Karenzzeitgesetz in Kraft getreten: Zwangspause für Po­li­tik-Aus­stei­ger

von Dr. David Pasewaldt, LL.M.

11.08.2015

2/2: Vergleichbare Vorschriften für andere Berufsgruppen existieren schon

Andere Berufsgruppen als Bundesminister und parlamentarische Staatssekretäre unterliegen schon länger ähnlichen Beschränkungen. Ex-Bundesbeamte etwa haben eine Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes vor ihrer Aufnahme der obersten Dienstbehörde anzuzeigen, wenn die angestrebte Beschäftigung mit ihrer dienstlichen Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Beendigung des Beamtenverhältnisses im Zusammenhang steht und durch sie dienstliche Interessen beeinträchtigt werden können. Droht eine solche Beeinträchtigung tatsächlich, ist die angestrebte Beschäftigung sogar zwingend zu untersagen.

Ausgeschiedene EU-Kommissare sind nach einem entsprechenden Verhaltenskodex seit 2011 ebenfalls verpflichtet, die Kommission zu informieren, wenn sie innerhalb von 18 Monaten nach dem Ausscheiden eine berufliche Tätigkeit aufnehmen wollen. Bei einem Interessenkonflikt müssen sie für die gleiche Dauer pausieren.

Einige Bundesländer planen schließlich die Einführung einer Karenzzeit für ehemalige Landesminister. So hat beispielsweise die hessische Landesregierung im Juli 2015 einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der bei einer drohenden Beeinträchtigung dienstlicher Interessen ebenfalls eine Karenzzeit von 18 Monaten vorsieht.

Neuregelung ist umstritten

Die mit dem Karenzzeitgesetz in Kraft getretenen Änderungen sind umstritten. Während das neu eingeführte Verfahren von manchen als längst überfällig begrüßt und die mit ihm einhergehende Transparenz gelobt werden, gehen die neuen Beschränkungen anderen noch nicht weit genug. Transparency International etwa hatte im Gesetzgebungsverfahren eine deutlich längere Karenzzeit von bis zu drei Jahren gefordert.

Weitere Kritikpunkte sind die Zuständigkeit der Bundesregierung über die Entscheidung der Zwangspause für Personen, die ihr vormals angehörten bzw. extrem nahestanden, mangelnde Sanktionen für den betroffenen Politiker bei Verletzung der Anzeigepflicht und das Fehlen einer Regelung, wonach während der Karenzzeit kein Beschäftigungsvertrag geschlossen werden darf, der sofort nach deren Ende in Kraft tritt.

Korruptionsrisiken bleiben bestehen

Den Rahmen der rechtlichen Zulässigkeit eines Wechsels zwischen Politik und Wirtschaft legt indes nicht nur das Karenzzeitgesetz, sondern insbesondere auch das deutsche Antikorruptionsstrafrecht fest. Vor allem sollte das neue Gesetz nicht darüber hinwegtäuschen, dass Korruptionsvorwürfe, entsprechende Ermittlungsverfahren von Strafverfolgungsbehörden oder sogar gerichtliche Verurteilungen auch bei Einhaltung einer Karenzzeit keinesfalls ausgeschlossen sind.

So können etwa die Grundstraftatbestände der Vorteilsannahme (§ 331 StGB) und Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) bereits dann verwirklicht sein, wenn einem Bundes- oder Landesminister, einem parlamentarischen Staatssekretär oder einem sonstigen Amtsträger ein Beschäftigungsverhältnis nicht ausschließlich wegen seiner fachlichen Expertise, sondern zumindest auch "für die Dienstausübung" gewährt und von diesem angenommen wird. Darüber hinaus kann jedenfalls eine Strafbarkeit nach den Qualifikationstatbeständen der Bestechlichkeit (§ 332 StGB) und Bestechung (§ 334 StGB) gegeben sein, wenn das Beschäftigungsverhältnis auf der Grundlage einer – expliziten oder konkludenten – Unrechtsvereinbarung gewährt wird, nach welcher der Amtsträger als Gegenleistung seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen wird, namentlich durch bestimmte Amtshandlungen zugunsten des Anstellungsunternehmens.

In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass ein Beschäftigungsverhältnis nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht nur bei übermäßiger, nicht marktgerechter Bezahlung einen korruptionsstrafrechtlich relevanten Vorteil darstellt, sondern insbesondere auch dann, wenn dem Amtsträger für die aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses zu erbringenden Leistungen lediglich ein angemessenes und marktübliches Entgelt gezahlt wird.

Diese rechtlichen Hintergründe sollten Politikern und Unternehmen klar sein, bevor sie Verhandlungen über einen Wechsel aus der Politik in die Privatwirtschaft aufnehmen.

Der Autor Dr. David Pasewaldt, LL.M. ist Senior Associate im Frankfurter Büro der internationalen Anwaltssozietät Clifford Chance.

Zitiervorschlag

Dr. David Pasewaldt, LL.M., Karenzzeitgesetz in Kraft getreten: Zwangspause für Politik-Aussteiger . In: Legal Tribune Online, 11.08.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16533/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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