Das Markenrecht soll fit gemacht werden für das digitale Zeitalter. Eine entsprechende Gesetzesänderung tritt am Montag in Kraft. Ob die Modernisierung dem Gesetzgeber gelungen ist, erläutern Dominic Habel und Robert Briske.
Am 14. Januar 2019 tritt der maßgebliche Teil des Markenrechtsmodernisierungsgesetzes (MaMoG) in Kraft. Die Reform setzt die Markenrechtsrichtlinie (EU) 2015/2436 ins deutsche Recht um und will das deutsche Markenrecht in ein europäisches Markensystem einfügen sowie es "an die Erfordernisse eines modernen Digitalzeitalters" anpassen.
Die aktuelle Reform ist Bestandteil der umfassenden europäischen Markenrechtsreform der letzten Jahre. Sie soll nach Reformierung der Unionsmarkenverordnung nun durch Umsetzung der Markenrechtsrichtlinie die Koexistenz der verschiedenen Markensysteme fördern und in ein kohärentes System von nationalen und unionsweiten Markenrechten überführen.
Die Neufassung des Markengesetzes (MarkenG) schneidet einen alten Zopf des deutschen Markenrechts ab: Das Erfordernis der grafischen Darstellbarkeit wird gestrichen. Ab Mitte Januar müssen die anzumeldenden Zeichen geeignet sein, im Register in einer Weise dargestellt zu werden, dass die zuständigen Behörden und das Publikum den Gegenstand des ihrem Inhaber gewährten Schutzes klar und eindeutig bestimmen können. Dabei gelten die vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) seinerzeit aufgestellten materiellen Grundsätze ("Sieckmann-Kriterien") zum Erfordernis der graphischen Darstellung – klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich und dauerhaft – fort. Nach § 8 Abs .1 MarkenG n.F. müssen fortan die zuständigen Behörden und das Publikum den Schutzgegenstand klar und eindeutig bestimmen können. Ein Paradigmenwechsel im (deutschen) Markenrecht?
Durch die Änderungen sollen vor allem auch neue technische Möglichkeiten sowie die Anmeldung von unkonventionellen Markenformen bei der Markenanmeldung begünstigt werden. Insoweit wird das deutsche elektronische Register geöffnet, so dass nun Zeichen mittels gängiger Audio- und Bild-Dateiformate hinterlegt werden können.
Geruchsmarken künftig eintragungsfähig?
Zumindest theoretisch denkbar sind künftig Tast- und Geruchsmarken. Jedoch fehlt diesen wohl auch noch nach der Neuregelung die Bestimmbarkeit. Für Zeichen, die visuell wahrnehmbar sind – wie etwa "Just do it" als Wortmarke – ist die Erfüllung dieses Kriteriums (weiterhin) nicht problematisch. Hingegen werden in Deutschland und Europa Geruchsmarken grundsätzlich nicht eingetragen. Um das nachzuvollziehen, ist ein Blick zurück in das Jahr 2003 erforderlich.
In jenem Jahr entschied der EuGH, dass sich Geruchsmarken insbesondere für die Öffentlichkeit nicht klar, eindeutig und unmittelbar wahrnehmbar graphisch darstellen lassen (EuGH, Urt. v. 12.12.2002, Az. C-273/00). In der Tat existiert immer (noch) kein technisches Medium, das Gerüche digital überträgt.
Auch eine chemische Formel enthält nicht unmittelbar den Geruch selbst, sondern (lediglich) den Stoff, dem der Geruch anhaftet. Auch ist es nicht ausreichend, eine (Geruchs-)Probe, wie z. B. ein Stück Hasbro "Play-Doh-Knete", beim Marken- und Patentamt zu hinterlegen.
Zwar wurde der Geruch der "Play-Doh-Knete"“ durch das US-Patent and Trademark Office in den USA eingetragen. Da die Eintragung jedoch in Form einer bloßen verbalen Beschreibung erfolgte, ist eine solche Anmeldung spätestens nach der Entscheidung "Duft einer reifen Erdbeere" in Europa nicht möglich (EuG, Urt. v. 27.10.2005, Az. T-305/04). Die verbale Beschreibung eines Duftes ist nicht objektiv genug, da die Geruchsvorstellungen der jeweils wahrnehmenden Personen zu verschieden ausfallen können. Dementsprechend fehlt es bei bloßen Beschreibungen von Gerüchen an einer klar und eindeutig bestimmbaren Darstellung.
Die neue Gewährleistungsmarke – ein Muster ohne Wert?
Ab dem 14. Januar 2019 können vom eigentlichen Waren- und Dienstleistungsgeschäft unabhängige Zertifizierungsstellen ihre Siegel und Zertifikate durch die neugeschaffene Gewährleistungsmarke schützen lassen (§§ 106a ff. MarkenG n. F.). Insoweit gleicht der deutsche Gesetzgeber das nationale Recht an die Unionsmarkenverordnung an, welche es bereits seit September 2017 ermöglicht, beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Gewährleistungsunionsmarke anzumelden.
Mit der Gewährleistungsmarke wird nicht die Herkunft eines Produkts zu einem Unternehmen geschützt, sondern es werden bestimmte Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen Dritter garantiert. Freilich haben auch andere Marken mittelbar die Funktion, als Qualitätsindikator zu dienen. Allerdings kann Markeninhaber der Gewährleistungsmarke nur ein unabhängiges Unternehmen sein, das die zu zertifizierenden Produkte weder herstellt noch vertreibt. Markeninhaber und Markennutzer sind zwei verschiedene Personen oder Unternehmen (BT. Drs. 19/2898, S. 52). Dementsprechend dient die Gewährleistungsmarke auch nicht – wie andere Marken – als Herkunftshinweis auf ein konkretes Unternehmen.
