Kanzleien schreiben Gesetze, Interessenvertreter äußern sich im Bundestag, Anwälte treten als Honorarprofessoren auf. Die Arten der Einflussnahme auf Gesetzgebungsverfahren sind vielfältig. Die Oppositionsparteien wollen eine "legislative Fußspur" und ein verbindliches Register beim Bundestag, um Lobbyismus transparent zu machen. Interessenvertretung ist aber nicht nur negativ, warnen juristische Experten.
Für grundsätzlich schlecht halten Lobbyismus wohl nur die Linken. Der SPD, den Grünen und den Piraten geht es vor allem um mehr Transparenz. Sie wollen deutlich machen, wer wie am Gesetzgebungsprozess mitgewirkt hat. Helfen sollen dabei ein verbindliches Lobbyregister beim Bundestag und eine legislative Fußspur in Gesetzentwürfen.
Die SPD will per Gesetz ein verpflichtendes Lobbyregister beim Bundestag einführen – also nicht nur auf Ebene der Geschäftsordnung. Die konkretesten Vorstellungen haben die Piraten: Sie wollen, dass sich Interessenvertreter in dem Register eintragen müssen, um einen Hausausweis für den Bundestag zu erhalten und die Möglichkeit zu bekommen, bei Gesetzesvorhaben angehört zu werden. Das Register soll Informationen über Budget, Tätigkeitsbereich, Anzahl und Namen der tätigen Personen beziehungsweise Mandanten und Auftraggeber enthalten.
Bisher gibt es nur freiwillige Lobbyregister
Bisher gibt es im Bundestag nur eine freiwillige Liste, in der sich Verbände und deren Vertreter eintragen lassen können. Diese Liste gibt es bereits seit 1972. Nach der Geschäftsordnung des Bundestages müssen Verbände bei einer Registrierung etwa Name, Sitz sowie Telefonnummer und E-Mailadresse angeben. Auch die Namen der Vorstandsmitglieder und der Geschäftsführung sowie ein Interessenbereich, die Mitgliederzahl und die Anzahl angeschlossener Organisationen müssen offen gelegt werden. Angaben zur Finanzierung müssen nicht gemacht werden, außerdem betrifft die Regelung nur Verbände.
Für ein verbindliches Lobbyregister setzten sich die Oppositionsparteien bereits 2011 im Bundestag ein – allerdings ohne Erfolg. Die Regierungsfraktionen sprachen sich dagegen aus. Sie kritisierten vor allem, dass eine entsprechende Liste zu aufwendig und bürokratisch sei. Der Nutzen sei zudem gering, da verdeckte Einflussnahmen mit einem solchen Register nicht verhindert werden könnten. Abgeordnete wüssten im Übrigen selbst, wie sie mit Lobbyisten umzugehen haben.
Brandenburg stand Anfang des Jahres kurz davor, ein verbindliches Lobbyregister einzuführen. "Nachdem selbst der Wissenschaftliche Dienst des Landtags rechtliche Einwände vorgebracht hatte, wurde das Vorhaben aber fallen gelassen", erzählt der Juraprofessor Helge Sodan von der Freien Universität Berlin.
Positiver Lobbyismus und Anwälte als Honorarprofessoren
Der Rechtswissenschaftler steht einem verbindlichen Lobbyregister mit weitreichenden Offenbarungspflichten skeptisch gegenüber. "Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände würden damit in einer Weise in ihrer grundrechtlich geschützten Koalitionsfreiheit beschränkt, die nicht zu rechtfertigen ist." Vor allem die Offenlegung der Finanzmittel hält er für kritisch. "Das sind vertrauliche Informationen. Wenn die Verbände das offenlegen müssten, dann hätten es ihre Gegner sehr einfach, die Stärke des anderen abzuschätzen."
Sodan, der auch Direktor des Deutschen Instituts für Gesundheitsrecht ist, zweifelt auch an der Umsetzbarkeit eines solchen Registers: "Transparenz ist ein Modethema. Aber wie weit darf das gehen? Wo müssen Grenzen gesetzt werden?" Vertrauliche Gespräche müssten möglich sein. Häufig fänden diese außerdem gar nicht im Bundestag statt, sondern bei Empfängen. "Abgeordnete und Interessenvertreter nehmen solche Empfänge ja nicht nur wegen des guten Essens wahr, sondern auch um sich fachlich auszutauschen." Zu einer Beeinflussung gehörten außerdem immer zwei Personen. Der Jurist wehrt sich gegen die unterschwellige Unterstellung, Lobbyismus sei etwas Negatives. "Interessenvertretung ist die ureigene Aufgabe von Verbänden und Ausdruck einer lebendigen Demokratie."
Gegen eine Registrierungspflicht von Verbänden, die in einer Anhörung auftreten wollen, hat Sodan dagegen keine Einwände. "Das ist ja dann schon das offizielle Gesetzgebungsverfahren." Für kritisch hält er aber die Praxis von Rechtsanwälten, in Anhörungen als Honorarprofessoren aufzutreten und sich so einen Schein wissenschaftlicher Neutralität zu geben, obwohl sie häufig nur die Interessen ihrer Mandanten vertreten. "Eigentlich müssten diese Anwälte offenlegen, für wen sie arbeiten. Aber das werden sie natürlich nicht tun, sondern sich auf ihre Schweigepflicht berufen."
Claudia Kornmeier, Wahlprogramme – Teil 6: . In: Legal Tribune Online, 29.08.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9447 (abgerufen am: 12.12.2024 )
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