Was weiß der Bundestag über außerirdisches Leben? Eine Menge, meint ein Berliner UFO-Aktivist und hat Deutschland daher auf Veröffentlichung eines entsprechenden Berichts verklagt. Am Donnerstag verhandelt nun das VG Berlin.
Dass UFOs und Aliens seriöse Verwaltungsrichter beschäftigen können, liegt an einem Untersuchungsbericht des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages. Die Unterlagen, die unstreitig existieren, hatte diese Abteilung bereits im November 2009 angefertigt, sie tragen den etwas sperrigen Titel "Die Suche nach außerirdischem Leben und die Umsetzung der VN-Resolution A/33/426 zur Beobachtung unidentifizierter Flugobjekte und extraterrestrischen Lebensformen".
Der Kläger vor dem Berliner Verwaltungsgericht (VG) möchte den UFO-Bericht einsehen und beruft sich dafür auf sein Recht auf Informationsfreiheit nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Der Bundestag hat die Einsicht bisher verweigert: Der Wissenschaftliche Dienst nehme keine öffentlich-rechtlichen Verwaltungsaufgaben wahr und sei deshalb keine Behörde im Sinne des Gesetzes. Im Übrigen drohe bei einer Einsichtnahme eine Verletzung von geistigem Eigentum, also Urheberrechten. Am 1. Dezember hat das Gericht nun zur mündlichen Verhandlung geladen.
UFO-Bericht ist keine Liebhaberei, sondern amtliche Information
Das 2005 in Kraft getretene IFG soll die Verwaltung transparenter machen, indem jedermann Zugang zu amtlichen Informationen gewährt werden muss - unabhängig davon, ob er selbst ein rechtliches Interesse an der begehrten Information geltend machen kann. Schlagzeilen machte das Gesetz zuletzt bei der Frage, ob Bundeskanzlerin Angela Merkel ihren Terminkalender wegen eines Abendessens mit Josef Ackermann offenlegen musste.
Der aktuelle Fall des "UFO-Berichts" nun ist offensichtlich kein verspäteter Aprilscherz, sondern basiert vielmehr auf einer Entscheidung der Generalversammlung der Vereinten Nationen, die das Gremium vor ziemlich genau 33 Jahren, am 18. Dezember 1978, angenommen hatte. In dem Beschluss ging es um eine internationale Zusammenarbeit in Sachen UFOs, vorgeschlagen wird die mögliche Einrichtung einer internationalen Organisation, die sich mit extraterrestrischem Leben beschäftigt.
Damit ist der "UFO-Bericht" keineswegs eine bloße Liebhaberei von Esoterikern, sondern vielmehr eine amtliche Information. Sie dient, wie der Titel des Berichts zeigt, der Umsetzung einer VN-Entscheidung. Dennoch müsste er nicht zwingend einer nach dem IFG informationswilligen Person zur Verfügung gestellt werden. Die Regelungen sind nämlich nicht anwendbar auf die parlamentarische Arbeit des Bundestages, sondern kommen nur dann zum Tragen, wenn der Bundestag öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnimmt. In diesem Zusammenhang werden die Berliner Verwaltungsrichter klären müssen, zu welchem Zweck der Bericht erstellt wurde.
Fragen zum geistigen Eigentums stellen sich derzeit nicht
Der Bundestag verweigert die Einsichtnahme in die UFO-Akten außerdem wegen des Schutzes geistigen Eigentums, den dieser Bericht genieße. Dies erscheint im vorliegenden Fall nicht relevant: Zwar besagt auch das IFG, dass Informationen nicht gegeben werden müssen, wenn schützenswertes geistiges Eigentum entgegensteht. Dabei genießen nicht nur Kunstwerke, sondern auch wissenschaftliche Gutachten und Expertisen den Schutz des Urheberrechts. Andererseits gewährt es umfangreiche Befugnisse sogar zur Verwendung geschützter Werke – im vorliegenden Fall begeht der Kläger derzeit allerdings nur die reine Einsichtnahme in den Bericht.
Beruhigend erscheint, dass der Bundestag sich bei der Verweigerung der Offenlegung der Untersuchungsakten nicht auf § 3 Nr. 2 IFG beruft – danach ist der Informationszugang ausgeschlossen, wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden kann.
Dennoch: So juristisch relevant sich die Probleme des Falles auch darstellen, ein Erfolg des Bundestags vor dem VG könnte sich als Pyrrhussieg erweisen. Ein sogar von Gerichts wegen unter Verschluss zu haltender, also geheimer "UFO-Bericht" hat das Potenzial für Verschwörungstheorien - und wirkt dramatischer als ein öffentlich zugänglicher, bei dem sich vielleicht die Frage nach der sinnvollen Verwendung von Steuergeldern stellen könnte.
Die Autorin Dr. Angela Rapp ist Rechtsanwältin in Berlin und Fachanwältin für Verwaltungsrecht
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Klage wegen UFO-Akten: . In: Legal Tribune Online, 30.11.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4938 (abgerufen am: 04.12.2024 )
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