Markenrecht: Die WM ist eben die WM

Die Dauerfehde zwischen Ferrero und der FIFA geht in eine neue Runde. Das BPatG lehnte nach Löschung der Marke "WM 2006" nun auch die Eintragung der Marken "WM 2010" und "EM 2012" mangels Unterscheidungskraft ab. Was dies für die Gemeinschaftsmarken "EM 2012" und die "Vuvuzela" bedeuten kann, erläutert Lars Maritzen.

Was für viele vor allem männliche Fußballbegeisterte hierzulande eine willkommene Gelegenheit ist, wieder Kind zu sein, ist tatsächlich knallharte Wirtschaft: Die heiß geliebten Fußball-Sammelbilder zum Sammeln, Einkleben und Tauschen.

Schon vor der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland im Jahr 2006 begann der mittlerweile zum Dauerbrenner gewordene Kampf um die von der FIFA eingetragenen Marken "WM 2006" sowie "FUSSBALL WM 2006", deren Löschung Ferrero und einige andere Hersteller anstrebten. Ferrero wollte auf seinen seit nunmehr fast 20 Jahren in Kooperation mit dem DFB erhältlichen Sammelbildern den Aufdruck "WM 2006" anbringen lassen. Nicht möglich, sagte das Deutsche Patent und Markenamt (DPMA). Denn die FIFA hatte sich diese Begriffe schon zuvor markenrechtlich schützen lassen.

Während Fußballdeutschland nun hofft, dass die Geschichte sich im Hinblick auf 2006 nicht wiederholt, scheint die markenrechtliche Diskussion in eine neue Runde zu gehen.

Die große Frage: Herkunftsfunktion von "WM 2010"?

Sie kreist vor allem um die Unterscheidungskraft der Marke "WM 2010" oder "EM 2012". Fehlt einem Zeichen die Unterscheidungskraft, kann eine Marke beim DPMA gemäß § 8 Abs. 2 Nr. MarkenG nicht eingetragen werden. Die fehlende Unterscheidungskraft ist ein absolutes Schutzhindernis.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) bemisst sich die Unterscheidungskraft nach der Eignung der Marke, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen wahrgenommen zu werden. Die Marke hat primär eine Herkunftsfunktion. Sie soll die Ursprungsidentität der Waren und Dienstleistungen kennzeichnen.

Bei Hanuta oder Duplo denkt jeder an die Schokoriegel von Ferrero. Diese Herkunftsfunktion ist auch bei den Marken "WM 2010" und "EM 2012" entscheidend für die Frage nach der Schutzfähigkeit.

Nur Hinweis auf Fußballwelt- oder Europameisterschaft – nicht auf die Herkunft

Der angesprochene Verkehrkreis versteht diese Buchstaben- und Zahlenkombination als bloßen Hinweis auf die Fußballwelt- und Europameisterschaft. Er sieht darin keinen Hinweis auf einen Hersteller, wie zum Beispiel Ferrero. Dies gilt im Hinblick auf Schokoladenprodukte wie Hanuta oder Duplo deshalb, weil solche Produkte üblicherweise auch im Zusammenhang mit der Fußball-WM vertrieben werden. Der durchschnittlich informierte und aufgeklärte Verbraucher sieht darin keinen Hinweis auf den einen Geschäftsbetrieb, sondern nur einen Hinweis auf das Ereignis der Fußballwelt- oder Europameisterschaft.

Während der BGH im Rechtsbeschwerdeverfahren zur Löschung der Marke "WM 2006" (Az.: I ZB 96/05) noch zwischen den Marken "FUSSBALL WM 2006" und "WM 2006" differenzierte und bei der Buchstaben- und Zahlenkombination "WM 2006" einen nicht so eindeutigen Bezug zum Ereignis Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland sah, verneinte das BPatG nun die Unterscheidungskraft der Marke "WM 2010" (Az. 25 W (pat) 38/09) und die der Marke "EM 2012" (Az. 25 W /pat) 35/09) ganz eindeutig.

BPatG: "WM 2006" ist etwas anderes als "WM 2010"

In beiden Verfahren beim BPatG hat Ferrero einen Aussetzungsantrag gestellt. Damit sollte die Entscheidung über die Beschwerde solange ausgesetzt werden, bis der EuG über die Löschung der Gemeinschaftsmarke "WM 2006" (EuG T-446/08) entschieden hat.

Dieser Antrag wurde aber unter Berufung auf die fehlende Vorgreiflichkeit abgelehnt. Die Löschung der Gemeinschaftsmarke "WM 2006" ist keine Vorfrage für die Nichteintragung.

Das BPatG begründete diese Ablehnung damit, dass es sich um verschiedene, voneinander unabhängige Verfahren handele, denen zudem unterschiedliche Zeichen zugrunde lägen. So richtig überzeugend ist das nicht; das Argument der anderen Zeichen kommt eher etwas holzschnittartig daher, da allen Marken augenscheinlich die gleiche Struktur zugrunde liegt.

Ausblick: Rechtsvereinheitlichung in Europa und kein Schutz für die Vuvuzela?

Aufgrund der eindeutigen Rechtsprechung des BPatG ist zu erwarten, dass sich auch das EuG in seinem Verfahren zur Löschung der Gemeinschaftsmarke "WM 2006" mit den Erwägungen des BPatG auseinandersetzen wird. Denn auch bei der Gemeinschaftsmarke kommt es nach Art. 7 Abs. 1 lit. b VO 207/2009 auf die Unterscheidungskraft an.

Sollte das EuG somit zu der Ansicht gelangen, dass die Gemeinschaftsmarke zu löschen sei, wäre dies sehr wohl ein klares Präjudiz für die Verfahren betreffend die von der FIFA eingetragenen Gemeinschaftsmarken "WM 2010", "EM 2012" und "WM 2014". Ein Löschungsantrag hätte damit große Aussicht auf Erfolg.

Weitere Löschungsanträge sind auch hinsichtlich der bereits 2004 beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) eingetragenen Gemeinschaftsmarke (Nr. 004140075) "Vuvuzela" zu erwarten. Denn die mit so viel Hassliebe begleitete Vuvuzela hat es mit der WM 2010 aus provinzieller Vorstadtbekanntheit zu wahrem Weltruhm geschafft. Ein Schweizer Bundesgericht hat daher die Eintragung bereits abgelehnt, da die Marke bekannt sei und insoweit ein Freihaltebedürfnis bestehe.

Der Autor B.Sc Lars Maritzen LL.B ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in einer internationalen Sozietät und Rechtsreferendar am Landgericht Duisburg. Er beschäftigt sich mit Fragen des Kartell- und Sportrechts.

Zitiervorschlag

Lars Maritzen, LL.B MLE, Markenrecht: . In: Legal Tribune Online, 06.07.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/898 (abgerufen am: 09.10.2024 )

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