Für den Aachener Media Markt war das Maß voll: "Abräumer" Dany Ward durfte nicht mehr auf die Torwand schießen, nachdem er sein und anderer Kunden Glück durch Können überstrapaziert hatte und ihm der Kaufpreis für so manches Gerät zurückgezahlt werden musste. Die Teilnahmebedingungen hätte sich der Elektromarkt besser überlegen sollen, meint Birgit Rosenbaum.
Für Unternehmer ist es Fluch und Segen zugleich: Nach dem liberalisierten Wettbewerbsrecht sind sie mittlerweile sehr frei in dem, was sie ihren Kunden so alles als Anreiz anbieten können. Vorbei sind die Zeit, in denen etwa eine "Schatzsuche" im Möbelhaus als "übertriebenes Anlocken" von "ihrer angestachelten Spiellust folgenden Kunden" als wettbewerbswidrig verboten wurde (BGH, Urt. v. 26.01.1973, Az. I ZR 21/72).
Und auch eine ältere Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Naumburg ließe sich heute wohl kaum noch halten. Die Richter hielten Torwandschießen damals für ein wettbewerbswidriges Anlocken, weil Kunden "mangels realistischer Einschätzung der vorhandenen fußballerischen Treffsicherheit die Gewinnchancen deutlich höher" bemessen könnten (Urt. v. 30.12.1994, Az. 2 U 154/94).
Media Markt hatte Teilnahmebedingungen nicht eingeschränkt
Ob dem Aachener Media Markt das Urteil aus Naumburg bekannt war, ist nicht überliefert. In Frage steht allerdings auch nicht die grundsätzliche Zulässigkeit der Werbeaktion, sondern das Verhalten eines fußballerisch extrem talentierten Kunden.
Dem Mann war zunächst einmal nichts vorzuwerfen: Auf dem Parkdeck des Elektromarkts sollten nämlich alle Kunden bis zum 11. Juni die Chance haben, die Summe ihres gesamten Kassenbons zurückzugewinnen. Dabei ist es Sache des Unternehmens, die Teilnahmebedingungen klar und eindeutig zu formulieren. Offenbar gab es im Torwand-Fall weder eine Einschränkung zur Häufigkeit der erlaubten Schüsse noch zum Ausschluss von "Profi-Fußballern" oder zur Möglichkeit, für andere Kunden anzutreten.
So kam es, dass Dany Ward bei der Aktion "Einkaufen - Tor schießen - Geld zurück" ordentlich abräumte. Zuvor hatte der 33-jährige Co-Trainer des Siebtligisten Arminia Eilendorf den Einkaufswagen gut gefüllt: Er holte – jeweils einzeln bezahlt – einen Flachbildfernseher, ein Dolby Surround System, eine Kaffeemaschine, eine Fritteuse und einen Wasserkocher. Drei seiner fünf Bons schoss er sich an der Torwand "zurück". Mit den gewonnenen 300 Euro tourte er abermals durch den Markt, dann: vier Schuss, zwei Treffer. Anschließend eroberte er noch für eine Frau 2.400 Euro für acht Tablet-Computer zurück.
Geschäftsführer durfte exzessives Schießen beenden
Zum Torwandschießen am nächsten Tag sollte es allerdings nicht mehr kommen: Der Geschäftsführer sprach Ward gegenüber ein Hausverbot und den Ausschluss vom Gewinnspiel aus – dem Vernehmen nach mit dem Argument, der Mann habe nicht in haushaltsüblichen Mengen eingekauft.
Nachdem eine Pressesprecherin des Unternehmens erklärt hatte, es habe Gerüchte gegeben, Ward habe sich anderen Kunden als Torschütze angepriesen, um Geld zu verdienen, entbrannte ein weiterer Streit: Ward kündigte bei Spiegel Online an, Klage einzureichen wegen "Rufmord und Unterschlagung".
Vieles, wozu sich Ward und Media Markt in der Presse äußern, ist umstritten und lässt sich daher nicht zuverlässig beurteilen. Ward durfte aber jedenfalls schießen und gewinnen. Der Elektromarkt hatte wohl auch nicht ausgeschlossen, dass man für andere Kunden antritt.
Aber: Das exzessive Schießen durfte der Geschäftsführer beenden. Zwar dürfte das Argument, Ward habe nicht in "haushaltsüblichen Mengen" eingekauft, nicht ziehen, da nicht klar definiert ist, wann solche Mengen überschritten sind. Die Rechtsprechung hat aber in vergleichbaren Fälle, einen Ausschluss für gerechtfertigt erklärt. So hatte sich ein zu erfolgreicher Teilnehmer vergeblich gegen seinen Ausschluss von der Teilnahme an TV-Gewinnspielsendungen gewehrt.
Für einen solchen Widerruf der "Auslobung" nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch muss nicht einmal ein sachlicher Grund vorliegen. Die wirtschaftlichen Interessen des Veranstalters genügen: "Der Ausschluss auffallend häufig erfolgreicher Teilnehmer von weiteren Gewinnspielen ist aus wirtschaftlichen Gründen des Veranstalters sachlich gerechtfertigt", urteilte das Landgericht München mit dem Segen von OLG und Bundesgerichtshof (BGH) sinngemäß (Urt. v. 21.12.2004, Az. 33 O 15954/04).
Im Aachener Torwandfall wäre allenfalls zu fragen, ob Ward nach dem Einkauf seiner gerade bevorstehenden Gewinnchance "beraubt" werden durfte.
Unabhängig von allen rechtlichen Fragen steht der "Sieger der Herzen" fest: Der "Aachener Torwandschreck" wird im Netz (vor allem auf seiner Facebookseite) und in der Presse als Held gefeiert. Auch wenn es ab jetzt für ihn heißt: "Bitte nicht schießen!".
Die Autorin Birgit Rosenbaum II ist Partnerin bei Lampmann Haberkamm Rosenbaum in Köln. Sie ist Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz.
Hausverbot für "Torwandschreck": . In: Legal Tribune Online, 17.06.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8945 (abgerufen am: 08.10.2024 )
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