6/9: Hat das Justizministerium versucht, Beweise zu unterdrücken?
Am 30. Juli machte Netzpolitik das Ermittlungsverfahren öffentlich. Am 31. Juli trat Justizminister Maas vor die Presse und kündigte eine eigene fachliche Einschätzung seines Ministeriums an.
Zuvor hatte Staatssekretärin Hubig mit Range über diese fachliche Einschätzung gesprochen. Ziel des Ministeriums war nach dessen Darstellung eine Beschleunigung des Verfahrens. Da das externe Gutachten noch längere Zeit dauern sollte, wollte das Ministerium es durch eine eigene fachliche Einschätzung ersetzen. Auf dieser Grundlage sollte Range dann seine Entscheidung treffen.
Am Freitag, den 31. Juli, wusste man noch nicht, zu welchen Schlüssen der externe Gutachter kommen würde. Soweit es Vermutungen gab, ging man eher davon aus, dass er ein Staatsgeheimnis verneinen werde. Es ist deshalb plausibel, dass das besprochene Vorgehen zu diesem Zeitpunkt tatsächlich nur der Beschleunigung des Verfahrens dienen sollte.
Am Montag, den 3. August, erfuhr Range dann, dass der externe Gutachter eine vorläufige Bewertung abgegeben habe: Teilweise könnten die von Netzpolitik veröffentlichten Informationen Staatsgeheimnisse sein. Dies teilte Range telefonisch der Staatssekretärin mit, die aber die Umsetzung des ursprünglichen Plans weiterhin für richtig hielt. Daraufhin entzog Range dem externen Gutachter den Auftrag.
Es mag sein, dass es dem Ministerium immer noch um die Beschleunigung der Sache ging. Nun aber agierte es in Kenntnis voraussichtlicher Untersuchungsergebnisse, die zudem nicht der Einschätzung des Ministeriums entsprachen. In dieser Situation wäre es angebracht gewesen, das externe Gutachten nun doch abzuwarten und in der Ministeriums-Stellungnahme zu berücksichtigen. Schon der Anschein, man habe in dem Interesse agiert, ein unliebsames Gutachten zu verhindern, ist äußerst unschön und hätte vermieden werden müssen. Tatsächlich gingen bei der Berliner Staatsanwaltschaft mehrere Strafanzeigen wegen Strafvereitelung im Amt ein, die dort noch geprüft werden.
Christian Rath, Rekonstruktion der Netzpolitik-Affäre: . In: Legal Tribune Online, 22.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16968 (abgerufen am: 08.12.2024 )
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