss doch einfacher gehen, dachten sich Polizeibeamte, die Hinweise auf einen Kokaintransport aus den Niederlanden nach Deutschland bekommen hatten. Und anstatt einen Durchsuchungsbeschluss einzuholen, beschlossen sie, sich auf polizeirechtliche Ermächtigungsgrundlagen zur Gefahrenabwehr zu stützen und diese Erkenntnisse über § 161 Abs. 2 StPO ins Strafverfahren zu transportieren.

Man könnte doch einen Peilsender am Fahrzeug des Verdächtigen anbringen, dieses im Rahmen einer "zufälligen" Verkehrskontrolle anhalten und durchsuchen. Gesagt, getan – und vom BGH abgesegnet mit Urteil vom v. 26. April 2017 (Az. 2 StR 247/16). Der 2. Strafsenat erklärte das Vorgehen für rechtmäßig, sofern die Staatsanwaltschaft, die immerhin "Herrin des Verfahrens" sei und bleiben solle, "zeitnah, wahrheitsgemäß und vollständig über die Hintergründe der polizeilichen Maßnahmen informiert" werde.

Dass die Staatsanwaltschaft zwar Herrin des Verfahrens, aber auch nur bei Gefahr im Verzug zuständig ist für Durchsuchungen, die eigentlich vom Richter angeordnet werden müssen, interessierte Deutschlands höchste Strafrichter dabei offenbar ebenso wenig wie die Beschuldigtenrechte im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren: Dem Beschuldigten müsse der "maßgebliche prozessuale Sachverhalt" spätestens mit Anklageerhebung vollständig offen gelegt werden, heißt es in dem Urteil.

Zitiervorschlag

Pia Lorenz, Sollte man kennen: . In: Legal Tribune Online, 22.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26171 (abgerufen am: 08.10.2024 )

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