Daher unterscheidet sich eine Gewährleistungsmarke auch von einer Kollektivmarke: Bei den Kollektivmarken geht es darum, Waren und Dienstleistungen der Mitglieder eines Verbands (des Markeninhabers) von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden, also die Herkunft aus verbandsangehörigen Unternehmen zu kennzeichnen. Die Gewährleistungsmarke dagegen dient der Kennzeichnung einer bestimmten Qualität der Ware oder Dienstleistung und damit als eine Art "Gütesiegel". Ein Verband als Inhaber einer Kollektivmarke, die von seinen Mitgliedern verwendet wird, hat gerade nicht die hervorgehobene neutrale Position des Inhabers einer Gewährleistungsmarke. Daher hat die Gewährleistungsmarke nicht zuletzt auch eine verbraucherschützende Funktion. Sie ist keinesfalls ein Muster ohne Wert.
Ein innovationsfördernder Effekt könnte der Gewährleistungsmarke vor allem im Bereich des Datenschutzes zukommen. Soweit ersichtlich hat die zuständige Deutsche Akkreditierungsstelle noch keine privaten Zertifizierungsstellen akkreditiert. Diese könnten als Gewährleistungsmarke jedoch in Zukunft schutzfähige Datenschutzsiegel entwickeln.
Das Markenregister als Werbe- und Lizenzkatalog
Während die ersten beiden Änderungen des Markengesetzes ihr Vorbild im europäischen Recht haben, beschreitet der deutsche Gesetzgeber im Bereich des markenrechtlichen Lizenzrechts einen neuen Weg. Dies betrifft weniger die Möglichkeit, eine erteilte Lizenz einzutragen, weil auch hier wieder eine europäische Regelung Modellcharakter hat. Zumindest in markenrechtlicher Hinsicht neu ist hingegen der in das Gesetz implementierte Gedanke, dass Markeninhaber ihre rechtlich unverbindlichen Veräußerungs- und Lizenzierungsabsichten in das Markenregister eintragen können (§ 42c MarkenV n. F.).
Die Neuregelung ist an das Patent- und Designrecht angelehnt, wonach die Erklärung der Lizenzbereitschaft nach § 23 Abs. 2 Patentgesetz sowie §§ 3 Abs. 2 Nr. 7, 15 Abs. 2 Nr. 1 Designverordnung möglich ist. Daher ist es denkbar, dass Werbe- und Designagenturen quasi "auf Vorrat" Zeichen entwickeln, anmelden und mit einem Veräußerungs- oder Lizenzierungsbereitschaftsvermerk versehen. Ob dies den Handel mit Marken anregt, bleibt abzuwarten. Die in dieser Hinsicht hergestellte Konvergenz von Marken-, Patent-, und Designrecht ist jedenfalls zu begrüßen.
Ein wichtiger Schlussstein des MaMoG wird erst am 1. Mai 2020 in Kraft treten. Eingeführt wird dann ein neues amtliches Verfalls- und Nichtigkeitsverfahren, das die Prüfungskompetenzen des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) erweitert: Bislang löscht das Amt Marken nur, wenn absolute Schutzhindernisse der Aufrechterhaltung einer Eintragung entgegenstehen. Zu den absoluten Schutzhindernissen gehört etwa die fehlende Bestimmbarkeit einer Geruchsmarke oder aber rein beschreibenden Zeichen, die keine Unterscheidungskraft haben. Die Individualrechte Dritter, wie zum Beispiel ältere Marken (sog. relative Schutzhindernisse), konnten bisher nur im Widerspruchsverfahren oder per Löschungsklage vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden.
Durch die Neuregelung wird das Verfallsverfahren insoweit um die Prüfung der relativen Schutzhindernisse erweitert. Die Zivilgerichte bleiben jedoch weiterhin für Löschungsklagen parallel zum DPMA zuständig. Neu ist jedoch, dass nach §§ 53 Abs. 1, 55 Abs. 1 MarkenG n. F., Klagen und Amtsverfahren von denselben Parteien über denselben (zivilprozessualen) Streitgegenstand Rechtshängigkeits- und Rechtskraftsperren entfalten. Dadurch soll Doppelbefassungen von DPMA und ordentlichen Gerichten vorgebeugt werden.
Abschließend lässt sich sagen: Die dargestellten Änderungen sind als solche nicht kreativ, haben sich aber auf europäischer Ebene weitgehend bewährt. Hinsichtlich der unkonventionellen Markenformen bleibt abzuwarten, ob es zu Anmeldungen von Geruchs- oder Tastmarken kommen wird. Spannend wird die Entwicklung der Gewährleistungsmarken sowie der Erklärung einer Lizenzbereitschaft als wirkliche Neuerungen im deutschen Markenrecht.
Die Autoren Robert Briske und Dominic Habel arbeiten als Rechtsanwälte im Hamburger Büro der Kanzlei Osborne Clarke. Beide sind spezialisiert auf die Beratung und Vertretung in marken-, urheber- und wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten.
Reform des Markenrechts: . In: Legal Tribune Online, 09.01.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/33105 (abgerufen am: 07.10.2024 )
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