Dem Sprichwort nach sind Namen nur Schall und Rauch. In der Realität sieht das anders aus. Ob Doppelnamen-Zungenbrecher, akademische Grade im Personalausweis oder importierte osteuropäische Adelsbezeichnungen: Die Deutschen legen viel Wert auf eine standesgemäße Titulatur. Doch was ist wirklich Namensbestandteil, kann man eine korrekte Anrede einklagen, und wie steht es mit einer Namensänderung?
Recherche, Promotionsschrift, Rigorosum oder Disputation: Bis man sich endlich Doktor nennen darf, ist es ein langer Weg. So mancher, der ihn zurückgelegt hat, verspürt den Drang, seine Umwelt bei jeder Gelegenheit über den Aufstieg in höhere akademische Weihen informiert zu halten. So wandert das "Dr." auf die Visitenkarte, an die Türklingel, bei besonders stilsicheren Kandidaten mitunter sogar aufs Nummernschild.
Und an noch einem weiteren Ort findet es sich auf Wunsch des frisch Promovierten auf einmal wieder: in den Ausweispapieren. Möglich machen das § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 des Paßgesetzes (PaßG) sowie § 5 Abs. 2 Nr. 3 des Personalausweisgesetzes (PAuswG), die eine Aufnahme des Doktortitels (nicht aber anderer akademischer Grade) vorsehen. Dieser Umstand ist zugleich Grund für die weit verbreitete Vorstellung, der Doktortitel sei Bestandteil des Namens. Dass dem nicht so ist, stellte der Bundesgerichtshof (BGH) indes bereits vor geraumer Zeit fest (Urt. v. 19.12.1962, Az. IV ZB 282/62).
Eine Unterscheidung, die für so manchen Akademiker mit Standesdünkel einen praktisch erheblichen Unterschied bedeutet. Denn grundsätzlich vermittelt § 12 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) jedermann das Recht, mit seinem korrekten Namen angesprochen zu werden. Wäre der Doktortitel also Namensbestandteil, so könnte sein Träger folgerichtig auch fordern, entsprechend adressiert zu werden. So hingegen kann er es nicht, und zwar unabhängig davon, ob er den Titel in seine Ausweispapiere hat eintragen lassen. Die Anrede mit dem Titel ist lediglich eine Frage der Höflichkeit, nicht aber der rechtlichen Pflicht.
Eine kleine Besonderheit gilt immerhin im Geschäftsverkehr: Hier hat der Arbeitnehmer nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ein Recht darauf, dass seine akademischen Grade, sofern der Arbeitgeber diese nach außen hin angibt, in der korrekten, sich aus der jeweiligen Verleihungsurkunde ergebenden Form genannt werden (Urt. v. 08.02.1984, Az. 5 AZR 501/81).
Man "ist" nicht adelig, sondern heißt adelig
Grundlegend anders ist die Rechtslage, wenn es nicht um akademische, sondern um Adelstitel geht. Diese gelten gemäß Art. 109 Abs. 3 S. 2 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) "nur als Teil des Namens". Eine darüber hinausgehende, eigenständige Relevanz haben sie nicht.
Ein ehemaliger Verteidigungsminister dieses Landes, der sich für Ausführungen zu akademischen Graden inzwischen eher schlecht eignet, heißt also nicht etwa "zu Guttenberg" und ist Freiherr, sondern er heißt "Freiherr zu Guttenberg". Die korrekte Anrede lautet daher, etwas sperrig, "Herr Freiherr…", was in der Vergangenheit zur Verbreitung des gleichwertigen, aber in dieser Kombination leichter auszusprechenden Titels Baron beitrug.
Eine gewisse Berücksichtigung findet die Sonderrolle, welche ein Adelstitel im Nachnamen einnimmt, jedoch bei der Anpassung an das Geschlecht des Trägers. Das Reichsgericht hatte bereits 1926 darüber zu entscheiden, ob die verstorbene Ehefrau eines "Grafen von Matuschka, Freiherren von Toppolczan und Spaetgen" tatsächlich als Graf und Freiherr, oder nicht vielleicht doch eher als Gräfin und Freifrau ins Sterberegister einzutragen war.
Die Richter gaben letzterem den Vorzug, und seither ist anerkannt, dass Adelstitel als Bestandteile des Nachnamens bei der Heirat geschlechtsspezifisch zu deklinieren sind (Urt. v. 10.03.1926, Az. IV B 7/26). Entsprechendes gilt für den Nachwuchs.
