Koalition einigt sich auf Gesetzentwurf zur Re-Regulierung der Zeitarbeit: Kos­metik für die Kern­pro­b­leme

von Dr. Alexander Bissels

13.05.2016

2/2: Unternehmensmitbestimmung und Zollverwaltung

Zeitarbeitnehmern sollen zudem – so die Festlegungen im Koalitionsausschuss – bei der Bestimmung der Schwellenwerte der Unternehmensmitbestimmung des Kundenunternehmens nur noch mitzählen, wenn die Gesamtdauer der Überlassung sechs Monate übersteigt. Nach dem bisherigen Gesetzesentwurf sollten Zeitarbeitnehmer bereits ab dem ersten Tag des Einsatzes berücksichtigt werden.

Bisher sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Zollverwaltung den Arbeitsschutzbehörden eine Mitteilung machen muss, wenn diese Verstöße gegen den Arbeitsschutz feststellt. Diese Regelung wird ersatzlos gestrichen.

Sinnvolle Änderungen, die nicht viel verbessern

Die Union konnte in der wohl letzten koalitionsinternen Diskussionsrunde der SPD noch einige Änderungen an dem vorgelegten Gesetzesentwurf abtrotzen. Dabei ist insbesondere zu begrüßen, dass es jetzt nicht nur bei der Höchstüberlassungsdauer, sondern auch beim Equal-Pay-Anspruch eine Übergangsfrist geben wird. Die beiden im Koalitionsvertrag vorgesehenen "harten Fristen" von neun (Equal Pay) und 18 Monaten (Höchstüberlassungsdauer) werden damit richtigerweise gleichgestellt.

Auch die erleichterte Möglichkeit für nicht-tarifgebundene Unternehmen, von der Höchstüberlassungsdauer durch eine Betriebsvereinbarung abzuweichen und die Einschränkung beim bisher absolut formulierten Verbot des Einsatzes von Zeitarbeitnehmern während eines Streiks beim Kunden sind positive Signale und demgemäß zu begrüßen.

Die strukturellen Probleme des Gesetzesentwurfes beseitigen aber auch die jüngeren, allenfalls als kosmetisch zu bezeichnenden Anpassungen nicht. So findet sich nach wie vor keine Definition von Equal Pay im Gesetz. Dieser Umstand wird die Personaldienstleister vor erhebliche organisatorische und administrative Herausforderungen stellen. Der Koalitionsausschluss hat auch – insoweit wenig überraschend – an der noch weniger überzeugenden Kombination einer Höchstüberlassungsdauer und einer gleichen Bezahlung festgehalten.

Höchstüberlassungsdauer konterkariert Equal-Pay-Gebot

Diese kann sich für Zeitarbeitnehmer nämlich nachteilig auswirken, wenn diese nach neun Monaten nach dem neuen Equal-Pay-Gebot mit Blick auf das Entgelt mit Stammbeschäftigten im Einsatzbetrieb gleichgestellt, aber nach 18 Monaten abgemeldet werden müssen, um sodann bei einem anderen Kunden des Personaldienstleisters für im Zweifel weniger Geld weiterbeschäftigt zu werden. Dass dieses "Konzept" nicht sinnvoll ist, bedarf keiner weiteren Erläuterung.

Auch werden in den vom Koalitionsausschuss abgesegneten Änderungen nicht die bisher im Gesetzesentwurf enthaltenen Regelungen "eingedampft", die über die Festlegungen im Koalitionsvertrag hinausgehen. Dies betrifft insbesondere die Berücksichtigung von Zeitarbeitnehmern bei Schwellenwerten der unternehmerischen Mitbestimmung beim Kunden, denn davon ist im Koalitionsvertrag keine Rede.

Von einer branchenverträglichen Lösung ist der noch zu überarbeitende Gesetzesentwurf bedauerlicherweise noch weit entfernt. Zwar ist dieser seit November 2015 an zahlreichen Stellen im positiven Sinne modifiziert worden, jedoch kann nach wie vor keine Rede davon sein, dass die Änderungen ausreichend sind. Es bleibt abzuwarten, ob im Gesetzgebungsverfahren weitere – aus Sicht der Zeitarbeitsbranche dringend notwendige – Anpassungen durchgesetzt werden können.

Dr. Alexander Bissels ist Partner und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei CMS Hasche Sigle. Er berät Unternehmen auf sämtlichen Gebieten des Individual- und Kollektivarbeitsrechts, insbesondere zu Fragen im Bereich des Fremdpersonaleinsatzes. Er ist Autor zahlreicher Publikationen, u.a. Mitherausgeber eines Kommentars zum AÜG. Darüber hinaus hält er regelmäßig Vorträge zu aktuellen arbeitsrechtlichen Themen, u.a. mit Bezug zur Arbeitnehmerüberlassung.

Zitiervorschlag

Dr. Alexander Bissels, Koalition einigt sich auf Gesetzentwurf zur Re-Regulierung der Zeitarbeit: Kosmetik für die Kernprobleme . In: Legal Tribune Online, 13.05.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19383/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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