Kabinett einig über Änderung des Luftsicherheitsgesetzes: Bun­des­wehr soll "unko­ope­ra­tive" Drohnen abschießen dürfen

von Hasso Suliak

15.01.2025

Sabotage oder Spionage: Immer häufiger wird deutsches Militärgelände von illegalen Drohnen überflogen. Künftig soll die Bundeswehr solche Flugobjekte abschießen dürfen. Die Union drängt zusätzlich auf eine Grundgesetzänderung.

Die Bundeswehr soll künftig verdächtige Drohnen abschießen dürfen. Voraussetzung dafür ist, dass die für die Gefahrenabwehr grundsätzlich zuständigen Polizeien der Länder technisch dazu nicht in der Lage sind und entsprechende Unterstützung anfordern.

Das sieht eine Änderung des Luftsicherheitsgesetzes (LuftSiG) vor, die das Bundeskabinett am Mittwoch verabschiedete. Konkret handelt es sich um eine sogenannte Formulierungshilfe, die sich an die Fraktionen von SPD und Grünen im Bundestag richtet. Diese könnten nun auf Grundlage des Kabinettsbeschlusses eine Ergänzung von § 14 LuftSiG parlamentarisch auf den Weg bringen. Ob die FDP oder die Union der Änderung die nötige Mehrheit verschaffen, ist noch offen.

Union: "Ohne Grundgesetzänderung kein Sicherheitsgewinn"

Nach Auffassung des rechtspolitischen Sprechers der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Günter Krings, bedarf es neben einer Änderung des LuftSiG auch einer Änderung des Grundgesetzes (GG). So dürfe die Bundeswehr derzeit aufgrund der aktuellen Verfassungslage nur nach einem zeitaufwändigen Beschluss der gesamten Bundesregierung ihre Fähigkeiten einsetzen und Amtshilfe nach Art. 35 GG leisten, so Krings.

Krings zufolge hätten Grüne und SPD allerdings "schon einmal" eine hierzu notwendige Grundgesetzänderung blockiert. Zu LTO sagte er: "Wenn die Bundesregierung nun zwar das Luftsicherheitsgesetz ändern will, sich aber nicht traut, auch das Grundgesetz anzupassen, betreibt sie reine Symbolpolitik. Wir werden den Entwurf natürlich ernsthaft prüfen. Aber ohne eine gleichzeitige Grundgesetzänderung sehe ich derzeit nicht, wo hier ein Sicherheitsgewinn liegen soll." Eine LTO-Nachfrage in der FDP-Fraktion blieb bis zum Erscheinen dieses Artikels unbeantwortet. 

"Waffengewalt gegen unbemannte Luftfahrzeuge"

Damit die Bundeswehr künftig illegale, unbenannte Drohnen zerstören darf, soll diese Option nach Vorstellung der Bundesregierung gesetzestechnisch in Abs. 1 des § 14 LuftSiG als neue Befugnis ergänzt werden. Grundsätzlich regelt Abs. 1 die Befugnisse der Streitkräfte im Rahmen der Amtshilfe/Unterstützung der Landespolizeien bei der Verhinderung des Eintritts eines besonders schweren Unglücksfalls nach § 13 Absatz 1 LuftSiG. Aktuell dürfen die Streitkräfte Luftfahrzeuge abdrängen, zur Landung zwingen, den Einsatz von Waffengewalt androhen oder Warnschüsse abgeben, nicht aber Waffengewalt gegen unbemannte Luftfahrzeuge ausüben.

Geändert soll die Vorschrift daher nun lauten: "Zur Verhinderung des Eintritts eines besonders schweren Unglücksfalles dürfen die Streitkräfte im Luftraum Luftfahrzeuge abdrängen, zur Landung zwingen, den Einsatz von Waffengewalt androhen oder Warnschüsse abgeben oder Waffengewalt gegen unbemannte Luftfahrzeuge anwenden."

Zur Begründung heißt es im Kabinettsbeschluss, dass "insbesondere" seit dem Beginn des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine ein Anstieg der Meldungen über Sichtungen von illegalen Drohnenflügen über Einrichtungen der Kritischen Infrastruktur (KRITIS) zu verzeichnen sei. "Aufgrund der hohen Leistungsfähigkeit der Drohnen ist es denkbar, dass die Flüge im Auftrag von fremden staatlichen Stellen durchgeführt werden." Die neue Befugnis der Bundeswehr soll dann greifen, "wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass ein unbemanntes Luftfahrzeug gegen das Leben von Menschen oder gegen eine kritische Anlage eingesetzt werden soll, und sie das einzige Mittel zur Abwehr dieser gegenwärtigen Gefahr ist".

Bundesinnenministerin Faeser: "Wir lassen uns nicht einschüchtern"

Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) ergänzte in einer Pressemitteilung vom Mittwoch, dass die Sicherheitsbehörden eine sich stetig weiterentwickelnde Gefährdungslage durch "unkooperative Drohnen" über militärischen Liegenschaften in Deutschland konstatierten. "Als Hintergrund komme dabei regelmäßig auch Spionage oder Sabotage in Betracht", so das BMI. 

Gleichzeitig stelle die rasante technische Entwicklung die Polizeibehörden vor immer größere Herausforderungen. Dies gelte vor allem für Modelle mit ausgefeilten Flugeigenschaften, deren Leistungsfähigkeit weit über der von handelsüblichen Drohnen liege. "Wir lassen uns nicht einschüchtern und stellen uns den aktuellen Bedrohungen entschieden entgegen", kommentierte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) den Kabinettsbeschluss. 

Zuletzt waren unter anderem Drohnen-Überflüge vom US-Militärflugplatz Ramstein sowie von den Ausbildungsstätten für ukrainische Soldaten gemeldet worden. Im November umflog eine Drohne sogar einen britischen Flugzeugträger, als dieser in Hamburg zu Gast war.

Das BMI verwies darauf, dass die Bundesregierung bereits im Dezember 2023 eine Reform des Bundespolizeigesetzes vorgelegt habe. Dieser Gesetzentwurf enthalte auch eine spezielle Befugnisnorm zur Drohnenabwehr durch die Bundespolizei mit modernsten technischen Mitteln, zum Beispiel durch elektromagnetische Impulse, die Störung von Funkverbindungen oder durch physische Einwirkung auf Drohnen. Der Gesetzentwurf befinde sich derzeit im parlamentarischen Verfahren. Unter anderem vom Deutschen Anwaltverein DAV war der Entwurf im Rahmen einer Anhörung massiv kritisiert worden.  

Mit Material von dpa

Zitiervorschlag

Kabinett einig über Änderung des Luftsicherheitsgesetzes: . In: Legal Tribune Online, 15.01.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56339 (abgerufen am: 11.02.2025 )

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