2/2: Gelebter Standesdünkel: Vertragsstrafen gegen Weitergabe des Namens
Die Anerkennung von Adelstiteln als Bestandteil des Nachnamens in der WRV 1919 sicherte zwar einerseits den sprachlichen Fortbestand von allerlei Grafen, Herzögen, Baronen usw. Andererseits eröffnete diese rechtliche Einordnung auch eine Möglichkeit, welche die traditionsbewussten Adelshäuser mit wenig Begeisterung aufnahmen: Wer einen Adligen heiratet und dessen Namen annimmt, der kann sich anschließend scheiden lassen, einen neuen Partner ehelichen, diesem wiederum den Adelsnamen übertragen und somit einen Familienzweig begründen, der zwar den adligen Namen führt, jedoch weder durch Verwandtschaft, noch durch (anhaltende) Ehe mit dem eigentlichen Adelsgeschlecht verbunden ist.
Um diesem Szenario vorzubeugen, werden selbst heute bisweilen umfängliche Vorkehrungen getroffen, wie der Berliner Rechtsanwalt Alexander Meier-Greve zu berichten weiß: "Manche Personen mit adligem Nachnamen treffen vor der Ehe sehr spezifische Regelungen, was mit dem Namen im Fall einer Scheidung zu geschehen hat. Seit der BGH klargestellt hat, dass die ehevertraglich eingegangene Verpflichtung zur Ablegung des Ehenamens für den Fall der Scheidung nicht sittenwidrig ist, können derartige – in Adelskreisen immer schon übliche – Verpflichtungen sogar vor Gericht eingeklagt werden (Anm. d. Red.: Urt. v. 06.02.2008, Az. XII ZR 185/05)."
Ein anderer Weg, über den Adelstitel in deutsche Ausweisdokumente gelangen, läuft über Osteuropa. Art. 47 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) widmet sich der Anwendung deutschen Rechts auf ausländische Namen. "Art. 47 EGBGB ist erst im Jahre 2007 geschaffen worden und ermöglicht entgegen der früher ablehnenden Rechtsprechung nun auch die Eindeutschung von ausländischen Adelstiteln, die dann als Teil des Nachnamens geführt werden", erläutert Meier-Greve. "Das ist vor allem mit Blick auf die osteuropäischen Länder relevant, wo der Gleichheitsgedanke zeitweise durch inflationäres Verleihen von Adelstiteln gelebt wurde. Es gibt sogar ein Sprichwort, wonach jeder polnische Bauer ein Edelmann ist."
Namensänderung nur in Ausnahmefällen
Wer hingegen weder über eine adlige Braut oder Bräutigam noch selbst über aristokratische Abstammung verfügt, der muss sich mit seiner Rolle als einfacher Citoyen bescheiden. Zwar kann man nach dem Namensänderungsgesetz (NamÄndG) seinen Namen umgestalten, was zumindest theoretisch auch die Änderung in einen adligen Namen umfasst.
"Praktisch dürfte dies jedoch unmöglich sein“, erläutert Meier-Greve. Denn: Das Gesetz verlangt in § 3 einen wichtigen Grund. "Dieser liegt zum Beispiel vor, wenn der eigene Nachname lächerlich oder anstößig klingt oder extrem schwer auszusprechen und zu schreiben ist", so der Berliner Anwalt.
"Aber schon der Wunsch eines in Deutschland lebenden Ausländers, aus Gründen der besseren Integration einen deutsch klingenden Namen führen zu dürfen, reicht in der Regel nicht aus. Umso weniger kommt es in Frage, dass jemand auf diese Weise aus reiner Eitelkeit einen akademischen Grad oder eine Adelsbezeichnung in seinen Namen einfügen lässt. Ersteres wäre sogar strafbar, § 132a Strafgesetzbuch, für letzteres wird sich jedenfalls kein 'wichtiger Grund' finden lassen. Ausnahmen können aber bei Künstlernamen gemacht werden – Voraussetzung: Der Antragsteller ist wirklich Künstler."
Was natürlich nicht nicht heißt, dass es nicht trotzdem schon einmal jemand versucht hätte, noch dazu mit beträchtlichem Begründungsaufwand. So wurde der eigene Stammbaum etwa bis zu einem adligen Ahnen vier Generationen weit zurückverfolgt (Bundesverwaltungsgericht, Urt. v. 11.12.1996, Az. 6 C 2.96) oder die "berufliche Publicity" als Gesichtspunkt ins Feld geführt (Oberverwaltungsgericht Berlin, Urt. v. 15.06.1978, Az. V B 9.77). Ja, selbst mit einer ernsten psychischen Erkrankung wurde gedroht, falls dem Änderungswunsch nicht entsprochen werde (Oberverwaltungsgericht Hamburg, Beschl. v. 11.01.2006, Az. 3 Bf 369/02).
In diesem letzten Fall darf man sich allerdings fragen, ob übertriebenes Geltungsbedürfnis wirklich eine Krankheit ist – die Gerichte jedenfalls lehnten alle drei Anträge ab.
Constantin Baron van Lijnden, Recht der Nachnamen: Von Doktoren, Baronen und der Frage der richtigen Anrede . In: Legal Tribune Online, 30.08.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9467/ (abgerufen am: 19.04.2024 )
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